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Hühnerei Handels GmbH

Wenn Umweltbewusstsein mehr ist als nur ein Trend

Tierische Produkte zu konsumieren, das war gestern – so scheint es. Aber welche Erfahrungen machen Produzenten? Stephan Beutter, Inhaber der Hühnerei Handels GmbH, erklärt im Interview, weshalb sich Tierwohl und eine gesunde finanzielle Basis nicht ausschliessen müssen.

Manuela Bruhin am 18. April 2022

Noch nie war das Thema Nachhaltigkeit so präsent wie heute. Wie hat sich das oftmals gesteigerte Umweltbewusstsein der Kunden auf Ihre Arbeit ausgewirkt?

Da ist zuallererst die persönliche Einstellung zur Umwelt. Als Vater von vier Kindern und bereits fünfzehnfacher Grossvater ist der Blick in die Zukunft für mich eine Selbstverständlichkeit. Auch die Grosskinder sollen schliesslich eine Zukunft haben. Ich bin in der Agglomeration von Zürich aufgewachsen. Und als Quereinsteiger bin ich schliesslich Meisterlandwirt geworden. Das hat meinen Horizont enorm erweitert, was den Blick auf den Boden, die Tier- und Umwelt anbelangt. Für mich ist das persönliche Umweltbewusstsein keine Trend-Frage, sondern im Laufe des Lebens eine immer wichtigere Haltung geworden. Heute lässt sich dies als Unternehmer zwar auch vermarkten. Vor 20 Jahren galt man damit aber noch als Aussenseiter.

Ein Beispiel ist das Futter. Ihre Hühner erhalten sojafreies Futter, weil der Anbau von Soja nicht nachhaltig ist. Gibt es weitere Fakten, die man als Produzent überdenken müsste?

Ich bin als Produzent und Unternehmer von drei Kriterien geleitet. Unser Handeln benötigt eine gesunde finanzielle Basis. Wir müssen natürlich einen Gewinn erwirtschaften. Gleichzeitig muss unser Handeln auch sozialverträglich sein. Mitarbeiter sind keine Ware, sondern Persönlichkeiten, welche Wertschätzung und Achtung verdienen. Und zu guter Letzt soll unsere Produktion auch in Zukunft möglich sein. Dafür benötigen wir eine gesunde Umwelt. Folglich ist es so: Wenn mein Handeln alle drei Punkte berücksichtigt, werde ich für meine Entscheidungen immer Kompromisse machen müssen. Anders geht es gar nicht!

An Ihrem genannten Beispiel nehmen wir die sojafreie Fütterung der Tiere: Im November mussten wir das Projekt einstellen. Wir haben in den letzten drei Jahren die Mehrkosten selber getragen. Einfach aus der Überzeugung heraus, etwas Gutes für unsere Umwelt zu tun. Am Markt konnten wir deswegen nie höhere Preise erzielen. Nun sind die Futterpreise wegen Corona und den Wetterextremen gestiegen. Wirtschaftlich können wir das nicht mehr tragen.

Ein weiterer Trend sind vegane Mahlzeiten. Merken Sie das bereits bei Ihrem Absatz oder hat das keinen Einfluss?

Zurzeit hat es noch keinen Einfluss auf unseren Absatz. Es gibt den veganen Trend, es ist aber nach wie vor eine Nische. Eier sind ernährungsphysiologisch sehr wertvoll und perfekt für die schnelle Küche geeignet. Dies ist ein Haupttrend, würde ich behaupten.

Sie haben zwei Jahre lang landwirtschaftliche Entwicklungshilfe in Ostafrika geleistet. Inwieweit hat Ihre Arbeit dort die jetzige beeinflusst?

Kulturelle Horizonterweiterungen und das Arbeiten mit einfachsten Mitteln bilden die Grundlage des einfachen und bescheidenen Handelns. Teilen ist ein weiteres Merkmal. Damit anerkenne ich, dass es Armut, Not und benachteiligte Menschen gibt. Heute fahre ich einmal im Jahr mit Hilfsgütern in die Ukraine und nach Moldawien, um vor Ort Hilfe zu leisten.

Corona hat bei vielen ein Umdenken bewirkt, der Trend ging hin zu regionalen Produkten. Wie haben Sie das Ganze erlebt?

Sie sagen es bereits richtig: Ich sehe es als Trend an, der gekommen ist, aber nicht in dieser Grössenordnung bleiben wird. Als Produzent in Grenznähe erlebe ich immer wieder, dass zwar etwas gesagt wird, welches aber nicht immer mit dem Handeln übereinstimmt. Noch überwiegt in der Gesellschaft der Trend zum billigen Einkauf. Leider.

Tierische Produzenten geraten auch einmal in die negativen Schlagzeilen, weil beispielsweise die Tierhaltung eben doch nicht so nachhaltig ist, wie es versprochen wurde. Wie transparent gehen Sie mit solchen Sachen um?

Zuerst einmal haben wir eine offene Stalltüre. Jedermann ist willkommen. Aber sie müssen verstehen, dass dies nur mit einem vereinbarten Termin möglich ist. Wir warten nicht auf Besucher, aber wir nehmen uns gerne Zeit für sie. Grundsätzlich kann man aus jeder Ecke der Erde einen Blick in den Stall werfen. Wir haben zwei Webcams installiert. Und dies schon seit 20 Jahren!

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Autor/in
Manuela Bruhin

Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».

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