Nervig und gefährlich: Die Kantonspolizei St.Gallen hat als erstes Polizeikorps in der Schweiz einen eigenen Leistungsprüfstab in Betrieb genommen. Ein Augenschein vor Ort zeigt, wie aufwendig, aber auch nötig die Kontrollen von getunten Autos sind.
«Achtung, jetzt wird es laut», sagt Kapo-Mediensprecher Florian Schneider und verteilt an die anwesenden Medienvertreter Ohrstöpsel. Und wirklich: Als das Gebläse eingestellt und das Auto auf dem Leistungsprüfstab voll auffährt, ist der Geräuschpegel erschreckend laut. Für viele einfach nur nervig, doch für Tuningliebhaber ist genau die Lautstärke einer der Gründe, weshalb sie ihr Auto überhaupt aufmotzen. Und besonders bei schönem Wetter die Strassen auf und abfahren, um ihre Boliden vorzuführen.
Novum in der Schweiz
Zwei Beamte der Kantonspolizei St.Gallen führen in diesen Stunden vor, was mit den Fahrzeugen passiert, die bei einer Kontrolle verdächtigt werden, einer Leistungssteigerung unterzogen worden zu sein. Und das sind immer mehr. Aus diesem Grund hat die Kantonspolizei St.Gallen als erstes Polizeikorps in der Schweiz vor rund drei Wochen einen eigenen Leistungsprüfstab in Betrieb genommen.
«Wir wollen damit die Verkehrssicherheit erhöhen», hält Schneider weiter fest. Denn wurden beispielsweise die Motorleistung oder sonstige Sachen an einem Auto verändert, um seine Leistung zu steigern, könnte dies verheerende Folgen haben. Fahrzeugkomponenten wie Fahrwerke und Bremsen sind von Werk nicht zwingend auf höhere Leistungen des Antriebs ausgelegt. Somit können sich Leistungssteigerungen massgeblich auf die Betriebssicherheit auswirken.
Enormes Wissen
Wie tiefgründig die Materie der Leistungssteigerung an Fahrzeugen sein kann, beweisen die aufwendigen Schritte der Überprüfung, welche die Kantonspolizei St.Gallen durchführen muss. Von den Reifen über die Ölbestände bis hin zu der Motorleistung wird alles in Augenschein genommen, was verändert werden könnte. Besagte Beamte haben vor ihrer Amtszeit bei der Polizei eine Ausbildung zum Automechaniker absolviert – ein Glücksfall für die Polizei in der heutigen Zeit. Es brauche nämlich ein enormes technisches Fachwissen, um im ganzen Dschungel der Leistungssteigerung durchblicken zu können, hält die Polizei fest. Mit entsprechenden Weiterbildungen für die Beamten wird versucht, mit dem technischen Fortschritt mithalten zu können.
Fahrzeug wird eingezogen
Eine Überprüfung kann sich – je nachdem, was verändert wurde – über mehrere Stunden hinziehen. Und längst sind es nicht nur Autoposer, die von einer Leistungssteigerung Gebrauch machen. Einige PS mehr können auch beispielsweise bei Familienfahrzeugen gefragt sein.
Die Überprüfung des schwarzen Autos ist inzwischen abgeschlossen. In diesem Fall – es handelt sich um ein Fahrzeug der Kantonspolizei – wurde natürlich keine Leistungssteigerung vorgenommen. Schwankungen von plus/minus zehn Prozent sind normal. Werden 20 Prozent der angegebenen Leistung übertroffen, wird bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet – und die Kosten für den gesamten Überprüfungsprozess muss der Halter tragen. Und nicht zuletzt gilt dann auch hier das Sprichwort: Ausser Spesen nichts gewesen. Denn sein Fahrzeug verlässt die Prüfungshalle auf einem Anhänger. Der Halter darf damit nicht mehr fahren. Und die Ostschweizer Strassen haben ein lärmendes Fahrzeug weniger.
(Alle Bilder: Manuela Bruhin)
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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