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René Zeyer

Wir machen den Affen

Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Das haben sich mal wieder die Chefs der Credit Suisse verordnet. Denn sie wussten von nichts.

«Die Ostschweiz» Archiv am 01. Oktober 2019

Der Chief Operating Officer (COO), das ist derjenige, der den Laden schmeisst, soll bei der Credit Suisse den Auftrag gegeben haben, den abtrünnig gewordenen Leiter Vermögensverwaltung zu beschatten.

So etwas reicht man in einer Bank weiter, dann wurde ein Mittelsmann beauftragt, der wiederum die Überwachungsfirma Investigo losschickte. Die heftete sich an die Fährte von Iqbal Khan, nachdem bekannt wurde, dass der nicht nur die CS im Krach verlässt, sondern beim Konkurrenten UBS anheuert.

Die dilettantische Überwachung findet vor zwei Wochen ihr Ende, als der verfolgte Banker seinerseits den Verfolger stellt, fotografiert und sich von ihm bedroht fühlt. Polizeieinsatz, Verhaftungen, internationales Gelächter über die Pfeifen vom Paradeplatz Zürich.

Die Führungscrew der einstmals stolzen Traditionsbank macht das, was sie am besten kann: nichts. Tauchstation, Ankündigung einer «Untersuchung» durch eine Anwaltskanzlei. Begleitet von der Hoffnung, dass der Fall doch schon wieder aus den Schlagzeilen verschwinden möge.

Aber stattdessen werden immer mehr saftige Details bekannt. Beschwerden über Baulärm, Bäume, eine alkoholgeschwängerte Party. Notizen über zwei Alphatiere, die sich beweisen wollen, wer den Längeren hat. Tiefe Einblicke in unglaubliche Zustände auf der Führungsetage einer Bank.

Zwei Wochen später referiert Urs Rohner, oberster Verwaltungsrat der CS, die Ergebnisse der Untersuchung. Überraschung: Der COO, die rechte Hand des Geschäftsführers Tidjane Thiam, hat alleine gehandelt. Ausdrücklich ohne die Kenntnis seines Vorgesetzten. Und «Weisse Weste»-Rohner wusste selbstverständlich auch von nichts.

Daher muss der COO gehen, ebenso der Sicherheitschef der Bank. Denn es kann ja nicht angehen, dass die beiden selbstherrlich solche Entscheidungen treffen, die die Reputation der Bank beschädigt haben, den ganzen Finanzplatz ins Lächerliche zogen.

Ist damit der Fall erledigt, Klappe zu, Affe tot? Nein. Das stinkt zum Himmel. Genauso wie der angebliche Rapport der Sicherheitsfirma, die darin treuherzig versichert, dass sie instruiert worden sei, ja nichts Illegales zu unternehmen. Das stinkt zum Himmel wie der Suizid des Mittelsmanns, der den Auftrag an diese Sicherheitsfirma weiterreichte und dessen Name an die Medien durchgestochen wurde.

Er konnte offenbar die Schande nicht ertragen, dass er an etwas beteiligt war, das dermassen stümperhaft in den Sand gesetzt wurde. Die Führungsriege in der CS ist hingegen schmerzfrei. Wer angesichts dieses neuen Tiefpunkts im Schweizer Banking meinte, dass das doch nicht ohne Konsequenzen an oberster Stelle bleiben könne, sieht sich einmal mehr eines Schlechteren belehrt.

Der ehemalige CS-Banker Khan tritt heute seinen Dienst bei der UBS an. Dort muss er seinen reichen Kunden erklären, wieso bis vor Kurzem deren Geld bei der CS am besten aufgehoben war, nun aber noch besser bei der UBS landen müsse. So ist das nunmal bei Söldnern, die wechseln den Dienstherrn schnell und ohne Skrupel.

Die Söldnertruppe um den CS-CEO Thiam hat das übliche Bauernopfer gebracht. Der COO und der Sicherheitschef wussten, was ihre letzte Aufgabe in der Bank ist. Sie behaupten tapfer, dass niemand von ihrem Tun gewusst habe. Sie übernehmen die Verantwortung und treten ab. Segeln mit goldenen Fallschirmen in den Sonnenuntergang.

Desaster-Thiam und Weisswäscher-Rohner aber bleiben an Bord. Dass ihre Verteidigungslinie, nichts von nichts gewusst, als Konsequenz ebenfalls den Rücktritt zur Folge haben müsste, das kratzt sie nicht weiter. Ehre, Anstand, Gewissen? Das sind Kollateralschäden auf dem Weg nach oben.

Aussitzen, durchziehen, Nerven bewahren, die drei Affen spielen. Wieder einmal nehmen sich einfache Angestellte, denn nichts weiter sind Thiam und Rohner, wichtiger als die Firma, deren Wohlergehen sie in erster Linie bekümmern müsste. Das ist schändlich. Aber nachdem unter ihrer Führung schon Milliarden verröstet und der Aktienkurs der Bank halbiert wurde, gilt: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s ungeniert.

Als in einer anderen Zeitepoche die damalige SKA zur SKAndalbank wurde, dauerte es Jahre, bis sie ihre Reputation zurückgewann. Dabei ging es damals nur um Fluchtgelder, die verlustbringend angelegt worden waren. Und noch einen Unterschied gibt es: Der damalige Chef der SKA übernahm die Verantwortung und trat zurück. Tempi passati.

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