Die Calatravahalle im Zentrum von St.Gallen. (Bild: calatrava.com)
Die Neugestaltung von Marktplatz und Bohl hat einen nächsten Meilenstein erreicht: Der anonyme Wettbewerb wird ausgeschrieben. Die Calatravahalle kann abgebrochen werden, sofern sich dies in einem Gesamtkonzept als notwendig erweist.
Verschiedene Anspruchsgruppen haben 2017 im «Forum Marktplatz» die Rahmenbedingungen und Ziele der Neugestaltung von Marktplatz, Bohl und Blumenmarkt erarbeitet. Die Auswertung hat aufgezeigt, dass die früheren Projekte diese Bedürfnisse nicht ausreichend erfüllen.
Der Stadtrat hat deshalb im Herbst 2017 entschieden, ein neues Wettbewerbsverfahren durchzuführen. Es handelt sich dabei um einen anonymen, offenen Wettbewerb. Dieser richtet sich an qualifizierte Büros und Fachpersonen. Das vom Stadtrat am 26. Juni 2018 verabschiedete Wettbewerbsprogramm stützt sich stark auf die Resultate des partizipativen Verfahrens.
Für die Neugestaltung wird eine Vision gesucht. Weiter soll die Freifläche möglichst gross und flexibel nutzbar sein. Bäume sind als Gestaltungselement gefordert. Die Rondelle ist ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt – ein Umbau, eine Erweiterung oder ein Ersatz ist denkbar.
Der Platz soll zudem einen ständigen Markt beherbergen. Verlangt werden weiter Fahrradabstell- und Taxistandplätze.
Die Calatravahalle kann abgebrochen werden, sofern sich dies in einem Gesamtkonzept als notwendig erweist. Die Planenden werden ermutigt, interdisziplinäre Teams zu bilden, beispielsweise aus den Bereichen Architektur, Landschaftsarchitektur, Städtebau, Verkehr, Bauingenieurwesen, Soziologie etc.
Die Calatravahalle im Zentrum von St.Gallen. (Bild: calatrava.com)
Vertiefte Verkehrsstudie mit 18 Varianten
Die heutige ÖV-Situation am Marktplatz und Bohl ist nicht zukunftsfähig. Weder genügen die Haltestellen dem Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG), noch können sie die erwartete Zunahme des ÖV verarbeiten.
Ein deutlicher Wunsch des «Forums Marktplatz» war, dass die ÖV-Haltestellen stadtein- sowie stadtauswärts auf dem Bohl angeordnet bleiben. Um der Forderung nachzukommen, hat der Stadtrat eine externe Verkehrsprüfung in Auftrag gegeben.
18 Varianten wurden untersucht. In die Berechnungen flossen der zukünftig höhere Fahrtakt wie auch die grösseren Fahrzeuge mit ein. Es wurden auch Lösungsansätze geprüft, wie eine alternative Buslinienführung, eine Verlegung der Fahrbahn in den Untergrund oder eine Drosselung des ÖV in den Zufahrtsstrassen.
Es hat sich gezeigt, dass eine neue Buslinienführung keine Option darstellt. Eine unterirdische Führung schied ebenfalls aus, die Kosten sowie die städtebaulichen Eingriffe mit Rampenbauwerken in die historische Umgebung wären zu gravierend. Auch eine Drosselung auf der Torstrasse, Rorschacher Strasse oder beim Burggraben ist keine praktikable Alternative.
Fünf mögliche Haltestellenanordnungen blieben nach einer detaillierten Prüfung übrig: «Bohl kompakt», «Bohl gestreckt», «Bohl breit», «Stadtvorschlag 2014» und «Konsens 2011».
Die drei Varianten, welche die Haltestellenanordnung ausschliesslich oder mehrheitlich am Bohl vorsehen, bringen bei den zukünftig prognostizierten ÖV-Szenarien wesentliche Nachteile mit sich.
Einerseits kann die Haltekante stadteinwärts aufgrund mehrerer Faktoren wie benötigte Fahrgeometrie, Vorschriften des BehiG oder der Erschliessung der Goliath-, Hecht- und Katharinengasse nicht die benötigte Länge aufweisen.
Andererseits würden je nach Variante ÖV-Warteräume auf den Zufahrtsstrassen notwendig mit entsprechenden Einbussen bei der Fahrplanstabilität. Bei «Bohl kompakt» und «Bohl breit» bräuchte es zudem eine Verschiebung der privaten Liegenschaft an der Museumsstrasse 1 resp. des Waaghauses. Beide Objekte sind geschützt.
Die beiden weiteren Varianten «Konsens 2011» und «Stadtvorschlag 2014» sind aus den Volksabstimmungen 2011 und 2015 bekannt.
Der «Stadtvorschlag 2014» sieht die Haltekante stadteinwärts am Marktplatz vor, die Haltekante stadtauswärts am Bohl. Beim «Konsens 2011» befinden sich beide Haltekanten auf Höhe Marktplatz.
Mit einer Haltekante stadteinwärts am Marktplatz können ÖV-Rückstaus in die östlichen Zufahrtsstrassen mit einem Stauraum beim Bohl teilweise aufgefangen werden. Gestützt auf die verkehrsplanerischen Untersuchungen hat der Stadtrat entschieden, lediglich die zwei Varianten «Konsens 2011» und «Stadtvorschlag 2014» für den Wettbewerb vorzugeben.
Gespräche mit Markthändlerinnen und Markthändlern
Im «Forum Marktplatz» wurde ebenfalls das Thema Markt intensiv diskutiert. Einigkeit herrschte bei den Feststellungen, dass der Markt prägend ist und auch zukünftig eine tragende Rolle spielen soll.
Umstrittener war die genaue Ausgestaltung. Nach Gesprächen mit den Markthändlerinnen und Markthändlern hat sich der Stadtrat für einen ständigen Markt mit kostengünstigen, mobilen Ständen ausgesprochen, welche modulartig erweiterbar sind. Zudem sollen Sofortmassnahmen den Markt bereits vor einer Neugestaltung attraktiver machen, so sind eine kompaktere Marktanordnung und eine Auffrischung der Stände geplant.
Weiteres Vorgehen
Die Jurierung des Wettbewerbs erfolgt gegen Ende dieses Jahres. Dem Preisgericht steht eine Summe von CHF 120‘000 zur Verfügung, prämiert werden vier bis sechs Projekte.
Am 24. Januar 2019 findet das dritte «Forum Marktplatz» statt. An diesem Anlass erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Gelegenheit, den Jurybericht zu kommentieren und dem Stadtrat Anregungen für eine Weiterentwicklung des Siegerprojekts mitzugeben.
Im Anschluss wird ein Rahmenkredit für die Umsetzung des Projekts erarbeitet, über welchen das Stadtparlament voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2019 und das Stimmvolk im ersten Halbjahr 2020 befinden können. Wird die Vorlage angenommen, folgt bis Ende 2019 die Erarbeitung des Bauprojekts. Eine Umsetzung wäre ab 2022 möglich.
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