Ruedi Blumer, Alt-Kantonsrat SG, VCS-Präsident Schweiz.
Künftig sollen sich die Parkgebühren für SUV in Paris verdreifachen. Die konsultative Abstimmung von Bürgermeisterin Anne Hidalgo hat internationale Aufmerksamkeit erregt. Sind ähnliche Szenarien auch in der Ostschweiz denkbar?
18 Euro in der Stunde sollen auswärtige Geländewagenfahrer künftig in der französischen Hauptstadt für einen Parkplatz bezahlen. Immerhin 12 Euro sind es in der Banlieue.
Somit verdreifachen sich die Parkgebühren für alle Besitzer, deren Auto über 1.6 Tonnen wiegt. Dieser Schritt soll ein Signal an die Automobilhersteller sein, weil sie immer schwerere, teurere und vor allem schmutzigere Autos bauten, sagt die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo (im Bild).
Philipp Gemperle
Auch in der Ostschweiz möchte man in Sachen Klimapolitik vorwärts machen. Wären also ebenfalls teurere Parkplätze für SUV denkbar?
Darüber kann Philipp Gemperle, FDP-Stadtrat in Romanshorn und Mitglied der Parteileitung FDP Thurgau, nur den Kopf schütteln. «Das ist eine Schnapsidee», sagt er. «Wenn der Staat versucht, die Menschen zu erziehen, geht der Schuss immer nach hinten los.» Freiheit und Eigenverantwortung seien das Erfolgsrezept der Schweiz. «Kommt dazu: SUV sind nicht per se ‘böse’.»
Ganz anders sieht es Ruedi Blumer, Präsident VCS Schweiz und Sektion St.Gallen-Appenzell. Er freue sich über diesen sinnvollen und verantwortungsvollen Schritt der Stadt Paris.
Ruedi Blumer, Alt-Kantonsrat SG, VCS-Präsident Schweiz.
«Nun lässt sich die Millionenmetropole Paris nicht eins zu eins mit der beschaulich-konservativen Ostschweiz vergleichen.» Die Parkplatzbewirtschaftung sei jedoch auch hier ein wichtiges Thema – aus raumplanerischer, ökonomischer sowie sicherheits- und umweltpolitischer Perspektive.
Aus Sicht des VCS müssten öffentliche und öffentlich zugängliche Parkplätze grundsätzlich bewirtschaftet werden. «So wie der VCS Gratis-öV ablehnt, lehnt er auch Gratis-Parkplätze ab», so Blumer.
Das Privatauto sei das flächenineffizienteste Fortbewegungsmittel und brauche beim Stehen und Fahren unverhältnismässig viel Platz. «Dieses Missverhältnis im Vergleich zu den flächeneffizienten Varianten Fuss, Velo und öV verstärkt sich dadurch, dass in neun von zehn Autos nur eine Person sitzt, und die Fahrzeuge vor allem in der wohlhabenden Schweiz immer schwerer, breiter und leistungsstärker werden», sagt Blumer weiter.
Erhöhung der Gebühren
Derweil sei in Städten und dicht besiedelten Agglomerationen der Platz ein immer kostbareres Gut, weshalb es naheliegend sei, flächenineffiziente Verkehrsmittel zu reduzieren und optimieren. Blumer nennt als Möglichkeiten hierzu die Erhöhung der Parkgebühren, die Aufhebung von Parkplätzen und Fahrspuren, das Fördern von Carpooling und Carsharing, den Ausbau der Veloinfrastruktur und des öV-Angebotes.
Mit einer Verdreifachung des heute üblichen Tarifs von zwei Franken pro Stunde käme die Stadt St.Gallen auf die bisher in Paris gültigen sechs Franken in der Stunde. «Wie in Paris könnte man die Erhöhung auf Fahrzeuge, die schwerer sind als 1600 Kilo, und deren Besitzer nicht in der Stadt wohnen, beschränken, weil es ja insbesondere um die Zugpendler im SUV geht», sagt Blumer.
Weit dringender als eine Erhöhung der Parkgebühren in der Stadt ist in seinen Augen jedoch, dass auch in Agglomerationsgemeinden und bei Parkplätzen in Skigebieten oder bei Ausflugszielen die Parkplatzbewirtschaftung zum Normalfall wird.
Lisa Badertscher
Für Lisa Badertscher, Präsidentin der SVP Ortspartei Frauenfeld, ist hingegen klar: «Durch die Verdreifachung der Parkgebühren für SUV werden Familien des Mittelstands und das Gewerbe bestraft.» Gerade bei Familien mit mehr als zwei Kindern sei ein Auto, das in die Kategorie SUV fällt, aufgrund der Kindersitzvorschriften unerlässlich.
«Für Familien in den Dörfern ausserhalb der Städte würde das beispielsweise den Einkauf in den Städten massiv verteuern und die Kaufkraft reduzieren. Dies würde auch der Wirtschaft schaden», ist Badertscher überzeugt.
«Wohlhabende Automobilisten, die einen SUV besitzen, weil es ihnen gefällt, und es ihr gutes Recht ist, wird es nicht im Übermass interessieren, ob sie ein paar Franken mehr bezahlen für den Parkplatz oder nicht.» Ausserdem sei die Durchsetzung der neuen Regelung eher schwierig. Es drängen sich Fragen auf, wie die unterschiedlichen Preiseintreibung funktionieren solle, wie Sanktionen gehandhabt werden – und nicht zuletzt müssten die Folgekosten in Betracht gezogen werden.
Claudia Frischknecht
Von der Pariser Neuerung ist Claudia Frischknecht, Kantonsrätin und Präsidentin der Mitte AR, ebenfalls nicht überzeugt. «Ich würde behaupten, dass es den SUV-Besitzern kaum eine Rolle spielt, ob sie zusätzlich noch höhere Parkgebühren entrichten müssen. Vielmehr müsste gehandelt werden, bevor das Produkt die breite Masse erreicht. Angebot muss nicht gleich Nachfrage sein.»
(Bilder: PD, Depositphotos.com)
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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