Richard Ammann war von 2012 bis 2016 Mitglied des St.Galler Kantonsrats für die BDP und tritt nun der CVP bei.
Der frühere St.Galler BDP-Präsident Richard Ammann tritt der CVP bei. Zeigt sein Schritt, dass die junge BDP überflüssig ist?
Jede neue Partei braucht ein Aushängeschild. Weil über Positionen und Strategien noch nicht viel bekannt ist, müssen «Köpfe» her, die weitere Mitglieder anlocken und als Sprachrohr fungieren. Im Fall der Bürgerlich-Demokratischen Partei (BDP) des Kantons St.Gallen war das in den Startjahren der Abtwiler Richard Ammann. Der Sprachlehrer sollte der Retortenpartei, die nur aufgrund der Wahl von Eveline Widmer-Schlumpf entstanden war, im Kanton ein Gesicht erhalten. Diese Rolle spielte Ammann lange, und sie trug ihn 2012 sogar in den Kantonsrat. Aus diesem wurde er allerdings bei der nächsten Wahl wieder heraustorpediert. Und auch das Husarenstück, als abgewählter Kantonsrat nun Regierungsrat zu werden, schlug fehl. Nach diesen Aktivitäten trat Richard Ammann 2016 gar aus der BDP aus. Dass er sich nun der CVP anschliesst, begründet er damit, dass sich seine politischen Überzeugungen sich mit denen der CVP decken.
Dennoch könnte der neueste Schritt des ehemaligen «Parteivaters» für einige ein Signal dafür sein, dass es die BDP gar nicht (mehr) braucht. Ihr aktueller St.Galler Präsident Kenny Gubser, seit wenigen Wochen im Amt, sieht das naturgemäss anders. Über den Beitritt von Ammann zur CVP sei man schon «im Vorfeld in Kenntnis gesetzt worden». Man bedauere die Entscheidung, respektiere sie aber, so Gubser. Was die angebliche Schnittmenge zwischen BDP und CVP angeht, setzt er ein Fragezeichen. Die BDP habe sich «über die letzten Jahre zu einer ziemlich sozialliberalen Partei entwickelt», so Gubser. Und weiter: «Auch wenn es innerhalb beider Parteien verschiedene Strömungen gibt, meine ich, der Einsatz der BDP für die 'Ehe für alle' unterscheidet uns deutlich von der CVP.» Bei Mitteparteien sei es aber durchaus üblich, dass man in verschiedenen Punkten übereinstimmt. Wenn es darum gehe, sich nicht in Grabenkämpfe zu verstricken, sondern Probleme gemeinsam anzugehen, sehe er «nach wie vor keine vernünftige Alternative zur BDP.»
Richard Ammann war von 2012 bis 2016 Mitglied des St.Galler Kantonsrats für die BDP und tritt nun der CVP bei.
Und Richard Ammann? Er ist wieder auf der politischen Bühne, allerdings eben bei der CVP und dort zunächst als einfaches Mitglied der Ortspartei Gaiserwald. Im Interview nimmt der alt Kantonsrat Stellung zu Fragen rund um seine Neumitgliedschaft.
Richard Ammann, Ihr Beitritt zur CVP kommt überraschend, Sie galten bis zu ihrem Parteiaustritt lange als Aushängeschild der St.Galler BDP und wurden mit dieser identifiziert. Weshalb wollen Sie wieder einer Partei angehören?
Die Politik fasziniert mich seit meiner Jugendzeit. Nach einer Auszeit ist mir klar: Ich möchte weiterhin in unserem Kanton politisch aktiv sein.
Man könnte argwöhnen, dass der Zeitpunkt kein Zufall ist: 2020 sind wieder kantonale Wahlen, und Sie können nun mit guten Aussichten als alt Kantonsrat antreten, aber für eine stärkere Partei. Ist das der Plan?
Es ist kein Timing auf die Wahlen hin. Der Zeitpunkt hat sich ergeben, weil ich nach meinem Austritt aus der BDP Ende 2016 ein «Besinnungsjahr» einlegen wollte. Nach den sehr intensiven Jahren 2012 bis2016 wollte ich auch persönlich über die Bücher gehen. Mein Beitritt zur CVP erfolgt ohne jegliche Bedingungen oder Zusicherung eines Listenplatzes.
Sind Sie auf die CVP zugekommen oder umgekehrt?
Die Initiative kam von mir, und sie wurde von der CVP positiv aufgenommen.
Sie sind bereits 2016 aus der BDP ausgetreten. War das damals ein Frustentscheid nach der Nichtwahl in den Kantonsrat und in den Regierungsrat?
Diese beiden Wahlen, die zu meinen anderen Verpflichtungen dazukamen, haben mich an meine persönlichen Grenzen geführt. Ich musste – bei aller Motivation und Begeisterung für die Politik – akzeptieren, dass ich nicht all meine Kraft und Reserven in unser Milizsystem stecken darf. Deshalb freue ich mich auf die guten Strukturen der CVP, dank derer die Arbeit auf mehrere Schultern verteilt werden kann. Ich möchte mich auch kommunal einbringen, und dafür ist die CVP in Gaiserwald gut aufgestellt.
Sie sprechen in der Mitteilung der CVP von grossen politischen Übereinstimmungen mit der CVP. Warum sind Sie angesichts dieser Schnittstellen nicht schon ursprünglich dort gelandet?
CVP und BPD liegen in der Tat nicht weit auseinander. Auf kantonaler Ebene politisierten die beiden Parteien während meiner Präsidialzeit meist auf der gleichen Linie. In den Kantonsratsgremien arbeitete ich oft mit CVP-Kolleginnen und -Kollegen eng und gut zusammen. Bei den Nationalratswahlen 2015 führten wir eine gemeinsame Liste. Ein Jahr zuvor hatte sich die BDP SG für eine Union mit der CVP auf nationaler Ebene ausgesprochen.
Wo sehen Sie diese Übereinstimmungen ganz konkret, bei welchen Themen oder Fragen?
Als Mittepolitiker identifiziere ich mich mit dem Parteiprogramm der CVP. Ich lege meine Schwerpunkte und Präferenzen bei der Familien-, Bildungs- und Sozialpolitik.
Ist aus Ihrer Sicht die BDP im Kanton St.Gallen schlicht überflüssig geworden? Immerhin kann man Ihre Haltung offenbar auch in der CVP vertreten.
Es haben schon prominentere Personen als ich eine neue politische Heimat gefunden, ohne dass die ehemalige Partei in Frage gestellt wurde. Mein Abschied von der BDP SG erfolgte im Guten, da sind keine Ressentiments vorhanden.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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