Ein Mann parkiert sein Auto auf einer Wiese, die der Ortsbürgergemeinde Diepoldsau gehört. Dafür erhält er eine Busse, ausgestellt von der Politischen Gemeinde. Der Betroffene ist Jurist - und stösst auf eine Reihe von Fehlern rund um die Busse. Die Gemeinde aber geht auf Fragen gar nicht erst ein.
Ein Abend im August. T.W. (Name der Redaktion bekannt) ist mit dem Auto seines Vaters unterwegs. In Diepoldsau stellt er dieses auf einer Wiese ab, das an ein Trottoir grenzt.
Als er zurückkommt, findet er eine Busse über 40 Franken vor, ausgestellt wegen eines «Verstosses gegen das Parkverbot». Absender: Die Politische Gemeinde Diepoldsau.
T.W. ist verblüfft. Zum einen, weil die betreffende Wiese gemäss Aussage einer Mitarbeiterin der Gemeinderatskanzlei der Ortsbürgergemeinde Diepoldsau gehört, also einer anderen Körperschaft. Und zum anderen, weil auf der Busse der Sachverhalt «Parkieren innerhalb des signalisierten Parkverbots» festgehalten ist.
Auf dem besagten Grundstück gebe es aber kein gerichtliches Parkverbot, hält T.W. fest. Und ohne ein solches kann nicht einmal der eigentliche Grundeigentümer Bussen aussprechen. «Ich habe zudem keine anderen Verkehrsteilnehmer behindert», betont er.
Deshalb nimmt er mit der Gemeindeverwaltung schriftlich Kontakt auf. Dort erklärt man ihm, man habe mit dem Untersuchungsamt Rücksprache genommen und halte an der Busse fest. Für T.W., der selbst Jurist ist, ist das Ganze danach umso unverständlicher. Denn die Busse entziehe sich jeglicher rechtlichen Grundlage. Das haben auch seine Nachfragen bei Juristenkollegen, anderen Gemeinden und Polizisten ergeben.
Aber auch auf mehrfaches Nachfragen geht die Gemeinde nicht darauf ein, dass der ausgesprochene Grund für die Busse nicht haltbar ist. Er vermute deshalb, dass es sich um eine vorgeschobene Begründung handle, sagt T.W.. Oder anders ausgedrückt: Man fand es nicht besonders prickelnd, dass er auf der Wiese parkiert hatte und «zauberte» kurzerhand einen angeblichen Grund für eine Busse aus dem Hut.
Das sei stossend, so T.W., «da die Ortsgemeinde keinen Sonderstatus geniesst und die politische Gemeinde nicht einfach solche Bussen ohne rechtliche Grundlage ausstellen kann.» Wolle sie ihren Grund und Boden vor Falschparkierern schützen, müsse sie das mit den Mitteln tun, die das Recht vorsieht.
Die Antwort aus der Gemeindeverwaltung ist kurz und bündig. Es handle sich um eine offensichtliche Umgehung des Parkverbots. Damit bezieht sich die Gemeinde wieder auf ein Verbot, das an dieser Stelle gar nicht existiert.
Eher amüsant ist demgegenüber der kreative Vorschlag der Gemeindemitarbeiterin: T.W. hätte laut ihr auch einfach auf dem Parkplatz einer nahe gelegenen Verpackungsfirma parkieren können. Mit anderen Worten: Die Gemeinde büsst Autofahrer ohne rechtliche Grundlage, empfiehlt ihnen aber gleichzeitig, doch einfach Parkplätze von privaten Eigentümern zu nutzen, ohne nachzufragen.
Die Rechtslage sei eindeutig, sagt T.W., dem es nicht um die Summe der Busse, sondern ums Prinzip geht. Der Geltungsbereich des Strassenverkehrsgesetzes beziehe sich auf öffentliche Strassen. Ein Parkverbot könne nicht einfach auf eine Wiese ausgedehnt werden, die dahinter liegt.
Der (vorläufige) Abschluss der Angelegenheit wirft ebenfalls ein schiefes Licht auf die Behörde. T.W. erhielt vom Gemeindepräsidenten Roland Wälter am 30. November per E-Mail Bescheid, der Gemeinderat werde die Angelegenheit behandeln.
Das war einerseits erfreulich. Andererseits: Diese Meldung kam am Tag der Fälligkeit der Busse. Deshalb entschied T.W. sich, diese trotz der neuen Entwicklung sofort zu begleichen, um keinen Rechtsstreit zu riskieren, der viel Aufwand für 40 Franken bedeutet hätte.
Rückblickend war das offenbar ein Fehler. Denn nachdem das Geld angekommen war, stellte sich der Gemeindepräsident auf den Standpunkt, nun müsse man die Sache gar nicht mehr behandeln - schliesslich sei die Busse durch die Bezahlung rechtskräftig geworden.
Ein perfektes Timing also: Die Gesprächsbereitschaft erfolgte, als es bereits zu spät war.
So kann man es natürlich auch machen…
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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