Der Hype rund um die neue Abnehmspritze greift weltweit um sich. Auch in der Ostschweiz ist man damit konfrontiert, sagt Claudia Meier-Uffer vom Apothekerverband St.Gallen und beider Appenzell. Dabei ist das Diabetikermedikament noch gar nicht erhältlich.
Bye Bye, Fettpölsterchen. Auf Nimmerwiedersehen, Orangenhaut. Hallo neues Wohlfühlgewicht – und das alles, ohne auf Schokolade und Burger verzichten zu müssen.
Tönt zu schön, um wahr zu sein? Vielleicht. Aber genau das gaukeln derzeit unzählige Influencer vor, indem sie sich die Fettwegspritze setzen lassen, dazu dennoch schlemmen können – die Waage am Ende aber weniger Gewicht anzeigt. «Eine solch grosse Nachfrage nach einem Medikament habe ich noch nie erlebt», fasst es Claudia Meier-Uffer vom Apothekerverband St.Gallen und beider Appenzell zusammen. Sie führt die «Apotheke in Gossau» und ist täglich mit Nachfragen rund um die Fettwegspritze konfrontiert.
Eine Alternative zu chirurgischen Eingriffen
Das Medikament Wegovy wurde ursprünglich für Diabetiker entwickelt. Schliesslich fand man heraus, dass damit auch ein Gewichtsverlust möglich ist – was beispielsweise bei stark Übergewichtigen eine Alternative zu chirurgischen Eingriffen sein könnte.
Promis wie Kim Kardashian oder Elon Musk preisen die Spritze aber als Wundermittel an, damit auch Normalgewichtige ihre drei bis vier Kilos dauerhaft loswerden können. Auf Plattformen wie TikTok oder Instagram setzen sich die Influencer seither fleissig die Spritze – und lösen damit einen nie dagewesenen Hype aus.
In der Ostschweiz ist das Medikament derzeit noch nicht verfügbar, aber zugelassen. «Es ist schwierig, abzuschätzen, wann es bei uns erhältlich sein wird», sagt Claudia Meier-Uffer. Die Herstellung laufe zwar auf Hochtouren, aufgrund der riesigen Nachfrage komme die Produktion aber kaum hinterher. Sie rechnet deshalb damit, dass es erst im neuen Jahr so weit sein wird, dass die Spritze auch in der Ostschweiz erhältlich ist.
Dauerhafte Umstellung der Lebensweise notwendig
Bereits zum jetzigen Zeitpunkt ist die Nachfrage aber extrem hoch. Viele denken, dass es nun endlich so weit sei, und es ein Medikament gibt, mit welchem sie ihre Kilos loswerden können – ohne ihren Lebensstil ändern zu müssen.
«Es ist keine Wunderspritze», betont Claudia Meier-Uffer. Will heissen: Die Wirkung dauert genau so lange an, wie die Spritze gesetzt wird. Hören die Injektionen auf, nehmen die Patienten auch wieder zu – wenn sie bis dahin ihre Lebensumstände nicht geändert haben. Ein stabiles Gewicht erreicht man also weiterhin nur mit einer dauerhaften Ernährungsumstellung, Disziplin und Sporteinheiten.
Wie viele Menschen sich freiwillig eine Spritze setzen lassen wollen, bringt sogar die langjährige Apothekerin zum Staunen. Denn die Nebenwirkungen der Spritze können sehr unangenehm sein, sagt Claudia Meier-Uffer. «Es ist und bleibt ein Medikament, das auch Nebenwirkungen haben kann: Übelkeit, Durchfall, Gallenprobleme oder Herz-Kreislaufprobleme.»
Wichtige Rückfrage bei Interessierten
Die grössten Probleme mit dem Hype um die Fettwegspritze haben jedoch die Menschen, die wirklich darauf angewiesen sind: die Diabetiker. Zwar ist die Spritze rezeptpflichtig. Dennoch gelangen die einen oder anderen Patienten offensichtlich relativ einfach an eine ärztliche Verschreibung. «Da die Nachfrage so angezogen hat, mussten wir anfangen, bei den Patienten nachzufragen – um abschätzen zu können, wer das Medikament wirklich braucht – und wer lediglich einige Kilos verlieren will», sagt Claudia Meier-Uffer.
Man wolle nicht als Triage-Stelle fungieren, hält sie fest. Aber man achte darauf, woher die Kunden kommen, und ob sie bereits seit längerer Zeit auf das Medikament angewiesen sind: also Adipositas-Patienten oder Diabetiker. «Hier ist es sehr wichtig, dass die Versorgung auch weiterhin gewährleistet ist – und ihre Gesundheit nicht dadurch gefährdet wird, dass ein Medikament aufgrund einer Nebenwirkung wie Gewichtsverlust so gehypt wird.»
(Bild: Depositphotos)
(Bild: Apotheke in Gossau)
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.