Heute Dienstag ist internationaler Tag der Katze. Unkastrierte Tiere, die sich vermehren oder die Sommerferien, die vor der Tür stehen: Gründe, sein Büsi loszuwerden, sind schnell gefunden. Der Tierschutzverein St.Gallen und Umgebung hat viel zu tun.
Wer sich dem Thema Katzen am Weltaktionstag für die Samtpfoten genauer widmet, könnte zum Schluss kommen: Einen Grund zum Feiern haben eigentlich die wenigsten Katzen.
Zwar besitzt in der Schweiz fast jeder dritte Haushalt einen Stubentiger – damit gehören sie auch in diesem Land zu den beliebtesten Haustieren. Doch gerade in der Ferienzeit werden sie den Besitzern schnell einmal lästig. Manche lassen die einstigen Lieblinge im Tierheim zurück. Oder noch schlimmer: Sie setzen sie aus.
«In diesem Jahr haben die Fälle klar zugenommen», sagt Präsidentin Julika Fitzi vom Tierschutzverein Stadt St.Gallen und Umgebung. «In den meisten Fällen handelt es sich um einen Verdacht, dass eine Katze ausgesetzt wurde. Können wir es beweisen, erfolgt eine Anzeige.»
Niemand meldet sich
Häufig sind es zutrauliche Katzen, die plötzlich irgendwo auftauchen, sich von Menschen anfassen und füttern lassen. Dann liegt der Verdacht nahe, dass es sich dabei um ein ausgesetztes Tier handelt. Meldet sich trotz Ausschreibung niemand, der sein Tier vermisst, geht es in den Besitz des Tierschutzvereins über. Über die Gründe kann Tierärztin Julika Fitzi nur spekulieren – manchmal sei es das Alter einer Katze, eine Krankheit oder der baldige Wurf, den die Besitzer nicht wollen. «Dann haben wir statt einer Katze plötzlich sechs, die wir nach einer gewissen Zeit vermitteln müssen. Das stellt uns vor grosse Herausforderungen», sagt Fitzi weiter.
Ausgesetzt trotz Chip
Bevor das Tier vermittelt wird, wird es, falls nötig, gesund gepflegt und vor Abgabe geimpft, entwurmt, kastriert und gechipt. Einige Katzen tragen einen solchen Chip zwar bereits mit sich. Doch selbst dieser bewahrt sie nicht davor, plötzlich ausgesetzt zu werden.
«Ein Wohnortwechsel wird dann beispielsweise nicht gemeldet, und der Besitzer kann nicht gefunden werden. Findet man sie, reden diese sich gerne heraus und erklären es so, dass sie die Katze nicht aus dem gewohnten Umfeld reissen möchten», sagt Fitzi. Ohnehin würden sich vielleicht die Nachbarn um die Katze kümmern – aber was passiert in der kälteren Jahreszeit?
Unterschiedliche Gründe
Dass derzeit viele Tiere auf ein neues Zuhause warten, sind auch Nachwirkungen der Coronakrise. Zum Zeitpunkt der Shutdowns legten sich viele eine Katze zu. Nun kann wieder gereist werden, oder der Arbeitgeber verlangt die Rückkehr aus dem Homeoffice ins Büro. Kurz: Das Tier muss weg. Und landet häufig auf der Strasse.
Ein weiteres Katzenproblem sind unkontrollierte Vermehrungen: Halbwilde Katzen verschiedener Bauernhöfe vermehren sich, weil sie nicht kastriert sind. In diesen Fällen arbeitet der Tierschutz mit Katzenfallen, kastriert die Tiere und bringt sie anschliessend in das gewohnte Umfeld zurück. Denn, so Fitzi: «Sie dienen als so genannte ‘Platzhalter’, damit sich an dieser Stelle nicht noch zusätzliche Tiere ansiedeln.» Allein im vergangenen Jahr wurden über 100 solcher Katzen vom Tierschutz in der Region St.Gallen kastriert. Die Gesundheitskosten belaufen sich jährlich zwischen 50'000 und 60'000 Franken.
Auch andere Tiere betroffen
Nicht nur Katzen scheinen in den Sommermonaten lästig zu werden. Auch Nagetiere, Schildkröten oder gar Vögel werden kurzerhand ausgesetzt, damit die Besitzer an einem schönen Ort entspannen können. Schicksalsschläge, die an den Tieren nicht einfach spurlos vorbei gehen, hält Fitzi fest. «Wird eine Katze im Stich gelassen, kann es unter Umständen mehrere Monate dauern, bis sie wieder Vertrauen gefasst hat und wir sie weitervermitteln können.»
Trotz der schwierigen Umstände findet Fitzi auch lobende Worte. Man könne auf viele Tierfreundinnen und -freunde zählen, die sich beim Tierschutzverein nach einer Katze oder sonstigem Haustier erkundigen. «Sie sind gewillt, auch kranke oder ältere Tiere bei sich aufzunehmen, um ihnen noch einen schönen Lebensabend zu bescheren. Das freut uns jedesmal aufs Neue!»
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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