«Heimat», die Schweizer Zigarettenmarke made in Ostschweiz, macht immer wieder Schlagzeilen. Der neueste Wurf ist «Hanf pur». Aufsehen erregt dieser aber auch wegen seines Filters. Der ist zu 100 Prozent abbaubar in der Natur - im Gegensatz zu üblichen Zigarettenfiltern.
Zigarettenfilter sind ein Ärgernis. Viele werfen sie achtlos auf die Strasse statt in den nächsten öffentlichen Aschenbecher. Und sie sind eine Gefahr. Zum Beispiel, wenn sie in einem Gewässer landen, wo schon ein einziger Zigarettenstummel pro Liter Wasser ausreicht, um die Hälfe der darin schwimmenden Fische zu töten, wie Untersuchungen gezeigt haben.
Angesichts von geschätzten 4,5 Billionen Kippen, die jedes Jahr auf der Strasse oder in der Natur landen, ist das ein Problem. Seit 2017 gelten laut der Weltgesundheitsorganisation WHO Zigarettenstummel als Sondermüll. Denn das, was wir sehen, ist nur die Hälfte: Der Filter ist mit Chemikalien durchsetzt, und er besteht in aller Regel aus Kunststoff, der biologisch nicht abbaubar ist.
Dabei gäbe es durchaus Alternativen. Rund um die Welt tüfteln viele Unternehmen an umweltfreundlicheren Filtern. Die Tabakmultis zeigen sich höflich interessiert, reagieren aber nicht. Die oft gehörte Begründung: Man sei unsicher, ob die Kundschaft andere Filter akzeptiere.
Der Steinacher Zigarettenhersteller Koch & Gsell AG, der mit seiner Marke «Heimat» in der Schweiz bereits so etwas wie Kultstatus erreicht hat, lässt sich von solchen Bedenken nicht beirren, sondern macht einfach. Und sorgt so mit seiner «einzigen echten Schweizer Zigarette» (Eigenwerbung) wieder mal für Schlagzeilen - dieses Mal mit einem neuartigen Filter.
«Bei unseren neuen Filtern handelt es sich tatsächlich um eine kleine Sensation», sagt Björn Koch, Leiter Marketing bei der Koch & Gsell AG. Da herkömmliche Filter nicht biologisch abbaubare Kunststoffe enthalten, seien diese eine starke Belastung für die Umwelt. «Es verhält sich in etwa so wie mit weggeworfenen Plastiksäcken, die ebenfalls zunehmend auf Kritik stossen», so Koch, «und beim Zigarettenfilter gab es bislang keine Alternative.»
Zusammen mit dem deutschen Unternehmen McAirlaid's entwickelten die Steinacher den neuen Filter. McAirlaid's ist ein führender Anbieter für Vliesstoffe und Spezialist für Absorption. Das Ergebnis ist ein Filtermaterial, das zu 100 Prozent aus Zellulose besteht, einem nachwachsenden Rohstoff, der vollständig kompostierbar ist. Koch: «In der Natur löst er sich innerhalb von Wochen auf.» Das sei von einem unabhängigen Prüf- und Zertifizierungsinstitut untersucht und bestätigt worden.
Erstmals zum Einsatz kommt der Filter in der neu lancierten «Heimat Hanf Pur». Man plane aber, die Filter in naher Zukunft bei allen Produkten einzuführen. Bislang sind auch keine Stimmen aus Raucherkreisen zu hören, die am neuen Filter etwas zu bemängeln haben. Der Verdacht liegt nahe, dass sich die grossen Tabakkonzerne hinter diesem Argument verschanzen, um nicht auf eine völlig neue Lösung umschwenken zu müssen.
Übrigens: Der umweltfreundliche Filter ist nicht als Aufforderung zum achtlosen Wegwerfen des Stummels gedacht. Auf der Strasse macht sich auch der grellgelbe Filter von «Heimat» nicht besonders gut.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.