Die Neugestaltung des Wiler Bahnhofplatzes hat auch eine Verschiebung der Taxistandplätze zur Folge. Für verschiedene Personen führt dies laut einer Stadtparlamentarierin zu erheblichen Problemen. Insbesondere auch Frauen seien einer Gefahr ausgesetzt.
GLP-Stadtparlamentarierin Erika Häusermann ist überzeugt: «Die Neugestaltung des Bahnhofplatzes Wil mit der Verschiebung der Taxistände um 100 Meter nach Westen bringt nicht nur Probleme für Passagiere mit schwerem Gepäck, ältere Reisende und behinderte Menschen mit sich. Spät nachts den ganzen Bahnhofplatz bis ans westliche Ende zu Fuss zurückzulegen, wird künftig auch für Frauen aller Altersklassen zur Herausforderung werden.»
Der Bahnhof sei der Ort in Wil, wo die Menschen und insbesondere Frauen ein mulmiges Gefühl hätten oder sich bedroht fühlen, wenn sie nachts zu Fuss unterwegs sind.
Die Kundenumfragen der SBB würden zeigen, dass die Szenenbildung am Bahnhof Wil als Problem wahrgenommen werde. Bei der Gesamtzufriedenheit erziele der Bahnhof in Wil, im Vergleich zu anderen Bahnhöfen, ein schlechtes Ergebnis.
Noch deutlicher sind die Ergebnisse bei einer Befragung, welche die Stadt Wil selbst durchgeführt hat. 63 Prozent gaben an, den Bahnhof nachts als «eher unsicher» zu empfinden.
Auch im Stadtparlament wurde mehrmals die Sicherheit am Bahnhof debattiert. Im Rahmen des Projekts «Bahnhof-Patenschaft» erhofft man sich eine gewisse Gewaltprävention.
Das geht Erika Häusermann allerdings zu wenig weit. Kürzlich wurde sie gemäss eigenen Angaben von einer Wiler Taxifahrerin kontaktiert, welche einen Frauentaxibetrieb gründen möchte, weil sie ein Bedürfnis und eine Nachfrage am Bahnhof Wil erkannt habe. «Der Weg für eine Taxibewilligung ist lang und steinig, alle A-Bewilligungen sind vergeben und in Männerhänden. Es kann Jahre dauern, bis eine A-Bewilligung frei wird. Ich habe ihr versprochen eine Anfrage an den Stadtrat zu stellen, weil ich ihre Idee unterstützenswert finde», erklärt Häusermann.
Und sie belässt es nicht nur bei dem Versprechen, sondern hat auch gleich gehandelt und die erwähnte Anfrage deponiert.
Darin bittet sie den Stadtrat unter anderem um die Beantwortung der folgenden Frage: «Ist der Stadtrat bereit, im Westen und im Osten des neuen Bahnhofplatzes Taxistandplätze einzurichten, damit Frauen nachts nicht den ganzen Bahnhofplatz bis ans westliche Ende überqueren müssen, um ein Taxi zu finden?»
Weiter bestünden in Wil ein Bedürfnis und eine Nachfrage für ein Frauentaxi am Bahnhof. Damit ist ein Taxi für alle gemeint, das von einer Frau betrieben und gefahren wird. Der Mangel an Taxifahrerinnen ist gemäss Erika Häusermann offensichtlich und hänge auch mit den Arbeitszeiten zusammen.
«Frauen haben meist noch andere Verpflichtungen und sind deshalb kaum bereit, 12-Stunden-Schichten zu leisten. Frauentaxibetriebe kennen das Problem und lassen Fahrerinnen in kürzeren Schichten Teilzeit fahren», so die Politikerin. Entsprechend will sie vom Stadtrat wissen, ob auch er die Meinung vertrete, dass ein Frauentaxibetrieb für die Stadt Wil eine gute Sache wäre.
Allerdings spielt auch der Zeitfaktor mit. Denn: Gemäss Taxireglement beträgt die Vergabeperiode für A-Bewilligungen fünf Jahre. «Wenn weibliche Taxifahrerinnen eine solche Bewilligung möchten, müssen sie unter Umständen jahrzehntelang warten, bis sie eine A-Bewilligung erhalten, und sind abhängig von Taxifahrern, die ihre Bewilligung zurückgeben», so Häusermann. In diesem Zusammenhang stellt sie dem Stadtrat folgende Fragen:
«Was unternimmt der Stadtrat, damit künftig auch Frauen eine Chance bekommen, ein A-Taxi zu führen und Passagiere die Wahl haben, zu wem sie ins Taxi steigen wollen?»
«Ist der Stadtrat bereit, ein Gesuch für eine A-Bewilligung zu unterstützen, damit ein Frauentaxi realisiert werden kann?»
Ist der Stadtrat bereit, bei der Vergabe der Taxibewilligungen darauf zu achten, dass künftig mehr Frauen eine A-Bewilligung erhalten, damit die Passagiere eine Auswahl haben?»
Nun heisst es abzuwarten, bis der Stadtrat die entsprechenden Antworten auf die Anfrage liefert. Ganz sicher wird dieses Thema in nächster Zeit aber noch zu reden geben.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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