In einem kritischen Beitrag nimmt unser Gastautor Stellung zu einem Interview der «Ostschweiz» mit HSG-Wirtschaftsethiker Thomas Beschorner und hinterfragt die Rolle der Medien, der Wissenschaft und der Ethik in Zeiten von Corona, Migration und Extremismus.
In einem «Die Ostschweiz»-Interview am 24. Januar erklärt HSG-Wirtschaftsethiker Thomas Beschorner, dass Deutschland gerade zeige, was eine wehrhafte Demokratie sei. Als Teilnehmer an einer Grossdemo in Berlin gegen rechts hat er offenbar erkannt, welche Gefahren von Rechtsextremismus und AfD ausgehen.
Leider wird in diesem Interview der aktuelle wirtschaftliche und gesellschaftliche Zustand in Deutschland mit keinem Wort erwähnt! Dazu die Titelstory von «20 Minuten» in der gedruckten Ausgabe vom 30. Januar 2024: «Taumelnder Riese: Industrienation Deutschland geht vor die Hunde». Als Symptome werden angegeben «Die Gesellschaft verarmt», «Immer mehr Obdachlose», «Die Leute werden dicker», «Dramatisches Schulniveau», «Es wird immer gewalttätiger», «Ghettoisierung nimmt zu», «Infrastruktur als Zeitbombe».
All dies wird von niemandem bestritten. Da hätte man doch Herrn Beschorner über die möglichen Gründe dazu befragen müssen, und wer seiner Meinung nach dafür verantwortlich ist. Sind es die Anhänger der AfD oder gar die offenbar schon überall lauernden Nazis? Ist nicht vor allem der unsägliche Leistungsausweis der Ampelregierung die Hauptursache, dass im Haushalt der einstigen Wirtschaftsmacht ein tiefes Loch klafft und gleichzeitig Milliarden von Euro für Projekte ins Ausland fliessen?
Und auch nichts zu erfahren ist über die Tausenden von Bauern, Unternehmern, Mittelständlern und Handwerkern an Demonstrationen auf den Strassen in vielen Städten, über den Kanzler, der überall Pfiffe erntet, den Wirtschaftsminister, der im legitimen Protest einen Umsturzversuch sieht.
Das Vertrauen in Staat und Medien in Deutschland Ende 2023
Drei kürzlich durchgeführte Umfragen in Deutschland: Der «Freiheitsindex» vom Allensbach-Institut wird seit 1953 jährlich erhoben. 1971 äusserten sich 83 Prozent positiv zur Frage nach dem Recht auf freie Meinungsäusserung. Nun erreichte er mit 40 Prozent einen historischen Tiefpunkt. Die Frage «Haben Sie das Gefühl, dass man heute in Deutschland seine politische Meinung frei sagen kann, oder ist es besser, vorsichtig zu sein?» beantworteten 44 Prozent mit «besser vorsichtig sein».
Die gleichzeitig durchgeführte INSA-Umfrage zeichnet ein noch düstereres Bild: Die Frage «Inwieweit haben Sie das Gefühl, dass Sie Ihre politische Meinung (in der Öffentlichkeit) nicht äussern können?» beantworteten 23 Prozent mit «häufig» und 35 Prozent mit «gelegentlich». Was ist da geschehen in einem sogenannten Musterland der Demokratie?
Laut «Sicherheitsreport 2024» (repräsentative Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach) geht auch das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung stark zurück. Nur noch 61 Prozent der Deutschen fühlen sich sicher in ihrem Land. Vor zwei Jahren lag dieser Anteil noch bei 76 Prozent. Über 80 Prozent der Bundesbürger haben wenig oder kein Vertrauen in die Migrationspolitik der Bundesregierung und empfinden Islamisten, Clans und Rechtsextremisten als grosse Bedrohung.
Wissenschaft und Ethik im Jahr 2021 in der Schweiz
Dem Interview mit Wissenschaftler und Wirtschaftsethiker Beschorner ist auch zu entnehmen, dass ihm eine freiheitlich-demokratische Grundordnung und die Freiheit des Einzelnen sehr am Herzen liegen. In «Zeit Online» vom 23. Juli 2021 ist von Herrn Beschorner unter dem Titel «Eine Diskriminierung von Ungeimpften ist ethisch gerechtfertigt» unter anderem Folgendes zu lesen:
«Um die Impfquote zu erhöhen, ist eine indirekte und sogar direkte Impfpflicht im Gespräch. Aus ethischer Sicht spricht wenig gegen beide Varianten. Eine Impfpflicht wird als angemessen angesehen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind: Erstens schädigt sich die geimpfte Person nicht unverhältnismässig selbst. Impfungen reduzieren zweitens nicht nur die Wahrscheinlichkeit, selbst zu erkranken, sondern auch substanziell die Ansteckung Dritter. Impfungen weisen drittens im Vergleich zu anderen Massnahmen das beste Nutzen-Schaden-Verhältnis auf.» Sein klares Fazit: «Die wissenschaftliche Evidenz zu diesen drei Bedingungen ist deutlich.»
Der Blick in den «Blick»
Dies zur «ethischen Haltung» eines Professors für Wirtschaftsethik und Direktors des Instituts für Wirtschaftsethik der Universität St.Gallen. Dazu in Kürze der «Blick» vom 30. Januar: «Der Jahresbericht der parlamentarischen Aufsichtskommission zeigt, dass seit Beginn der Corona-Pandemie mehr Impfdosen entsorgt als verimpft worden sind. Bisher landeten 18,6 Millionen abgelaufene Dosen in der Tonne, 17 Millionen Dosen wurden verbraucht». Über die menschliche Tragödie der vielen Impfgeschädigten möchte ich an dieser Stelle nicht nochmals näher eingehen.
Seit vier Jahren erlebe ich vermehrt Momente, bei denen ich zuerst nicht sicher bin, ob sie zum Lachen oder Weinen sind. Als Beispiel dient die letzte Frage im «Die Ostschweiz»-Interview zum Stichwort Verunsicherung: «Welchen Kompass empfehlen Sie Leuten, die sich orientierungslos fühlen?» Herr Beschorners Rat: «Ein Blick in die Verfassung kann nie schaden!».
Seien wir achtsam
Dem ist nur noch beizufügen: Seien wir achtsam, dass die deutschen Verhältnisse sich nicht noch mehr auch in der Schweiz ausbreiten. Denn auch hierzulande werden alle kritischen Stimmen, egal zu welchem Thema, von den «Staatsmedien» dem unappetitlichen rechtsextremen Lager zugeordnet.
Solchen Ignoranten hätte der österreichische Dichter und Schriftsteller Ernst Jandl zu Lebzeiten wohl geantwortet: «Manche meinen, Lechts und Rinks kann man nicht velwechsern, werch ein Illtum!»Oder der 1978 verstorbene italienische Schriftsteller und Sozialist Ignazio Silone: «Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: ‹Ich bin der Faschismus.› Nein, er wird sagen: ‹Ich bin der Antifaschismus.›»
Alain Vannod (*1957) ist seit deren Entstehung in der Schweizer Graswurzle-Bewegung aktiv. Unterstützer diverser unabhängiger neuer Medien. Mitarbeit als Korrektor bei der Zeitschrift «Die Freien». Vor der Pensionierung als Typograf/Korrektor und Fachmann im Bereich Betreuung tätig. Er lebt in St. Gallen.
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