Die Zugentgleisung im Gotthard-Tunnel hat Folgen für die Ostschweiz. Hiesige Transportunternehmen müssen Verspätungen in Kauf nehmen – dennoch habe man das Schlimmste verhindern können.
Die gute Nachricht zuerst: Ab Mittwoch soll die Vollsperrung am Gotthard-Tunnel aufgehoben werden. In einer Röhre kann der Verkehr wieder rollen, doch mit entsprechend eingeschränkter Kapazität.
Jede Nacht verschickt die Camion Transport AG mit Hauptsitz in Wil 15 Bahnwagen ins Tessin. «Wir spüren die Folgen des Unfalls direkt», sagt Martin Bühler, Leiter Transport Schweizauf Anfrage (im Bild). Trotzdem relativiert er: «Wir sind froh, mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. Es hätte uns härter treffen können.»
Schlimmstes Szenario
Derzeit muss das Transportunternehmen mit einer Stunde Verspätung rechnen. Weil der Transport über die Bergstrecke laufen kann, konnte verhindert werden, diesen auf die Strasse verlegen zu müssen. Das wäre laut Bühler das «schlimmste Szenario» für die Camion Transport AG gewesen. Die Verspätung könne tagsüber in den meisten Fällen wieder aufgeholt werden.
Vom 10. auf den 11. August 2023 wurde das Stückgut zum ersten Mal auf die Bergstrecke verlegt. Von Beginn weg habe die Kommunikation mit SBB Cargo gut geklappt, lobt Bühler. Zudem sei die Sommerzeit ein Vorteil. «Es läuft in diesen Tagen weniger, als es in Spitzenzeiten während des Frühlings oder Herbst der Fall ist.»
Normales Tagesgeschäft
Die Umstellung hatte zur Folge, dass die Planung komplexer wurde. «Wir sind froh, dass die Zustellung nach wie vor rechtzeitig erfolgt», so Bühler weiter.
Ab dem Donnerstag, 24. August, ist eine Röhre wieder passierbar. Bis jedoch vom normalen Tagesgeschäft die Rede sein kann, werden wohl noch Wochen ins Land gehen.
«Wir können damit leben», sagt Bühler. Dennoch beschäftigt das Unternehmen die Frage, wie es dann weitergehen wird.
Werden die Kontrollen verschärft? Gibt es weitere Regulierungen? Gerade ersteres würde für das Unternehmen Mehrkosten zur Folge haben.
Mit dem Risiko leben
Experten gehen davon aus, dass mit der entsprechenden Technik die Schäden am Gotthard-Tunnel geringer ausgefallen wären. Doch klar ist auch, dass ein solcher Vorfall sehr aussergewöhnlich sei. «Ich denke, mit einem gewissen Risiko müssen wir wohl oder übel leben», so Bühler.
Glück im Unglück
Mehrheitlich auf der San-Bernadino-Route ist die Hugelshofer Gruppe mit Sitz in Frauenfeld unterwegs. Hat der Schwerverkehr dort in den letzten Tagen zugenommen?
Nein, sagt CEO Martin Lörtscher. «Gegenüber dem Gotthard-Strassentunnel ist das Verkehrsaufkommen dort ohnehin niedriger.» Das operative Geschäft sei aufgrund der Gotthard Sperre nicht direkt betroffen.
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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