Was findet sich schneller? Ein neuer Kunde oder ein neuer Mitarbeiter? Es wird die Zeit kommen, da findet man schneller zehn Schreibwillige, die bereit sind, einen «gepfefferten» Brief zu verfassen, als einen Handwerker, der das Wissen besitzt, den tropfenden Wasserhahn zu reparieren.
Es geht um Leistungen oder Produkte, die nicht einfach mit ein paar Mausklicks über den immer laufenden Computer im Büro organisiert und bestellt werden können.
Ein Bild der Zukunft.
Endlich, nach vielen Tagen, läutet ein sehnlichst erwarteter 70-jähriger Handwerker an der Türe, meist noch der Seniorchef, und bemüht sich dem Übel Herr zu werden. Die Rechnung wird im Nachgang mit grossen Augen überprüft, die Stundenansätze äusserst kritisch beurteilt.
Ich bin überzeugt, dass das alte Sprichwort «Handwerk hat goldenen Boden» über kurz oder lang wieder seinen Sinn erlangt.
Wir werden uns in absehbarer Zeit hoffentlich daran gewöhnen «dürfen», dass eine handwerkliche Leistung etwas Wertiges ist und dafür auch entsprechend entlöhnt wird. Zuverlässige Mitarbeiter sind die tragenden Säulen eines jeden Unternehmens und bringen Produktivität, Innovation und Erfolg.
Könnte dies am Ende eine Trendwende sein und dies im Umkehrschluss dazu führen, dass die Maturitätsquote fällt und damit die duale Berufsbildung wieder stärker wird? Wenn der Schreiner oder der Bäcker am Ende des Monats die prallere Lohntüte nach Hause trägt, als der sogenannte «Studierte»?
Als ich die Schule besuchte, waren wir 45 Schülerinnen und Schüler in einer Klasse mit einer Lehrperson. Heute wäre so etwas unvorstellbar. Drei Kameraden besuchten anschliessend weiterführende Schulen. Es waren dies vornehmlich Kinder vom Pfarrer, der Lehrpersonen oder von Ärzten. Die übrigen 42 wurden meist erfolgreiche Handwerker und gründeten Unternehmungen oder führten Betriebe. Sie benötigten dabei keine «Start-up»-Finanzierung oder sonstige Unterstützung vom Staat. Warum nicht? Sie bissen sich mit ihren mitgegebenen Fähigkeiten und hohem Fleiss und viel Schweiss bis zum Erfolg durch. Tugenden, die ich laufend immer mehr vermisse.
Ich frage mich dabei schon. Sind die heutigen Schüler so viel intelligenter oder werden teilweise einfach überschult?
Fazit. Ich bin mir sicher, die Zeit kommt … Mitarbeiter ist Kaiser und der Kunde ist und bleibt «nur noch» König.
Roland Gutjahr ist Mitinhaber und VR-Mitglied der Ernst Fischer AG in Romanshorn.
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