Während sich viele nach den Feiertagen in einem «luftleeren Raum» befinden, hat der Ostschweizer Schuhhersteller Kybun Joya allen Grund zur Freude. Arabische Scheichs haben die Marke gehypt – wenn auch unbewusst. Dies spiegelt sich nun in den Absatzzahlen.
Der rote Teppich ist ausgerollt, und dies gleich im doppelten Sinn. Einerseits beschreibt eben dieser die Szene, die für den Ostschweizer Schuhhersteller Kybun Joya derzeit das Tüpfelchen auf dem 'I' darstellt, festgehalten auf einem Foto.
Die Sonne lacht vom blauen Himmel, während ein Scheich im typisch weissen Umhang aus dem Flugzeug steigt, flankiert vom strammgestandenen Militär. Der rote Teppich lässt seine weissen Sandalen «made in Switzerland» noch mehr hervorblitzen.
Die Zahlen steigen
Es handelt sich dabei um Sandalen aus dem Hause Kybun Joya im thurgauischen Roggwil. Solche Szenen haben die Wirkung, welche zurzeit möglich ist, weil sie überall geteilt werden: Nachahmer werden aufgerufen, die gleichen Sandalen zu ergattern, wie sie der Scheich Khalifa bin Zayed Al Nahyan trägt.
Kein Wunder, sind die Verkaufszahlen von Kybun Joya im Nahen Osten in den letzten Monaten rasant angestiegen. «Ein Staatsoberhaupt hat unsere Schuhe entdeckt, und dadurch hat sich zufälligerweise diese Werbeplattform für uns ergeben», freut sich Co-CEO Claudio Minder. «Es ist wunderbar für uns – gerade auch deshalb, weil es nicht von uns gesteuert wurde.»
Claudio Minder an einer Shoperöffnung im Nahen Osten.
Mitarbeitende von Königshäusern als Einkäufer
Kybun Joya beliefert insgesamt 35 Standorte im Nahen Osten, der Absatz liegt mittlerweile bei zehn Prozent. Doch wie kam die Zusammenarbeit zustande?
Die Kundinnen und Kunden – gerade Staatsoberhäupter – seien eher zurückhaltend, wenn es um Werbung und Produkte gehe, weiss Minder. «Meist kauft ein Mitarbeiter des Königshauses in einer gewissen Grösse gleich zehn Stück eines identischen Schuhs», so Minder.
Das liefere dem Unternehmen wiederum den Hinweis, dass ein Scheich bei den Sandalen auf den Geschmack gekommen sei. «Um wen es sich aber genau handelt, wissen wir erst, wenn von Staatsempfängen oder ähnlichen Anlässen Fotos auftauchen – und darauf unsere Schuhe getragen werden. Für uns ist es quasi ein zweites Weihnachtsgeschenk.»
Claudio Minder freut sich über die steigenden Absatzzahlen im Nahen Osten.
Die Schuhe des Ostschweizer Herstellers werden zu 90 Prozent von Männern getragen. Im Nahen Osten sind Schuhe oder Uhren die einzigen Accessoires, die sich vom weissen Gewand der Schaichs abheben. «Zudem müssen die Sandalen schnell an- oder ausgezogen werden können, weil die Moscheen oder auch andere Häuser barfuss betreten werden», so Minder.
Ebenso legen die Kunden aus dem Nahen Osten Wert auf «Made in Switzerland», zudem ist auch der Gesundheitsaspekt wichtiger geworden. Alles zusammen führe dazu, dass der Nahe Osten einen immer wichtigeren Absatzmarkt für das Ostschweizer Unternehmen darstelle.
Lokale Bedürfnisse berücksichtigen
«Für uns ist es eine ganz klare Erfolgsgeschichte, die wir weder beeinflussen noch steuern konnten», sagt Minder. Die steigende Nachfrage im Nahen Osten bringe aber auch gewisse Herausforderungen mit sich. Beispielsweise seien dort spezielle Metallapplikationen auf den Schuhen erwünscht, die im europäischen Raum nicht gefragt seien. «Wir müssen lernen, mit den lokalen Gegebenheiten besser zurechtzukommen», sagt Minder.
Es sei ein Herantasten, das zwar weit weg von einer schweizerischen Denkweise sei. Minder: «Wir befinden uns jedoch auf gutem Weg. Und es ist spannend, komplett in eine andere Welt einzutauchen.»
Gefragte Sandalen: Wie auf dem Bild mit Metallapplikationen.
Erfolgreiches Jahr
Ohnehin darf das Ostschweizer Unternehmen zufrieden sein mit dem Jahr 2023. In der Schweiz hat sich der Absatz um 40 Prozent gesteigert. Auch im wichtigen deutschen Markt konnte ein leichter Zuwachs generiert werden. «Dort machen sich die Inflation und die unsicheren Zukunftsprognosen vermehrt bemerkbar. Umso dankbarer sind wir, dass wir durchs Band positive Signale empfangen», sagt Minder.
Dies nimmt man auch zum Anlass, künftig weitere Marken des Unternehmens wieder vermehrt in der Schweiz zu produzieren. Eine grosse Maschine wurde montiert, entsprechende Testläufe starten im Frühjahr.
Der hiesige Fachkräftemangel macht auch vor Kybun Joya nicht halt. «Wir sind uns jedoch bewusst, dass unsere Schuhe im Nahen Osten nicht so gefragt wären, wenn sie nicht hier hergestellt werden würden. Deshalb stellen wir uns den Herausforderungen gerne.»
(Bilder: pd)
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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