Auf dem Podium: Andreas Thiel, Marianne Binder-Keller, Alain Pichard und Giuseppe Gracia. Es fehlt auf dem Bild: Tamara Wernli.
Fragen kann man ihn alles – wenn man die Antwort nicht scheut. Andreas Thiel wirbelt mit seinen Aussagen die Schweizer Politlandschaft und unsere Gesellschaft mächtig durcheinander. Ein Gespräch über Frisuren und Satire.
Am 22. Oktober veranstaltet «Die Ostschweiz» ein Podiumsgespräch zum Thema Meinungsfreiheit. Mit dabei: Der Politsatiriker Andreas Thiel und der Buchautor Giuseppe Gracia. Letzterer erklärt in der Videovorschau, was der Abend beinhaltet.
Andreas Thiel, sprechen wir zuerst vom auffälligsten Teil. Wie kam es zu dieser haarigen Veränderung? Satire ist doch eigentlich eine feinfühlige Angelegenheit. Wieso suchen Sie die Aufmerksamkeit mit einer knallig pinken Frisur?
Meine Frisur? Was soll damit sein? Die ist fröhlich und lebensbejahend. Fragen Sie lieber mal all diese Banker, wieso die versuchen, mit ihren asphaltgrauen Scheitelfrisuren auf der Strasse nicht aufzufallen.
Aber es braucht doch Mut, mit einem pinken Iro durch die Strasse zu gehen.
Mut? Im Gegenteil. Es braucht Unmut, mit einem grauen Kurzhaarschnitt seine Mitmenschen zu langweilen.
Wechseln wir das Thema. Sei haben ursprünglich eine Lehre als Bauzeichner absolviert. Wie wurden Sie zum Satiriker?
Ungefähr aus der gleichen Motivation heraus, wie ich beim Dalai Lama geklingelt habe und dann davongerannt bin. Ich habe nach der Lehre die Schauspielschule besucht, anschliessend in Christof Stählins Akademie für Poesie und Musik schreiben gelernt und bin dann irgendwie in dieses Genre reingerutscht.
Satire soll Missstände aufzeigen. Wo liegen für Sie persönlich die Grenzen dieser Unterhaltungsform?
Lüge, Verrat und Gier.
Eine Behauptung: Satire verursacht viel eher Konflikte, als dass sie dazu hilft, etwas Neues aufzubauen.
Kriege werden wegen Geld und Macht geführt, nicht wegen missverstandenen Pointen.
Eine weitere Behauptung: Wer ganz unten ist, wird über Satire nicht lachen können.
Je schlechter es einem Volk geht, desto humorvoller ist es. Humor ist eine Strategie, das Unerträgliche zu ertragen.
Worüber lachen der Schweizer, die Schweizerin im Allgemeinen gar nicht gerne?
Hier bei uns gibt es nur ein Tabu: Geld. Es ist dummerweise das einzige Thema, das die Sozialdemokraten haben. Sie wollen immer mehr Geld. Und da wir über Geld nicht gerne reden, sagt man sehr schnell: Na gut, hier habt ihr das Geld – aber reden wir nicht mehr darüber.
Laut Wikipedia sind Sie ein «rechtsbürgerlicher Komiker». Der Begriff würde sich gut auf einer Visitenkarte machen.
Johann Schneider-Ammann ist ein rechtsbürgerlicher Komiker.
Und Sie?
Ich bin liberaler als das Liberale Institut.
Und lustiger als ...?
Johann Schneider-Ammann.
Podium «Die Ostschweiz»:
Thiel und Gracia über Meinungsfreiheit
In Westeuropa ist die Meinungsfreiheit in Gefahr. Nicht durch Gesetze, sondern durch selbsternannte Moralapostel und Gesellschaftsverbesser, die alles ausblenden wollen, was nicht ihren eigenen Vorstellungen entspricht.
Das ist, stark verkürzt, eine These aus dem neuen Buch des St.Galler Autors Giuseppe Gracia, «Das therapeutische Kalifat». Dort sagt er auch, dass man mit beruflichen und gesellschaftlichen Sanktionen rechnen muss, wenn man «kein politisch korrektes Gesicht an den Tag legt.»
Das Buch ist der Ausgangspunkt eines öffentlichen Anlasses, an dem vier Persönlichkeiten über diese und andere Thesen diskutieren. Er findet statt am Montag, 22. Oktober um 19 Uhr im Pfalzkeller in St.Gallen. Der Eintritt ist frei, Türöffnung ist um 18.30 Uhr. Aktuelle Informationen gibt es fortlaufend auf der Veranstaltungsseite auf Facebook.
Es diskutieren: Der Satiriker und Kolumnist Andreas Thiel, die Aargauer CVP-Grossrätin Marianne Binder-Keller, die Journalistin Tamara Wernli, der Publizist und Lehrer Alain Pichard und der Buchautor Giuseppe Gracia. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie sich schon in der Vergangenheit aktiv zum Thema geäussert haben. Damit dürfte ein spannender Abend zu einer aktuellen Frage garantiert sein.
Auf dem Podium: Andreas Thiel, Marianne Binder-Keller, Alain Pichard und Giuseppe Gracia. Es fehlt auf dem Bild: Tamara Wernli.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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