Die «Granate», wie sie FCSG-Präsident Matthias Hüppi angekündigt hat, heisst Peter Zeidler. Ist er das wirklich?
Nun haben sie die wichtigste Position im Klub auch noch mit einem Mann nach ihrem Gusto besetzt. Peter Zeidler heisst er. Und sie überschütten ihn, bevor er überhaupt ein Training im kybunpark geleitet hat, mit haufenweise Lob. Sie freuen sich riesig auf die Zusammenarbeit mit ihm. Sie bezeichnen ihn als absolute Wunschlösung, als einen Verfechter des von ihnen seit ihrem Amtsantritt geforderten Offensivfussballs. Mit sie sind Matthias Hüppi, manchmal schon fast grenzenlos euphorischer Präsident des FC St.Gallen, und Alain Sutter, Sportchef des FC St.Gallen, gemeint. Die Frage ist nur, ob sie damit ihrem neuen Übungsleiter einen guten Dienst erweisen. Denn die Aufgabe, die auf Peter Zeidler wartet, ist schon genug schwierig. Da müsste er sich nicht noch mit einer unnötig befeuerten Erwartungshaltung konfrontiert sehen.
Konfuse Auftritte
Die Realität ist: Der FC St.Gallen hat in der Super League die vergangenen sechs Spiele in Folge verloren. Oder anders gedrückt: Innerhalb weniger Spiele hat er ziemlich leichtfertig fünf Millionen Franken vernichtet. Statt Rang drei wird es am Ende wohl Platz fünf und ein Weg durch eine mühselige, am Ende möglicherweise ziemlich ertragslose Europa-League-Qualifikation. Die Auftritte waren zuletzt, nett ausgedrückt, konfus. Und sie förderten vor allem zu Tage, dass dieses Team in dieser Zusammensetzung nicht die Qualität hat, den Wunsch oder vielmehr die Forderung des Sportchefs nach erfrischendem Offensivfussball zu erfüllen. Auch wenn sich die Forderung mittlerweile von einem «attraktiven» in einen «aktiven, leidenschaftlichen, mutigen» Fussball gewandelt hat. Aber eben: Es wird schon einen guten Grund gegeben haben, weshalb Giorgio Contini sein Augenmerk in erster Linie auf eine gesicherte Defensive gelegt hat.
Um seine Vorstellungen umsetzen und seine Vorgesetzten zufriedenstellen zu können, benötigt Peter Zeidler zumindest ansatzweise eine Mannschaft, die auch diesen von Alain Sutter propagierten Fussball spielen kann. Ob die Klubkasse, die in den nächsten Monaten noch für so manche Altlast aufkommen muss, einen solchen Umbruch zulässt, ist ein anderes Thema. Aber davon wird letztlich abhängen, wie weit und wie erfolgreich Zeidler seine Philosophie umsetzen kann.
Mitreissende Art
Ohne Zweifel ist Peter Zeidler ein guter Trainer. Er ist ein Mensch, der Leute begeistern und mitreissen kann, der ganz gut in die Ostschweiz passt. Seine einnehmende Art ist mit ein Grund, weshalb sie im Wallis noch heute von diesem Mann schwärmen. Doch wer einen Blick auf seine bis anhin letzten Stationen wirft, stellt auch fest: Es waren zuletzt eher kurze Gastspiele, welche der bald 56-jährige Deutsche gab. Bei Red Bull Salzburg war er ein halbes Jahr, beim FC Sion war er nicht viel länger. Und nach einem Jahr in Sochaux fand er das Angebot des FC St.Gallen weit lukrativer, als noch eine weitere Saison beim Ligue-2-Club zu verbringen. Mit Sochaux hat er die Meisterschaft auf dem zehnten Platz (bei 20 Mannschaften) beendet. 15 Siege, 8 Unentschieden, 15 Niederlagen bei einem negativen Torverhältnis von 51:62 – das ist Peter Zeidlers jüngste Visitenkarte.
Eine Bilanz kann je nach Lust und Laune interpretiert werden. Fest steht: Sochaux kassierte mehr Tore als es erzielte. Exakt daran krankte der FC St.Gallen auch in der nun zu Ende gehenden Saison. Vor der letzten Runde der Meisterschaft 2017/18 lautete das Torverhältnis der Ostschweizer 52:69. Dies zu ändern wird eine der vielen Aufgaben von Peter Zeidler in naher Zukunft sein.
Markus Scherrer war langjähriger Sportjournalist, unter anderem für die ehemalige Tageszeitung «Die Ostschweiz». Er ist heute Kommunikationsbeauftragter der Gemeinde Flawil
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