Seit der Mensch Ackerbau betreibt, interessiert ihn auch, wie das Wetter wird. Dazu sind genaue Vorhersagen notwendig. Der Abt Mauritius Knauer stellte Wetterbeobachtungen für das damaliges Kloster Langheim an.
Er stützte sich auf die klassische Astrologie. Danach beeinflusste jeder der damals bekannten sieben Planeten (Sonne und Mond gehörten auch dazu) jeweils ein Jahr lang das Wetter.
Also genügten sieben Jahre Wetterbeobachtung. Knauer nahm sich die Jahre 1652 bis 1658 vor und notierte die Wetterereignisse. Danach sollte sich das Wetter im siebenjährigen Turnus wiederholen. Damit war zunächst der «Immerwährende praktische Wirtschaftskalender» und nicht etwa der «Hundertjährige Kalender» geboren. Er hatte natürlich speziell Gültigkeit für das Frankenland, insbesondere für das Kloster Langheim.
Geschäftsidee «Hundertjähriger Kalender»
Knauer warnte schon in der Einleitung zu seinem Kalender, dass die Prognosen nicht selten fehlschlagen. Wohl gab es in der näheren Umgebung Abschriften des Kalenders. Doch erst der geschäftstüchtige Arzt und Verleger Christoph von Hellwig aus Erfurt liess im Jahre 1700 den «Hundertjährigen Kalender» veröffentlichen, indem er die siebenjährige Wetterbeobachtungsreihe des Abtes so oft aneinanderreihte, bis der 100 Jahre dauernde Kalender vollständig war. Erst vier Jahre später erschien der Kalender unter dem Namen des Erfinders Mauritius Knauer.
Der Kalender wird heute noch in mehreren Verlagen gedruckt und aufgelegt. Dabei ist es durchaus möglich, dass einzelne Wetterpassagen zutreffen. Doch aus meteorologischer Sicht sind sie rein zufällig. Denn eine Überprüfung der Ereignisse ergibt eine Trefferquote von rund 45 Prozent. Trotzdem geniesst der Kalender eine weite Verbreitung - auch in anderen Klimaregionen als im Frankenland.
Weitere Vorhersagen
Mauritius Knauer stellte aber noch weitere Vorhersagen an. Das Auftauchen von Krankheiten, Ungeziefer und Unwettern sind in seinen Aufzeichnungen ebenfalls zu finden und dem jeweils aktuellen Jahr zugeordnet. Des Weiteren führte er mit exaktem Datum benannte Unglückstage hinzu. Es sind deren rund 30 Tage im Jahr: «Wer an einem dieser Tage geboren wird, ist unglücklich und leidet an Armut. Wer an diesen Tagen krank wird, bekommt selten seine Gesundheit wieder. Wer sich verlobt oder verheiratet, kommt in grosse Armut und Elend. Es soll nicht umgezogen werden. Man soll nicht handeln und Prozesse anfangen.»
Die Tradition der Bauernkalender
Der «Hundertjährige Kalender» ist traditionell auch in Bauernkalendern zu finden. Danebst werden in solchen Kalendern auch Bauernregeln zitiert. Diese gründen auf Wetterbeobachtungen und haben auf kurze Zeithorizonte betrachtet durchaus ihre Berechtigung. Denn ihre Trefferquoten liegen nicht selten bei über 60 Prozent.
Christoph Frauenfelder (*1950) ist Architekt in Pension und seit vielen Jahren als Wetterexperte tätig. Seine Spezialgebiete: Agrarmeteorologie, Klimatologie, Historisches Klima, Bodenseeklima. Er lebt in Niederuzwil
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