logo

Thurgauer Firma muss schliessen

Nach dem Aus von Rüegg-Gallipor sagt Ostschweizer Eierproduzent: «Es kann auch eine Chance sein»

Für die Branche kommt das Aus zwar nicht überraschend, ist aber dennoch bitter: Der Thurgauer Eierproduzent Rüegg-Gallipor ist insolvent. Müssen nun wirklich Tausende Bio-Hühner geschlachtet werden?

Manuela Bruhin am 30. November 2023

«Es ist sehr schade um die Firma. Immerhin ist es ein Familienbetrieb – das schmerzt umso mehr. Über viele Jahre lang haben die Verantwortlichen das Knowhow aufgebaut, und das fällt nun alles weg», sagt Markus Ramser. Seit bald 25 Jahren ist der Ostschweizer im Segment tätig, produziert, verarbeitet und vermarktet selber jährlich etwa fünf Millionen Eier.

Markus Ramser

Markus Ramser. (Bild: PD)

Man kenne sich innerhalb der Branche und wisse, was wo laufe. Deshalb kommt das Aus für den Thurgauer auch nicht überraschend. Was die Nachricht aber nicht weniger bitter macht.

Nachwirkungen von Corona

Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen? Corona wirbelte auch die Eierproduktion gehörig durcheinander. «Das vergangene Jahr war sehr schwierig», fasst Ramser zusammen. Während der Pandemie seien kleine Eier-Produktionsstätten wie Pilze aus dem Boden geschossen. Zudem stieg die Nachfrage nach Eiern rasant an – schliesslich entdeckten viele das Kochen und Backen neu.

Die Kundinnen und Kunden kauften ihre Eier nicht mehr im Grosshandel, sondern auf dem Bauernhof oder im kleineren Betrieb nebenan. Die Direktvermarktung nahm so richtig Fahrt auf – bis sich nach der Pandemie alles wieder normalisierte. Die Folge: Es gab plötzlich Eier im Überfluss. «Auch bei uns ist das die Regel des Marktes», sagt Ramser.

Zu viele Eier

Er habe die Überproduktion kommen sehen und deshalb frühzeitig darauf reagiert. Weil Ramser die Eier aus dem eigenen Betrieb bezieht, kann er selber steuern, wie viele er jeweils produziert. «Vielen kleineren Betrieben ist es aber zum Verhängnis geworden, weil sie sich ‘nur’ auf ihre Verträge mit den Abnehmern berufen – nur, was nützt das, wenn es überall zu viele Eier hat und sie niemand mehr abnehmen kann?», fragt sich Ramser.

Nachdem das Aus von Rüegg-Gallipor bekannt wurde, überschlagen sich nun die Meldungen in den Medien. Tausende Hühner müssten geschlachtet werden, titelt beispielsweise jüngst der «Blick».

Ist dem wirklich so? Bevor es zum Äussersten komme, gäbe es noch viele andere Lösungsansätze, sagt Ramser. «Die Produzenten dürfen nun den Kopf nicht in den Sand stecken. Für sie könnte es auch eine Chance sein, die Eier direkt oder in einer Korporation zu vermarkten», sagt er.

Schwankende Nachfrage durch das Jahr

Dafür müsse man jedoch den Markt kennen und entsprechend längerfristig planen. Bis aus einem Küken eine eierlegende Henne wird, verstreichen einige Monate. Und auch die Nachfrage ist über das Jahr verteilt nicht immer gleich hoch. Jetzt, vor Weihnachten oder vor Ostern, ist der Bedarf um einiges grösser, als es beispielsweise über die Sommermonate der Fall ist.

Ramser glaubt nicht, dass nun wegen des Insolvenzfalls Tausende Hennen geschlachtet werden. Es sei nämlich möglich, die Tiere länger im Betrieb halten zu können als das reguläre Jahr. «Dann müssen jedoch gewisse Massnahmen eingehalten werden. Die Frage ist nur, ob das die Produzenten auch wollen.»

(Bilder: PD)

Einige Highlights

Uzwilerin mit begrenzter Lebenserwartung

Das Schicksal von Beatrice Weiss: «Ohne Selbstschutz kann die Menschheit richtig grässlich sein»

am 11. Mär 2024
Im Gespräch mit Martina Hingis

«…und das als Frau. Und man verdient auch noch Geld damit»

am 19. Jun 2022
Das grosse Gespräch

Bauernpräsident Ritter: «Es gibt sicher auch schöne Journalisten»

am 15. Jun 2024
Eine Analyse zur aktuellen Lage

Die Schweiz am Abgrund? Wie steigende Fixkosten das Haushaltbudget durcheinanderwirbeln

am 04. Apr 2024
DG: DG: Politik

«Die» Wirtschaft gibt es nicht

am 03. Sep 2024
Gastkommentar

Kein Asyl- und Bleiberecht für Kriminelle: Null-Toleranz-Strategie zur Sicherheit der Schweiz

am 18. Jul 2024
Gastkommentar

Falsche Berechnungen zu den AHV-Finanzen: Soll die Abstimmung zum Frauenrentenalter wiederholt werden?

am 15. Aug 2024
Gastkommentar

Grenze schützen – illegale Migration verhindern

am 17. Jul 2024
Sensibilisierung ja, aber…

Nach Entführungsversuchen in der Ostschweiz: Wie Facebook und Eltern die Polizeiarbeit erschweren können

am 05. Jul 2024
Pitbull vs. Malteser

Nach dem tödlichen Übergriff auf einen Pitbull in St.Gallen: Welche Folgen hat die Selbstjustiz?

am 26. Jun 2024
Politik mit Tarnkappe

Sie wollen die angebliche Unterwanderung der Gesellschaft in der Ostschweiz verhindern

am 24. Jun 2024
Paralympische Spiele in Paris Ende August

Para-Rollstuhlfahrerin Catherine Debrunner sagt: «Für ein reiches Land hinkt die Schweiz in vielen Bereichen noch weit hinterher»

am 24. Jun 2024
Politik extrem

Paradox: Mit Gewaltrhetorik für eine humanere Gesellschaft

am 10. Jun 2024
Das grosse Bundesratsinterview zur Schuldenbremse

«Rechtswidrig und teuer»: Bundesrätin Karin Keller-Sutter warnt Parlament vor Verfassungsbruch

am 27. Mai 2024
Eindrucksvolle Ausbildung

Der Gossauer Nicola Damann würde als Gardist für den Papst sein Leben riskieren: «Unser Heiliger Vater schätzt unsere Arbeit sehr»

am 24. Mai 2024
Zahlen am Beispiel Thurgau

Asylchaos im Durchschnittskanton

am 29. Apr 2024
Interview mit dem St.Galler SP-Regierungsrat

Fredy Fässler: «Ja, ich trage einige Geheimnisse mit mir herum»

am 01. Mai 2024
Nach frühem Rücktritt: Wird man zur «lame duck»?

Exklusivinterview mit Regierungsrat Kölliker: «Der Krebs hat mir aufgezeigt, dass die Situation nicht gesund ist»

am 29. Feb 2024
Die Säntis-Vermarktung

Jakob Gülünay: Weshalb die Ostschweiz mehr zusammenarbeiten sollte und ob dereinst Massen von Chinesen auf dem Säntis sind

am 20. Apr 2024
Neues Buch «Nichts gegen eine Million»

Die Ostschweizerin ist einem perfiden Online-Betrug zum Opfer gefallen – und verlor dabei fast eine Million Franken

am 08. Apr 2024
Gastkommentar

Weltweite Zunahme der Christenverfolgung

am 29. Mär 2024
Aktionswoche bis 17. März

Michel Sutter war abhängig und kriminell: «Ich wollte ein netter Einbrecher sein und klaute nie aus Privathäusern»

am 12. Mär 2024
Teuerung und Armut

Familienvater in Geldnot: «Wir können einige Tage fasten, doch die Angst vor offenen Rechnungen ist am schlimmsten»

am 24. Feb 2024
Naomi Eigenmann

Sexueller Missbrauch: Wie diese Rheintalerin ihr Erlebtes verarbeitet und anderen Opfern helfen will

am 02. Dez 2023
Best of 2023 | Meine Person des Jahres

Die heilige Franziska?

am 26. Dez 2023
Treffen mit Publizist Konrad Hummler

«Das Verschwinden des ‘Nebelspalters’ wäre für einige Journalisten das Schönste, was passieren könnte»

am 14. Sep 2023
Neurofeedback-Therapeutin Anja Hussong

«Eine Hirnhälfte in den Händen zu halten, ist ein sehr besonderes Gefühl»

am 03. Nov 2023
Die 20-jährige Alina Granwehr

Die Spitze im Visier - Wird diese Tennisspielerin dereinst so erfolgreich wie Martina Hingis?

am 05. Okt 2023
Podcast mit Stephanie Stadelmann

«Es ging lange, bis ich das Lachen wieder gefunden habe»

am 22. Dez 2022
Playboy-Model Salomé Lüthy

«Mein Freund steht zu 100% hinter mir»

am 09. Nov 2022
Neue Formen des Zusammenlebens

Architektin Regula Geisser: «Der Mensch wäre eigentlich für Mehrfamilienhäuser geschaffen»

am 01. Jan 2024
Podcast mit Marco Schwinger

Der Kampf zurück ins Leben

am 14. Nov 2022
Hanspeter Krüsi im Podcast

«In meinem Beruf gibt es leider nicht viele freudige Ereignisse»

am 12. Okt 2022
Stölzle /  Brányik
Autor/in
Manuela Bruhin

Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».

Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.