Der Militärputsch im Niger bringt das Sahel-Land in unsere Nachrichten. Printmedien haben es einfach. Doch wie spricht man den Landesnamen in Radio und Fernsehen korrekt aus? SRF tut’s auf Französisch. Aus Gründen, die nur beschränkt nachvollziehbar sind.
Ende Juli haben Offiziere der Präsidentengarde im westafrikanischen Niger den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum geputscht und als entmachtet erklärt. So weit, so schlimm.
Nicht wirklich schlimm, aber ärgerlich: Bei SRF wird die deutsche Bezeichnung des Landes – «Niger» oder «der Niger» – mehr oder weniger konsequent, aber angestrengt auf Französisch ausgesprochen. Das klingt dann irgendwie so: «In Nischee ist das Militär an der Macht» oder «Ausländer werden aus Nischäär ausgeflogen».
Warum das denn? Fürchtet man das Wort «Niger», das so gefährlich nah am stark diskriminierenden Schimpfwort «Nigger» liegt? Wird aus «Niger» gar schon bald das «N-Land»?
Nun: Gallizismen sind dem Verfasser allemal um einiges lieber als Anglizismen. Aber macht SRF sich damit nicht unnötig das Leben schwer? Das Adjektiv zu «Niger» heisst nämlich «nigrisch» und eine Bewohnerin des Sahel-Landes «Nigrerin». Bis anhin hat es SRF geschafft, einen Eiertanz sowohl um das Adjektiv als auch die Bezeichnung von nigrischen Staatsangehörigen zu machen. Kunststück: «nischrisch» und «Nischerin» klingt dann wohl doch etwas zu merkwürdig.
Eine Anfrage bei SRF, warum man auf die französische Sprechweise ausweicht, wurde vom stellvertretenden Chefredaktor Fredy Gsteiger wie folgt beantwortet: «Wir haben bei SRF schon vor längerer Zeit festgelegt, dass wir im Fall von Niger die französische Ausspracheweise wählen. Der Grund ist die Gebräuchlichkeit. Wir gehen davon aus, dass in der Schweiz, in der das Französische eine Landessprache ist, in diesem Fall die französische Version dem Publikum vertrauter ist als die deutsche. Wir halten das beispielsweise auch bei Québec so, dass wir ebenfalls französisch «Kébec» aussprechen.»
Weshalb einem Schweizer mit deutscher Muttersprache das französisch ausgesprochene Niger vertrauter sein soll, ist eine einigermassen unbewiesene Annahme. Und etwas inkonsequent. SRF dürfte dann ja auch nicht mehr «Elfenbeinküste» sagen, sondern müsste das westafrikanische Land «Côte d’Ivoire» nennen. Dazu meint Gsteiger: «Im Fall der Elfenbeinküste hingegen dürfte die deutschsprachige Variante dem Publikum sehr vertraut sein, wohl vertrauter als das französische Côte d’Ivoire.»
Nun denn.
Übrigens, wenn wir es schon genau nehmen: Der Landesname dürfte nicht wie gemeinhin angenommen vom lateinischen «niger» (dt: schwarz) stammen, sondern von «n'eghirren». Einem Wort aus einer der Tuareg-Sprachen, das «fliessendes Wasser» bedeutet und erst dem Fluss und dann erst dem Land den Namen «Niger» gab.
Michel Bossart ist Redaktor bei «Die Ostschweiz». Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte hat er für diverse Medien geschrieben. Er lebt in Benken (SG).
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