Er ist einer der renommiertesten Spa- und Health-Experten in Europa: Der ehemalige Spitzensportler Hans-Peter Veit (Marathon, Triathlon) hat Spa-Bereiche im Brenners Park-Hotel, im Victoria-Jungfrau Grand Hotel Interlaken, in Marrakesch und auf den Seychellen entwickelt und aufgebaut.
Seit Juli 2020 wirkt Veit als Director Health & Spa im Grand Resort Bad Ragaz.
Hans-Peter Veit, wenn Sie bei sich Zuhause Gäste empfangen, sind Sie dann ausserordentlich pingelig, überkorrekt?
Ja, aber nicht nur bei Gästen. Da ich unter der Woche in der Schweiz arbeite und wohne, bin ich nur am Wochenende Zuhause. Und als erstes muss ich erst wieder alles symmetrisch anordnen, was meine Kinder unter der Woche «verwüstet» haben. Auch kann ich beispielsweise – selbst wenn ich alleine bin¬ – keine Pizza aus dem Karton essen, sondern das Set-up muss stimmen.
Welche Ihrer Eigenschaften hat Sie quasi zu einem Wellness-Experten gemacht? Entspannen Sie einfach gerne?
Es sind keine Eigenschaften, sondern die jahrzehntelange Erfahrung im Wellnessbereich. Ich hatte seit Anfang der 2000-Jahre das grosse Glück als Hoteltester für den «Gala Spa Award» und die «World Spa & Wellness Awards» tätig sein zu dürfen und so habe ich über 150 Spa-Hotels auf dem ganzen Globus kennengelernt.
In diesem Segment ging in den vergangenen Jahren einiges. Was früher noch aussergewöhnlich war, ist heute Standard. Womit kann man sich heute noch hervorheben?
Spa ist in der Hotellerie das jüngste Kind, was gestern top war ist heute Durchschnitt und morgen ungenügend. Spa-Gäste sind erwachsen geworden. Das heisst, sie wissen jetzt genau, was sie erwarten dürfen und können sehr differenziert die Leistung der Therapeuten beurteilen. Neben einer Top-Qualität ist aber heute mehr denn je die Individualität und Flexibilität der Schlüssel zum Erfolg.
Viele Anbieter haben heute aufgeholt. Man hat einen Pool, eine Sauna, einen Massagebereich. Wo führt das noch hin? Sind wir verwöhnt geworden? Suchen wir nach immer mehr?
Die 2000er-Jahre waren geprägt von Gigantismus. Hoteliers meinten, es komme auf die Grösse des Spa-Bereiches an. Heute erhalten wir hierfür die Quittung, da die Betriebskosten bei vielen Anlagen bei weitem keine Profitabilität zulassen. Wir sollten uns in der Luxushotellerie eher auf Behandlungen und individuelle Spa- und/oder Healthcare-Programme konzentrieren, als durch überdimensionierte Spa-Bereiche den reinen «Planscher» anzulocken, der kein Geld ausgibt aber alles mitnimmt. Fürs Planschen sind meines Erachtens jetzt die öffentlichen Bäder und Thermen zuständig – nicht mehr die Luxushotellerie.
Könnte der Trend dereinst wieder in die andere Richtung gehen – in Richtung Reduktion, Natur?
Der Trend geht ganz klar in Richtung Ganzheitlichkeit und Mentale Ballance.
Was sind für Sie die absoluten Highlights in Ihrem jetzigen Wirkungsgebiet?
Meine Highlights sind ganz klar unsere hochkarätigen, ultra-anspruchsvollen Gäste. Die unmöglichsten Wünsche zu erfüllen und Erwartungen zu übertreffen gibt mir persönlich die Erfüllung im Beruf.
Welche Art von Kritik ärgert Sie am meisten?
Mich ärgert es am meisten, wenn ich für Dinge verantwortlich gemacht werde, die ich nicht eigenverantwortlich entscheiden durfte.
Entspannen Sie sich jeweils auch an Ihrem Arbeitsort?
An meinem Arbeitsort widme ich mich voll und ganz unseren Gästen und meinen Mitarbeitern. Entspannen tue ich nach Feierabend auf einer Bergwanderung oder einer Joggingrunde am Rhein.
Was gehört für Sie zur Entspannung dazu?
Ein freier Kopf. Kein Handy, keine Erreichbarkeit – nur den Körper und die Natur spüren…
Woran orientiert man sich, wenn man einmal einen gewissen Standard erreicht hat? Was sind jeweils die nächsten Ziele?
Wie bereits erwähnt bedingt das relativ junge Spa-Geschäft die stetige Verbesserung, um auch morgen noch erfolgreich zu sein. Wir versuchen die Trends und Schwingungen in der Branche permanent zu erfassen und dann möglichst proaktiv zu agieren. Es ist immer besser Vorreiter zu sein, als den Trends hinterher zu schwimmen.
Abgesehen vom Grand Resort Bad Ragaz: Welchen Spa-Tempel sollte man unbedingt einmal entdecken, erleben?
Da gibt es so viele Top-Spas auf der Welt und es hängt stark von den eigenen Interessen und Ansprüchen ab. Für mich sind das Chedi und der Bürgenstock in der Schweiz echte Top-Adressen; in Europa der neue Pallazo Fiuggi oder der neue Lanzerhof auf Sylt.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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