Markus Ramser. (Bild: PD)
Für die Branche kommt das Aus zwar nicht überraschend, ist aber dennoch bitter: Der Thurgauer Eierproduzent Rüegg-Gallipor ist insolvent. Müssen nun wirklich Tausende Bio-Hühner geschlachtet werden?
«Es ist sehr schade um die Firma. Immerhin ist es ein Familienbetrieb – das schmerzt umso mehr. Über viele Jahre lang haben die Verantwortlichen das Knowhow aufgebaut, und das fällt nun alles weg», sagt Markus Ramser. Seit bald 25 Jahren ist der Ostschweizer im Segment tätig, produziert, verarbeitet und vermarktet selber jährlich etwa fünf Millionen Eier.
Markus Ramser. (Bild: PD)
Man kenne sich innerhalb der Branche und wisse, was wo laufe. Deshalb kommt das Aus für den Thurgauer auch nicht überraschend. Was die Nachricht aber nicht weniger bitter macht.
Nachwirkungen von Corona
Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen? Corona wirbelte auch die Eierproduktion gehörig durcheinander. «Das vergangene Jahr war sehr schwierig», fasst Ramser zusammen. Während der Pandemie seien kleine Eier-Produktionsstätten wie Pilze aus dem Boden geschossen. Zudem stieg die Nachfrage nach Eiern rasant an – schliesslich entdeckten viele das Kochen und Backen neu.
Die Kundinnen und Kunden kauften ihre Eier nicht mehr im Grosshandel, sondern auf dem Bauernhof oder im kleineren Betrieb nebenan. Die Direktvermarktung nahm so richtig Fahrt auf – bis sich nach der Pandemie alles wieder normalisierte. Die Folge: Es gab plötzlich Eier im Überfluss. «Auch bei uns ist das die Regel des Marktes», sagt Ramser.
Zu viele Eier
Er habe die Überproduktion kommen sehen und deshalb frühzeitig darauf reagiert. Weil Ramser die Eier aus dem eigenen Betrieb bezieht, kann er selber steuern, wie viele er jeweils produziert. «Vielen kleineren Betrieben ist es aber zum Verhängnis geworden, weil sie sich ‘nur’ auf ihre Verträge mit den Abnehmern berufen – nur, was nützt das, wenn es überall zu viele Eier hat und sie niemand mehr abnehmen kann?», fragt sich Ramser.
Nachdem das Aus von Rüegg-Gallipor bekannt wurde, überschlagen sich nun die Meldungen in den Medien. Tausende Hühner müssten geschlachtet werden, titelt beispielsweise jüngst der «Blick».
Ist dem wirklich so? Bevor es zum Äussersten komme, gäbe es noch viele andere Lösungsansätze, sagt Ramser. «Die Produzenten dürfen nun den Kopf nicht in den Sand stecken. Für sie könnte es auch eine Chance sein, die Eier direkt oder in einer Korporation zu vermarkten», sagt er.
Schwankende Nachfrage durch das Jahr
Dafür müsse man jedoch den Markt kennen und entsprechend längerfristig planen. Bis aus einem Küken eine eierlegende Henne wird, verstreichen einige Monate. Und auch die Nachfrage ist über das Jahr verteilt nicht immer gleich hoch. Jetzt, vor Weihnachten oder vor Ostern, ist der Bedarf um einiges grösser, als es beispielsweise über die Sommermonate der Fall ist.
Ramser glaubt nicht, dass nun wegen des Insolvenzfalls Tausende Hennen geschlachtet werden. Es sei nämlich möglich, die Tiere länger im Betrieb halten zu können als das reguläre Jahr. «Dann müssen jedoch gewisse Massnahmen eingehalten werden. Die Frage ist nur, ob das die Produzenten auch wollen.»
(Bilder: PD)
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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