Wühlmäuse richten grosse Schäden in den Ostschweizer Böden an. Umso wichtiger ist es, dass die natürlichen Feinde Wiesel und Hermeline vorhanden sind. Mit Projekten versucht der WWF, die bedrohten Tiere wieder vermehrt anzusiedeln, sagt Leiterin Mila Yong.
Mila Yong, man sagt: «Flink wie ein Wiesel» - Wie schwierig ist es, überhaupt ein Tier in der Natur beobachten zu können?
Wiesel sind tatsächlich eher schwierig zu beobachten. Einerseits sind sie wirklich sehr flink und zusätzlich versuchen sie, sich mit möglichst viel Deckung, beispielsweise entlang von Hecken oder höherem Gras, fortzubewegen. Andererseits sind sie auch unterirdisch in den Mäusegängen unterwegs. Wenn man also mal ein Hermelin oder Mauswiesel beobachten kann, hat man wirklich Glück. In den allermeisten Fällen ist es eine Zufallsbegegnung. Am meistens entdeckt man Hermeline im Frühjahr, wenn sie noch ihr weisses Fellkleid haben, die Wiesen aber schon wieder grün oder braun sind.
Dass wir sie nur selten zu Gesicht bekommen, ist aber nicht nur der Tatsache geschuldet, dass sie eben flink sind. Die Bestände sind rückläufig. Weshalb ist das so?
Für den Rückgang gibt es verschiedene Gründe. Ein Grund ist sicher die fehlende ökologische Vernetzung im Kulturland. Mauswiesel und Hermelin sind auf viele Strukturen, wie Hecken, naturnahe Gewässer oder höheres Gras angewiesen, um sich sicher fortzubewegen, ihre Jungen aufzuziehen – aber auch, damit es einen Austausch zwischen den lokalen Wieselpopulationen geben kann. Zusätzlich sind die Zersiedelung der Landschaft, der starke Verkehr, viele Hauskatzen und Hunde, Wühlmausgift sowie Störungen durch Freizeitnutzung Faktoren, die sich negativ auf die beiden Wieselarten auswirken.
Weshalb sind die Tiere denn ein Gewinn für die Natur?
Wiesel spielen eine wichtige Rolle für das natürliche Gleichgewicht. Sie sind spezialisiert auf Wühlmausarten und helfen, deren Bestand auf einem gesunden Niveau zu halten. Wühlmäuse machen oftmals grosse Schäden in der Landwirtschaft. Dass wir in der Landwirtschaft Probleme mit der hohen Mausdichte haben, liegt auch daran, dass es zu wenige Mauswiesel und Hermeline gibt.
Die Ostschweizer Kulturlandschaft soll wieder wieselfreundlicher werden. Wie ist man da inzwischen unterwegs?
Im ersten Jahr haben wir den Fokus auf die wissenschaftlichen Grundlagen gelegt, um besser zu verstehen, wo die kleinen Räuber in der Ostschweiz noch unterwegs sind. Trotzdem haben sich schon viele Landwirtinnen und Landwirte engagiert. So konnten wir beispielswiese bereits über 500 Meter Biodiversitätshecke pflanzen, 180 Meter Trockenmauer erstellen und knapp 100 Asthaufen mit und ohne Brutkammern erstellen. Es ist schön, zu sehen, dass die Bauern und Bäuerinnen offen für das Thema sind.
Auch die Bevölkerung ist gefragt, Massnahmen umzusetzen oder Sichtungen zu melden. Wie sind da die Rückläufe?
Über 900 Sichtungen aus der Bevölkerung sind auf der Plattform wildenachbarn.ch eingegangen. Und auf unseren Aufruf, in dem wir Flächen für Aufwertungen suchen, haben sich schon diverse Personen gemeldet. Wenn man selbst kein Land oder Garten hat, den man aufwerten möchte, kann man auch bei einem der Natureinsätze für das Wiesel mithelfen.
Was passiert, wenn eine Sichtung eingegangen ist? Prüft man das nach?
Die Spezialistinnen und Spezialisten des Vereins StadtNatur, welche die Projekte und Plattformen Stadtwildtiere und auch Wilde Nachbarn betreuen, validieren die Meldungen. Oftmals werden den Meldungen Fotos beigefügt, dann ist es für die Fachpersonen einfacher, zu prüfen, ob es sich auch tatsächlich um ein Mauswiesel oder Hermelin handelt.
Das Projekt wurde 2023 ins Leben gerufen. Wie zufrieden ist man mit den bisherigen Ergebnissen?
Wir sind mit dem Rücklauf zu den Sichtungen sehr zufrieden. Nun liegt der Fokus für die nächsten Jahre auf der Umsetzung von Fördermassnahmen. Bisher haben sich schon ziemlich viele Landwirtinnen und Landwirte für Massnahmen gemeldet, und wir sind zuversichtlich, dass es noch mehr werden. Auch Privatpersonen, die am Siedlungsrand leben, haben schon diverse Massnahmen umgesetzt.
Und was passiert noch bis 2027? Hat man sich entsprechende Ziele gesetzt?
Bis 2027 möchten wir an mindestens 50 Standorten in der Ostschweiz Fördermassnahmen umsetzen. Zusätzlich sind auch Veranstaltungen und eine Ausstellung, allenfalls auch noch ein Schulbesuch, zu den Wieseln geplant. Denn es ist wichtig, dass die Bevölkerung die kleinen Raubtiere und ihre wichtige Rolle im Ökosystem kennt – denn nur, was wir kennen und uns fasziniert, sind wir bereit zu schützen.
(Bild: Depositphotos/PD)
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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