Levi Fitze hat sich mit seinen 19 Jahren bereits einen Namen als Naturfotograf gemacht. Weil ihm das Tierreich am Herzen liegt, möchte er auf die Probleme hinweisen – weiss aber gleichzeitig auch, dass er eines verursacht.
Schaumkronen zischen ans Ufer, ein Pinguin surft quasi auf der letzten Welle, bis er seinen Freund am Strand erreicht. – Ein Steinbock hebt majestätisch seine Hörner dem Himmel empor, im Hintergrund hüllt die untergehende Sonne die Bergwipfel in geheimnisvolles Licht. – Ein Elefant trottet auf sandig-trockenem Untergrund der nächsten Wasserstelle entgegen. So unterschiedlich sich die Sujets der Bilder des Fotografen Levi Fitze präsentieren, so sehr gleichen sie sich in ihrer Botschaft: Die Natur, von der wir lernen können. Das Tierreich, das uns staunen lässt. Die Umwelt, der wir viel mehr Sorge tragen müssten.
Eine Gratwanderung
Das alles weiss Levi Fitze mit seinen gerade einmal 19 Jahren. In seinen Vorträgen möchte er viel mehr als «nur» seine Bilder zeigen. Er möchte auf die Probleme und die Herausforderungen der Natur hinweisen. Doch wie meistert er diese Gratwanderung, wenn er doch für seine Bilder gezwungenermassen herumreisen muss? Sich in die Natur setzt, um Vögel ablichten zu können, um den scheuen Löwen vor die Linse zu kriegen, um das Spiel der Pinguine einzufangen? «In erster Linie bin ich in den Schweizer Alpen unterwegs. Erst wenige Male war ich ausserhalb von Europa auf einer Fotostrecke, deshalb kann ich das Reisen mit meinem Gewissen vertreten. Aber ja, ich sehe auch ein, dass es einen gewissen Widerspruch gibt», sagt er im Gespräch.
Keine Störung
Der gebürtige St.Galler möchte nicht mit dem Mahnfinger auf die Probleme hinweisen. Er ist sich bewusst, dass die Freizeitsportler die Natur und das Tierreich stören können, und sich längst nicht alle an die Regeln halten. «Jeder muss für sich entscheiden, wie er mit diesem Thema umgeht. Ich selber bin ja auch dort unterwegs, versuche aber, mich so weit wie es geht im Hintergrund zu halten.»
Gerade hat Levi Fitze seine Ausbildung zum Fotofachmann erfolgreich absolviert und möchte nun voll durchstarten. Es erstaunt deshalb nicht weiter, dass er nun mit 19 Jahren der jüngste Fotograf ist, der sich für die «Photoschweiz», der grössten Werkschau der Schweiz, qualifiziert hat. Wie ernst wird er von seinen Berufskollegen und -kolleginnen genommen? «Ich schätze den Jugendbonus, den ich noch habe», sagt er und lacht. «Inzwischen bin ich aber tatsächlich nicht mehr überall der Jüngste, es kommen mittlerweile noch jüngere Fotografen nach.»
Natur als Spielplatz
Die Ausbildung hätte ihm auch aufgezeigt, dass er mit der Naturfotografie nach wie vor auf dem richtigen Weg sei. Die Leidenschaft für die Natur hätte er in die Wiege gelegt bekommen. Mit seiner Mutter war er damals bereits als Kind viel draussen unterwegs, die Natur war sein Spielplatz. «Mit neun Jahren trat ich einer Jugendgruppe bei, und spätestens da war mein Feuer endgültig entfacht», sagt er. Folglich war er fast jedes Wochenende unterwegs, um verschiedene Vögel beobachten zu können – und sie mit der Kamera für die Ewigkeit festzuhalten. Nun hätte er durch die Ausbildung auch andere Bereiche der Fotografie kennenlernen dürfen. «Es zieht mich aber immer wieder zur Natur zurück», sagt Fitze.
Nachhelfen oder nicht?
Wie naturbelassen sind jedoch seine Bilder, die er veröffentlicht? Ein heikles Thema – für wohl viele Berufsfotografen. Und gerade auch deshalb, weil es mittlerweile unzählige davon gibt, die immer schneller immer bessere Fotos machen. Wie naheliegend ist es da, ein bisschen nachzuhelfen? «Gerade mit dem Thema der Künstlichen Intelligenz ist es ein aktuelles Thema», sagt Fitze. Er halte sich jedoch an klare Richtlinien. Es dürfe beispielsweise an der Sättigung oder dem Kontrast gearbeitet werden – doch das Bild soll jedoch möglichst den Moment so wiedergeben, wie er auch tatsächlich erlebt wurde.
Seine Bilder verbindet er nämlich fast immer mit speziellen Erinnerungen. So erzählt er von einem Birkhuhn, welches er bei Sonnenaufgang ablichten konnte. «Das Foto ist vielleicht auf den ersten Blick nicht sonderlich spannend. Ich aber weiss noch genau, wie ich das Sujet aufgenommen habe und wie aufwendig die Vorbereitungen waren. Und wie glücklich mich das Resultat gemacht hat.»
Sein Wunschobjekt
Für ein Foto können mehrere Stunden vergehen, bis tatsächlich alles so ist, wie es sich der St.Galler wünscht. Als langweilig möchte er seine Arbeit aber nicht beschreiben – im Gegenteil. «Natürlich gibt es Tage, an denen ich produktiver bin. Und andere, an denen nicht so viel passiert. Aber das gehört dazu.» Umso schöner wäre es für ihn, wenn es künftig mit seinem Wunschsujet dennoch klappen würde. Das Raubtier ablichten zu können, welches zwar nicht überall gerne gesehen wird, trotzdem eine grosse Faszination ausübt: der Wolf.
Und dann wartet da noch ein spezielles Projekt auf Fitze, auf welches er sich besonders freut: 2026 soll sein erster Kinofilm erscheinen, in welchem er über seine Arbeit und den Lebensraum in den Alpen erzählt. Weil es die Orte sind, die ihm nach wie vor am wichtigsten sind.
Alle Bilder: Levi Fitze
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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