Etwa 500 hochwertige Schreibstifte im Wert von fast 200'000 Franken haben Unbekannte in der Papeterie Schiff in St.Gallen gestohlen. Nicht nur der finanzielle Schaden ist riesig: Der Raub zieht einen immensen Papierkrieg nach sich.
Regula Weigelt und ihr Team sind im Stress. Physisch wie auch psychisch. Die Spuren des Einbruchs in der Nacht auf den vergangenen Freitag in die Papeterie Schiff in der St.Galler Marktgasse sind zwar beseitigt.
Dennoch kann von normalen Arbeitstagen nicht die Rede sein. «Wir sind am Rennen», fasst es die Inhaberin Regula Weigelt zusammen. Die Auslagen seien komplett leergeräumt worden.
Nun sei man daran, zu jedem Schreibgerät die dazugehörige Rechnung herauszusuchen. «Bei mehreren Hundert Stiften kann man sich wohl ansatzweise vorstellen, wie viel Zeit das in Anspruch nimmt», sagt sie.
Lager bleibt unentdeckt
Dennoch hat das Unternehmen Glück im Unglück. Das Lager wurde nämlich von den Dieben nicht entdeckt, und somit kann der Bedarf an normalen Schreibgeräten durchaus gedeckt werden.
«Zusätzlich sind die Lieferanten laufend daran, unsere Bestände wieder aufzufüllen. Wir sind froh, dass das Weihnachtsgeschäft nicht allzu stark unter dem Einbruch leidet», sagt Regula Weigelt. Und mit einem Schmunzeln, trotz kaum überstandenen Drama: «Es ist also überhaupt nicht so, dass die Papeterie Schiff keine Stifte mehr hätte.»
Nichts erschüttert sie
Die Hausbesitzerin habe den Einbruch am vergangenen Freitagmorgen entdeckt. Regula Weigelt spricht gefasst, auch wenn sie einen solchen Einbruch zum ersten Mal in ihrer Papeterie miterleben muss.
«Mit meinen bald 70 Jahren kann mich aber so schnell nichts mehr erschüttern», sagt sie und lacht – wird aber schnell wieder ernst. Denn: «Leid tut es mir für unsere jüngeren Mitarbeitenden, die sichtlich geschockt sind. Sie haben nach dem Einbruch stark damit zu kämpfen.»
Schwarzmarkt oder Internet
Hanspeter Krüsi, Mediensprecher der Kantonspolizei St.Gallen, spricht von organisiertem Verbrechen. «Die Diebe haben sich die Papeterie bewusst ausgesucht», sagt er. Die hochwertigen Schreibartikel waren demnach im Fokus – und nicht etwa Bargeld. Auch wenn durchaus noch weitere Waren weggekommen sind. Wahrscheinlich würden die Schreibwaren nun auf dem Schwarzmarkt landen oder im Internet weiterverkauft.
Das Vorgehen weckt bei Regula Weigelt jedoch Zweifel. «Jeder, der etwas von Schreibwaren in dieser Preisklasse versteht, verlangt nach der originalen Verpackung und dem Garantieschein. Für die meisten Stifte haben die Diebe diese jedoch nicht mitgenommen.»
Hinweise sind zum Einbruch bisher keine eingegangen. Die Kantonspolizei St.Gallen gleicht den Vorfall jedoch mit anderen ab, die in ähnlicher Art und Weise passierten. Es sei gut möglich, dass kantonsübergreifend gewisse Verbindungen hergestellt werden könnten, so Krüsi.
Hungrige Diebe
Auch wenn die Arbeitstage für die Mitarbeitenden in der Papeterie Schiff kurz vor den Feiertagen wohl nicht stressiger sein könnten, ihren Humor hat Regula Weigelt nicht verloren. Die Unbekannten waren nicht nur hungrig nach der schnellen Beute, sondern traten ihren Diebeszug offensichtlich auch mit leerem Magen an.
Laut Regula Weigelt wurden nämlich in der «Schiffchuchi» auch ein paar Cupcakes «To Go» mitgenommen. Wohin – das wüssten wohl alle gern.
(Bild: Marcel Baumgartner)
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.