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Gastkommentar

Die Biodiversität geht uns alle an! Echt?

Die Biodiversität wird als Begriff schon fast inflationär verwendet, wie etwa die Nachhaltigkeit. Trotzdem bleibt er für viele ein inhaltsloses Konstrukt für Eingeweihte und Freaks, eine Worthülse. Warum also sollte sich Otto Normalverbraucher um die Biodiversität kümmern?

Raphael Lüchinger am 22. August 2024

Erstens aus ganz aktuellem Anlass: Am 22. September 2024 stimmen wir über die sogenannte «Biodiversitätsinitiative» ab. Die Initianten möchten den Schutz der Biodiversität stärker, nämlich in der Bundesverfassung, verankern und zu deren Förderung auch mehr finanzielle Mittel bereitstellen. Für die einen geht die Initiative zu weit, für die anderen ist sie eine absolute Notwendigkeit. Fakt ist, dass wir mit einem Biodiversitätsverlust von erheblichem Ausmass konfrontiert sind. Und ja, es gibt immer noch Personen, die das Gegenteil behaupten, ähnlich wie beim Klimawandel, und damit wissenschaftliche Evidenz nonchalant negieren. «Die Fläche, Qualität und Vernetzung vieler ökologisch wertvoller Lebensräume haben seit 1900 stark abgenommen– Hauptursache dafür ist die nicht nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen». So steht es im neusten Zustandsbericht über die Biodiversität in der Schweiz vom Bundesamt für Umwelt (2023). 35 Prozent der bekannten und bewerteten Arten in der Schweiz gelten als ausgestorben oder gefährdet. Fast die Hälfte der in der Schweiz vorkommenden Lebensräume werden als gefährdet eingestuft; dazu zählen beispielsweise Feucht- oder Ufergebiete.

Womit wir beim zweiten Punkt wären, wieso wir uns mit der Biodiversität beschäftigen sollten. Sie ist unsere Lebensgrundlage schlechthin. Sauberes Wasser, fruchtbare Böden, funktionierende Stoffkreisläufe oder schöne Landschaften hängen von der Artenvielfalt und von vernetzten Lebensräumen ab. Nicht zuletzt aber auch der wirtschaftliche Erfolg. Unternehmen sind direkt oder indirekt von intakten Ökosystemen abhängig. Produktionsgrundlagen und Rohstoffe bilden die Ausgangsbasis jeglichen Wirtschaftens. Gemäss der Europäischen Investitionsbank (EIB) hängen über 50 Prozent unseres Bruttoinlandproduktes (BIP) von der biologischen Vielfalt, also von einer gesunden Umwelt, ab.

Auch wenn sich das Wort Biodiversität noch so abstrakt anhören mag. Sie ist unsere Lebensversicherung. Und: Jede und jeder von uns kann etwas beitragen zu deren Erhalt. Sei es im eigenen Garten, auf dem Balkon oder mit dem Einkaufs- oder Mobilitätsverhalten.

Ja, die Biodiversität geht uns alle an – definitiv! Von einem beherzten Handeln profitieren vor allem zukünftige Generationen, also unsere Kinder und Enkelkinder. Das müsste eigentlich Motivation genug sein.

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Autor/in
Raphael Lüchinger

Raphael Lüchinger ist 51-jährig, ausgebildeter Forstingenieur (ETH Zürich) mit einem Master of Business Administration and Engineering (FH St.Gallen), Vater von 2 Töchtern und wohnhaft in der Stadt St.Gallen. Beruflich leitet er die Waldregion 1 St.Gallen als Regionalförster und ist stellvertretender Kantonsoberförster. Er präsidiert die Umweltfreisinnigen St.Gallen und kandidiere auf der FDP-Liste für das Stadtparlament.

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