logo

Erhebung des Konsumentenschutzes

Transparenz vs. Missverständnisse: Ein Gespräch über dynamische Preise im Toggenburger Skitourismus

Dynamische Preise wurden vom Konsumentenschutz kritisiert. Die Toggenburger Bergbahnen AG haben sich für das System entschieden. Weshalb die Medien eine entscheidende Rolle bei der Wahrnehmung spielen, erklärt der Marketingverantwortliche Alex Singenberger.

Manuela Bruhin am 31. März 2024

Alex Singenberger, dynamische Preise in Skigebieten ärgern viele Konsumentinnen und Konsumenten. Welche Erfahrungen haben Sie bisher gemacht?

In vielen Gebieten in der Schweiz wurde in der Vergangenheit und auch noch heute auf Massen gesetzt. Wir sind im Chäserrugg Gebiet der Ansicht, dass die Qualität des Erlebnisses im Vordergrund stehen sollte. Damit das Erlebnis an Qualität gewinnt, muss die realisierte Nachfrage, oder anders gesagt, die Anzahl Skifahrer, welche sich im Gebiet befinden, gewichtet werden. Das war einer der Gründe, wieso wir uns für ein Nachfrage basiertes Pricing entschieden haben.

Welche Folgen hatte das für die Gäste?

Dass sie für einen günstigen Preis ihr Buchungsverhalten verändern müssen. Jedoch ist auch die Berichterstattung der Medien sehr fragwürdig. Man spricht nur von den einzelnen Tagen, wo die Ticketpreise hoch sind. Jedoch wird nie über die Tage berichtet, an welchen die Preise deutlich unter den früheren statischen Preisen liegen.

Wir stellen fest, dass bei vielen Gebieten mit statischen Preisen die Tageskartenpreise von Jahr zu Jahr steigen. Das bedeutet, dass es für gewisse Gästesegmente irgendwann nicht mehr möglich ist, diese Preise zu bezahlen.

Dynamische Preise sind also die bessere Variante?

Das machfragebasierte Pricing bietet eine Option, auch in Zukunft noch Tickets zu verschiedenen Preispunkten anzubieten. Klar muss sich dazu das Kaufverhalten der Gäste verändern, aber das kennen die meisten Gäste ja bereits von den Hotels, Ferienwohnungen, im ÖV oder auch aus anderen Bereichen. Wer früher bucht oder an weniger ausgelasteten Tagen kommt, kann Tickets zu sehr attraktiven Preisen erwerben.

Einige haben den Eindruck, dass die Preise genau dann am höchsten sind, wenn man auf die Piste will. Der Konsumentenschutz bestätigt nun, dass Skipässe wirklich an den Wochenenden und während der Schulsportferien am teuersten sind.

Wie bereits erwähnt, sind die Preise Nachfrage-basiert. Ausserdem gibt es einen Frühbucherrabatt auf die Tickets. Wenn Sie beispielsweise am 22. März 2024 ein Ticket für den Ostersonntag, 31. März 2024 kaufen, bezahlen Sie aktuell 53 Franken. Somit wäre es falsch, zu sagen, dass die Preise am Wochenende immer am teuersten sind. Wenn das Wetter und der Schnee stimmen, steigt die Nachfrage. Steigt die Nachfrage wiederum, zieht auch der Preis der Tickets an, damit die Gäste auch an diesen Tagen ein schönes Erlebnis haben – weil das Gebiet so nicht von Massen überflutet wird.

Weiter wird kritisiert, dass die Skipässe sehr intransparent sind. Verstehen Sie, dass dieser Eindruck entstehen kann?

Eigentlich verstehen wir diesen Eindruck nicht. Wenn Sie am Morgen ins Auto steigen, in ein Gebiet fahren und dann an der Kasse nachsehen, was die Tageskarte kostet, könnte es sein, dass Sie überrascht sind. Jedoch haben Sie täglich die Möglichkeit, zu sehen, wie sich die Preise entwickeln. Sie können jederzeit transparent die Preise der Tickets auf unserer Website nachschauen. Auch ist klar, dass die Preise nicht mehr günstiger werden. Somit hat der Gast die Sicherheit: Wenn er heute bucht, erhält er den besten Preis.

Wie kann dann der Eindruck der Intransparenz entstehen?

Aufgrund der emotionalen und nicht sachlichen Berichterstattung der Medien. Viele Gäste haben den Eindruck, dass die Preise beim «Dynamic Pricing» plötzlich wieder günstiger werden sollten. Dies ist aber nicht der Fall. Sie starten günstig und steigen anschliessend je nach Nachfrage. Somit hat der Gast die Sicherheit, dass wenn er heute bucht, er den besten Preis bekommen hat – günstiger wird es nicht mehr.

Welche Rückmeldungen erhalten Sie denn von den Kundinnen und Kunden?

Die Gäste im Chäserrugg Gebiet schätzen, dass die Pisten nicht von Massen überfüllt werden und sind bereit, dafür einen korrekten Preis zu bezahlen. Ebenfalls schätzen es viele Gäste, welche bereits im Sommer das Hotel für den Winter buchen, sie das Ticket zu sehr attraktiven Preisen gleich mitbuchen können.

Der Konsumentenschutz kritisiert, dass fünf der neun beobachteten Skigebiete keine Maximalpreise bekannt gibt. Sie gehören dazu. Die Skigebiete würden die Verantwortung für die Maximalpreise an die Algorithmen der Dynamic Pricing Systeme abschieben, lautet der Vorwurf. Ich zitiere: «Sie tun so, als hätten sie keine Macht über die «künstliche Intelligenz», obwohl es ein Leichtes wäre, sich für einen Maximalpreis zu entscheiden und diesen dem Preismodell vorzugeben. Die Skigebiete entscheiden sich bewusst dafür, dass die Preise maximal in die Höhe getrieben werden können und geben dann ihrem eigenen Pricing System die Schuld. Eine ziemlich dreiste Argumentation.» Was sagen Sie dazu?

Wie gesagt, beim Dynamic Pricing ist es so, dass der Preis «heute» der Beste ist. Steigt die Nachfrage für ein Datum und rückt dieser Tag näher, zieht auch der Preis an. Ich verstehe nicht ganz, weshalb jemand den Maximalpreis für etwas haben muss, wenn er weiss: Je später er oder sie es kauft, es umso teurer sein wird. Aber auch hier, die Medien haben soviel emotionale Verwirrung um das Dynamic Pricing gestiftet, dass die einfachen Punkte wie «der Preis ist heute am günstigsten» gar nie angekommen sind. Wenn Sie sich heute entscheiden, morgen einen Skitag zu machen, wieso buchen Sie das Ticket nicht heute? Es bringt Ihnen nur Vorteile; Sie haben einen besseren Preis und müssen nicht mehr an der Kasse in die Schlange stehen.

Zudem muss noch etwas überlegt sein: Welches ist der maximale Preis für ein Hotelzimmer? Welcher für einen Flug? Wie sieht der Strompreis im Februar 2025 aus? Wie hoch wird der Dieselpreis im Februar 2025 sein? In der heutigen Zeit sind viele Umstände sehr dynamisch geworden und es passieren schnelle Veränderungen. Darauf sollte auch ein Skigebiet reagieren dürfen.

Nach der Kritik: Überwiegen für Sie dennoch die Vorteile der dynamischen Preismodelle?

Das dynamische Preismodell braucht weiterhin sachliche Informationen, welche an die Konsumentinnen und Konsumenten getragen werden. Wir sind davon überzeugt, dass es die beste Lösung ist, verschiedene Preispunkte bei den Tickets anzubieten, damit Skifahren auch in Zukunft für verschiedene Kundensegmente erschwinglich bleibt.

(Bild: Depositphotos/PD)

Stölzle /  Brányik
Autor/in
Manuela Bruhin

Manuela Bruhin (*1984) aus Waldkirch ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».

Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.