Marcel Baumgartner
Auch wir bei «Die Ostschweiz» machen uns Gedanken zum Schenken. Während wir für Sie schreiben, bis die Finger schmerzen, kommen und gehen sie: Geschenkideen, Adrenalinwellen, Befürchtungen und die Erleichterung, dass die Kinder nicht mehr so klein sind.
Marcel Baumgartner
Kürzlich hörte ich am Radio eine Diskussion rund um das Thema Geschenke. Besprochen wurden zwei Ansätze. Erstens: Schenkt man jemandem etwas mit der Hoffnung, von dieser Person ein Präsent mit dem ungefähr gleichen Gegenwert zu erhalten? Ist das so, kann das als Tauschhandel bezeichnet werden – man ist dann gewissermassen im Zeitalter unserer Ur-Ur-Grosseltern angelangt. In solch einem Fall wäre es für beide Seiten optimaler, man würde sich einfach einen Gutschein mit demselben Frankenbetrag überreichen.
Man weiss, oder man hofft
Der zweite Ansatz entspricht da deutlich eher dem weihnächtlichen Gedanken. Man schenkt etwas, um dem Gegenüber Freude zu bereiten – ohne Erwartung.
Die Art und Weise, wie es sich im Durchschnitt wohl verhält, ist wahrscheinlich die Schnittmenge dieser beiden Überlegungen. Ganz ehrlich: Wie viele Geschenke werden wohl verteilt, weil man a) weiss, dass man ebenfalls eines erhält oder b) hofft, dass man eines erhält.
Ein Fall für den Psychologen
Mir hat das Verschenken schon als Kind grossen Spass gemacht (und ja, durchaus auch das Beschenktwerden). Der grosse Vorteil bestand damals darin, dass man bei den Eltern, dem Götti oder dem Gotti schon mit einer Zeichnung, einem selbst gebastelten Bleistifthalter aus WC-Rollen oder einem Briefbeschwerer (ein bemalter Stein) für glänzende Augen sorgen konnte.
Ich mache mir da nichts vor: Die meisten Geschenke sind wohl schon nach wenigen Tagen entsorgt worden. Ich weiss das, da ich einmal mit Entsetzen eine von mir erstellte und an meinen Onkel verschenkte Zeichnung schon vor dem Jahreswechsel im Altpapierstapel vorgefunden habe… Dass ich das nach über drei Jahrzehnten noch weiss, zeigt, wie sehr mich das verstört haben muss.
Meine Entschuldigung
Mit zunehmendem Alter macht man sich auch mehr Gedanken darüber, welches Geschenk denn passend wäre. Jahr für Jahr nehme ich mir vor, mir das laufend zu notieren, wenn ich eine Idee habe, oder mir gar ein konkreter Hinweis, also ein Wink mit dem Zaunpfahl, gegeben wird.
Ehrlich, es gelingt mir nur selten, diesen Vorsatz auch nur teilweise umzusetzen. Und so gehöre ich schliesslich zu jenen, die sich so richtig spät noch den Kopf darüber zerbrechen, was denn nun passend wäre, und was ein absoluter Affront. So nutze ich hier die Gelegenheit, mich für alle Geschenke zu entschuldigen, die entweder absolut unpassend waren, oder nie angekommen sind. Marcel Baumgartner, Co-Chefredaktor «Die Ostschweiz»
Odilia Hiller
Mein Freund (und mein Chef) sagen, ich leide an grenzenloser Selbstüberschätzung, was das Thema Zeitmanagement anbelangt. Ich habe natürlich keinen blassen Dunst, worauf sie anspielen. Irgendwie werde ich immer fertig, auch mit dem Geschenke besorgen. Und den kleinen Adrenalinkick, wenn manches in letzter Minute besorgt werden muss, brauche ich wohl. Soviel habe ich im Lauf der Jahre begriffen.
Mein Freund selber hat grenzenlosen Stress, wenn es ums Schenken geht. Stets fürchtet er, er könnte danebenliegen mit seinem Geschenk. Was natürlich Quatsch ist, denn es geht ja um die Geste. Darum, jemandem zu zeigen, dass man sie oder ihn gern hat, und dass einem die Nächsten wichtig sind. Oder, wie Seneca sagte: «Das wahre Geschenk besteht nicht in dem, was gegeben oder getan wird, sondern in der Absicht des Gebenden oder Handelnden.»
Die fünf Sprachen der Liebe
Erinnern Sie sich an die fünf Sprachen der Liebe von Gary Chapman aus dem Jahr 1992? Im weltbekannten Beziehungsratgeber «The Five Love Languages» beschreibt er, wie Menschen unterschiedlich Liebe ausdrücken und empfangen. Und wie sie ihre Beziehungen verbessern können, indem sie die Liebessprache ihres Partners verstehen und sprechen.
Die fünf Liebessprachen sind:
1. Lob & Anerkennung (Words of Affirmation)
2. Zweisamkeit (Quality Time)
3. Geschenke, die von Herzen kommen (Gifts)
4. Aufmerksamkeiten & Hilfsbereitschaft (Acts of Services)
5. Zärtlichkeiten (Physical Touch)
Ist die Nummer drei also nicht so Ihres, dann machen Sie sich keinen Stress. Bestimmt gehören Sie zu jenen, die 1, 2, 4 und 5 ganz toll können. Also sagen wir mal, hoffentlich.
Ich werde den Teufel tun und hier ausbreiten, worin ich mich besonders stark fühle. Schliesslich geht es ums Schenken. Und da hatte ich gestern ein Erlebnis der dritten Art.
Weil ich gern bestimmte Geschenkideen verfolge wie ein Magnet seinen Pol, begab ich mich diesen Donnerstag in den Abendverkauf von Ikea. Nur dort gibt es, was ich brauchte. Und noch ein paar andere Sachen. Ich dachte, vielleicht wird das am Donnerstag vor Heiligabend so eine Art freudiges Get-Together unter Gleichgesinnten. Lauter hippe Leute, die zusammen nach dem besten Geschenk für ihre Liebsten jagen.
Etwas Uncooleres ist mir lang nicht passiert
Doch weit gefehlt. Etwas Uncooleres als dieser Donnerstagabend ist mir lang nicht passiert. Da waren eigentlich nur gelangweilte Eltern mit überreizten Kindern, die sich offensichtlich alle wünschten, wieder zu Hause vor der Spielkonsole zu sitzen. Dazwischen ein paar klamme Studentinnen. Traurig ass ich im Restaurant ein paar lonely in Rahmsauce badende Fleischbällchen.
Immerhin fand ich, was ich brauchte, um an Weihnachten hier und dort in meiner Umgebung etwas «Love Language» zu verteilen. Und vielleicht ist ja die Tatsache, dass ich dafür zu nachtschlafender Zeit zu Ikea gefahren bin, noch gut fürs Karma. Wir schliessen mit Ovid: «Welches auch die Gaben sein mögen, mit denen du erfreuen kannst, erfreue.» Odilia Hiller, Co-Chefredaktorin «Die Ostschweiz»
Manuela Bruhin
Die Schweizerinnen und Schweizer üben sich in Zurückhaltung – was jetzt erst einmal keine besondere Schlagzeile wert ist. Statt die üblichen 500 Franken für Weihnachtsgeschenke auszugeben, sind es in diesem Jahr offenbar «nur» noch 411 Franken. Vielleicht wird der Oma also nur noch ein Handschuh geschenkt, oder es landet «Fake-Ware» aus China unter dem Baum.
Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich wahrscheinlich zu den «Strebern» der Weihnachtsgeschenke gehöre. Ich bin nicht diejenige, die am 24. Dezember fieberhaft die Läden durchstöbert, um noch irgendetwas ergattern zu können, was einigermassen mit den Wünschen und dem Budget übereinstimmen könnte. Um dann doch wieder bei dem zu landen, was die Jahre vorher im ähnlichen Stil geschenkt wurde.
Die Wünsche ändern nicht mehr so schnell wie das Wetter
Seitdem die Kinder grösser werden und sich die Wünsche nicht mehr so schnell ändern wie das Wetter, kann ich eigentlich ganz entspannt bereits im Oktober oder November erste Gedanken an die Weihnachtsgeschenke verschwenden.
Gleichzeitig mit der Körpergrösse wachsen aber auch die Beträge, die für die Geschenke aufgewendet werden müssen. Wo früher noch ein Lego-Set grosse Augen bescherte, sind es heute eher die Markenfussballschuhe, wie sie Messi oder Ronaldo tragen. Man gönnt sich ja sonst nichts. Und vielleicht wird das fehlende Talent ja mit den Wunderschuhen wieder gut gemacht.
Dadurch, dass Weihnachten ja aber eigentlich nicht überraschend ansteht, ist es durchaus möglich, das eine oder andere Schnäppchen zu ergattern – wenn man sich eben früh genug darum kümmert. Deshalb bin ich gar nicht so traurig darüber, dass es eben nicht mehr das Lego-Set von früher ist, sondern die Fussballschuhe.
Mit gekrümmtem Rücken am Boden
Weshalb? Ganz einfach: Der Heilige Abend diente früher dazu, s t u n d e n l a n g auf dem Boden mit gekrümmtem Rücken zu sitzen, und die Sets mühsam zusammenzubauen, die wenige Sekunden später, allerspätestens aber am nächsten Tag, in ihre ursprünglichen Teile irgendwo zerstreut waren.
Und nie wieder zu dem zusammengefügt werden konnten, wofür sie ursprünglich einmal gedacht waren. Beim vierten identischen Monstertruck habe ich aufgehört zu zählen, wie oft das gleiche gewünscht wurde – nur, weil ein solcher mit nur drei Rädern sich nicht mehr ganz so monströs durch das Kinderreich bewegen lässt.
Und weil der Streber das Strebern eben nicht sein lassen kann: Ich dürfte also mit dem durchschnittlichen Betrag für die Weihnachtsgeschenke in etwa auskommen – Zurückhaltung in diesem Jahr hin oder her, und frühzeitiger Planung sei Dank. Manuela Bruhin, Redaktorin «Die Ostschweiz»
«Die Ostschweiz» ist die grösste unabhängige Meinungsplattform der Kantone SG, TG, AR und AI mit monatlich rund 300'000 Leserinnen und Lesern. Die Publikation ging im April 2018 online und ist im Besitz der Ostschweizer Medien AG, ein Tochterunternehmen der Galledia Regionalmedien.
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