Josef Jäger
Was sagen Ostschweizer Persönlichkeiten zur CS-Übernahme? Im zweiten Teil die Statements von Barbara Gysi, Josef A. Jäger, Johannes Holdener, Andrea Scheck, Andrea Caroni, Franziska Steiner und Hermann Lei.
Josef Jäger
Josef A. Jäger, Verwaltungsratspräsident der Camion Transport AG, Wil: «Für jemanden, der in der SKA Mützen Generation aufgewachsen ist, ist der Untergang der CS sehr bitter und kaum zu verstehen. War und ist doch die CS in der Schweiz eine solide Stütze der Wirtschaft mit vielen guten und engagierten Mitarbeitern.
Der Anfang vom Ende markiert für mich der Einstieg bei «First Boston». Manager mit Grössenwahn und ungenügenden Marktkenntnissen haben dies zu verantworten. Mehr Swissness würde guttun.
Ob man die vom Bund und SNB sowie Finma erzwungene Übernahme durch die UBS die Beste der schlechten Lösungen ist, kann ich als nicht Bankfachmann kaum beurteilen. Ich kann aber gut nachvollziehen, dass angesichts des enormen Zeitdrangs und dem Risiko der Märkte, den Behörden keine andere Wahl geblieben ist. Dies wäre wohl in anderen Ländern und ohne eigene Währung/Nationalbank kaum möglich gewesen. Eine Aufteilung zur Reduktion der Risiken einer neuen gross UBS wäre wünschenswert.
Die politischen Parteien würden jetzt aber gut beraten sein, indem sie überlegte Sachpolitik betreiben. Die in den letzten Tagen gezeigten Auftritte ihrer Exponenten sind für mich mehrheitlich von Profilierungssucht und Vorwahlkampf geprägt.
Bei aller Tragik dieses Banksterbens sollte man nun auch versuchen die Chancen herauszuschälen.»
Andrea Scheck
Andrea Scheck, Präsidentin SP Kanton St. Gallen: «Die Rettung der CS ist ein Skandal. Aber er kommt nicht von ungefähr: Seit der Finanzkrise fehlen griffige Regulierungen – sie wurden verhindert von genau den bürgerlichen Parteien, die sich jetzt so überrascht geben. Stets haben sie gepredigt, der Finanzplatz brauche "mehr Eigenverantwortung, weniger Staat". Aber wo ist diese Verantwortung jetzt?
Sie landet bei den Steuerzahlenden. Nachdem sich das CS-Kader über die letzten 10 Jahre 32 Mia. Franken Boni ausbezahlt hat, bekommen wir jetzt die Rechnung. Das ist, gerade angesichts der Sparpolitik der letzten Jahre, nichts anderes als hämisch!
Verantwortung für das eigene Handeln gilt auch für die Politik. Es heisst in diesem Fall: Regeln aufstellen, Boni-Verbot, Trennbankensystem. Und: Fertig mit der unsozialen, neoliberalen Sparpolitik. Wenn Geld da ist, um eine Grossbank zu retten, ist auch Geld da für Klima, Gleichstellung und soziale Gerechtigkeit.»
Andrea Caroni
Andrea Caroni, FDP-Ständerat, Appenzell Ausserrhoden: «Es ist tragisch, was sich diese Tage auf dem Schweizer Finanzplatz abspielt. Man will den Involvierten zwar glauben, dass die durchaus beherzte Rettungsaktion immerhin die beste aller schlechten Lösungen ist und so noch viel gigantischerer Schaden für Individuen, Schweiz und Weltwirtschaft abgewendet wurde. Der Schaden ist dennoch kolossal, und es hätte nie so weit kommen dürfen: Zum einen hätte das Management der CS die Bank nicht in blinder, jahrelanger Risikowut zulasten Dritter an die Wand fahren dürfen (und dabei kräftig abgarnieren). Zum andern muss man sich auch fragen, warum die zuständigen Behörden (EFD, Finma, SNB) uns all die Jahre glauben liessen, die Too-Big-Too-Fail-Instrumente würde funktionieren – nur um sie dann beim ersten Anwendungsfall sofort über Bord zu werfen und wieder in eine (wenn auch anders gelagerte) verpönte staatliche Rettung zu verfallen. Jetzt braucht es eine schonungslose Aufklärung der Verantwortlichkeiten, wobei ein Bonus-Zusammenstrich nur der Vorname sein darf. Sodann braucht es umgehend eine neue Finanzmarktstrategie, denn das Risiko ist mit der «Monster-UBS» (NZZ) noch grösser geworden. Es muss alles getan werden, um das Risiko erträglich zu halten und die Too-Big-Too-Fail-Regulierung so zu stärken, dass sie künftig tatsächlich greift – allein, mir fehlt (noch) der Glaube, dass das diesmal gelingen wird.»
Hermann Lei
Hermann Lei, Anwalt und Thurgauer SVP-Kantonsrat: «Mit Milliarden Volksvermögen muss der Steuerzahler für die Fehler der CS, der Abzocker im Management geradestehen.
Fehler hat aber auch der Bund gemacht. Er hat es nicht gewagt, zu sagen: Wir werden dem Schweizer Finanzplatz mit allen Mitteln beistehen.
Und als es dann zu spät war hat er es nicht gewagt, die für diesen Fall geschaffenen «Too big to fail»-Regeln anzuwenden. Sondern mit «Notrecht» das Gesetz gebrochen, die Anleger enteignet und das Too-big-to-fail-Problem noch verschärft.
Das verantwortliche Management der CS muss nun ausgewechselt werden und die Ausland-Strategie angepasst werden. Sonst wird die UBS zum nächsten gefährlichen Sanierungsfall.»
Johannes Holdener
Johannes Holdener, Vorsitzender der Bankleitung , Raiffeisenbank St.Gallen: «Es ist eine herausfordernde Situation für den Schweizer Finanzplatz. Die Dynamik der Finanzmärkte ist derzeit hoch. Vor diesem Hintergrund sind alle Massnahmen zu begrüssen, welche die Stabilität sicherstellen und die aktuelle Lage zu beruhigen helfen. Raiffeisen verfolgt die Lage eng. Wir bitten Sie um Verständnis, dass sich die Raiffeisenbank St.Gallen nicht zur Lage anderer Finanzinstitute oder zu getroffenen Entscheidungen der Schweizer Regierung sowie ihrer Behörden äussert. Zur Situation von Raiffeisen halten wir fest: Raiffeisen verfügt über eine komfortable Liquiditäts- und Kapitalsituation. Dies fusst auf unserem Geschäftsmodell als inlandorientierte Retailbank.»
Barbara Gysi
Barbara Gysi, Nationalrätin SP, Ständeratskandidatin, Kanton St.Gallen: «Missmanagement und eine verantwortungslose Selbstbedienungsmentalität mit enormen Boni (über 30 Milliarden!) des Managements und der Verantwortlichen haben die Credit Suisse ausgehöhlt und in diese gefährliche Lage gebracht. Zudem hat die Bankenregulierung versagt und es wurde viel zu spät gehandelt. Mit der Folge: Wieder muss der Staat einspringen und mit massiven Garantien eine Bank retten, um das Managementversagen aufzufangen und die Übernahme durch die UBS abzusichern. Die Stabilisierung im jetzigen Moment ist wichtig, um noch grösseren Schaden abzuwenden, Sicherheiten für das Umfeld zu schaffen und dem Personal Perspektiven zu geben.
Auf jeden Fall müssen sämtliche Vorkommnisse lückenlos aufgearbeitet werden. Sowohl die politischen Verantwortlichkeiten und der Aufsicht wie auch das Handeln gesamten Bankmanagements. Die Bankenregulierungen hat versagt, hier braucht es zwingend Anpassungen. Auch die Eigenkapitalvorgaben müssten angepasst werden. Wir verlangen dazu eine parlamentarische Untersuchungskommission und eine ausserordentliche Session.»
Franziska Steiner-Kaufmann, Mitte-Präsidentin Kanton St.Gallen: «Wie viele andere bin auch ich schockiert über die Ereignisse der letzten Woche. Welche Risiken sich durch diese neue Mega-Bank für die Schweizer Wirtschaft stellen werden und wie sich diese zu Gunsten der Schweizer Bevölkerung möglichst begrenzen lassen können, gilt es kritisch zu analysieren. Auf die Fragestellungen rund um die Problematik «Too Big To Rescue» fehlen noch viele Antworten.»
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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