Bei der hoch ansteckenden Krankheit Krätze graben sich Milben unter die Hautschicht und legen dort ihre Eier. Derzeit gibt es Fälle in St.Gallen, die Besorgnis wächst.
Die Krätze ist wahrlich nichts für schwache Nerven. Spinnenartige Milben, die häufig nicht einmal einen halben Millimeter gross sind, nisten sich in der obersten Hautschicht ein, graben einen Kanal und legen dort ihre Eier. Der daraus entstehende Juckreiz ist sehr gross, so dass sich die Betroffenen wund kratzen. Die sehr ansteckende Krankheit gilt eigentlich als ausgerottet. Nun sind jedoch gleich mehrere Fälle im Raum Ostschweiz bekannt, in welchen die Krankheit wieder aufflammt.
Anfang Februar wurden in der Militärkaserne Neuchlen in Gossau drei Fälle von Krätze diagnostiziert. Dr. scient. med. Esther Granitzer sitzt im St.Galler Stadtparlament und führt in St.Gallen eine Praxis für Komplementärmedizin. «Da sich seit einigen Tagen nun etliche besorgte Eltern bei mir in der Sprechstunde melden, die Kinder in St.Galler Schulen mit Krätze-Befall haben, bitte ich den Stadtrat um die Beantwortung einiger Fragen», führt sie die Beweggründe ihrer Einfachen Anfrage aus, welche sie beim Stadtparlament eingereicht hat.
Lieber schweigen
Sie wisse derzeit von Schulen und Kindergärten im Raum St.Gallen, die Vorfälle von Krätze hätten. «Deshalb ist es nun umso wichtiger, schnell reagieren zu können, bevor wir auf eine grössere Problematik stossen», sagt Esther Granitzer gegenüber «Die Ostschweiz». «Gemäss Eltern haben sie es der Schulleitung und den Lehrern gemeldet, aber diese nehmen es nicht ernst – oder wollen es nicht öffentlich machen, damit sie nicht schlecht dastehen.»
Dieses Vorgehen stösst jedoch bei der Parlamentarierin auf Unverständnis. Denn es gehe schliesslich um den Schutz der Bevölkerung. Die Ansteckung erfolgt über Hautkontakt, ebenso über Textilien. Die Krätzmilbe überlebt auf Stoffen, in Teppichen oder Sofas bis zu drei Tagen, im Körper bleibt sie rund 30 bis 60 Tage lebensfähig.
Lange Prozedur
Deshalb ist die Bekämpfung auch so aufwendig – nebst dem grossen Ekel, welche die Parasiten auslösen. Sämtliche Kleider, Bettwäsche und Haustextilien müssen täglich gewaschen, Stofftiere oder ähnliches im Tiefkühler gelagert werden, damit auch die Milben absterben. «Es ist eine wahnsinnige Arbeit und sehr mühsam», fasst es Esther Granitzer zusammen. «Und da nur immer die lebenden Milben mittels Salben, Tabletten, Lavendel- und Teebaumöl abgetötet werden können, nicht aber deren Larven und Eier, muss die Prozedur mehrmals wiederholt werden. Eltern von Kindern, die selber auch alle die Prozedur mitmachen müssen, sagen zu mir, dass sie Angst haben, dass dieser Zustand nie mehr enden würde.»
Angst vor Folgen
Dazu komme die Angst, dass Narben zurückbleiben – oder es zu Hautproblemen führen könne. Sie spreche ihren Patientinnen und Patienten Mut zu und ermuntere sie, die Tipps umzusetzen. Ausserdem sei es sinnvoll, Kinder nach Juckreiz zu befragen und den Körper regelmässig zu kontrollieren.
Schulen, Kitas, Altersheime oder Kasernen, bei welchen bereits Krätzefälle aufgetreten sind, sollten gemieden werden. Denn, so Granitzer, anders als in Deutschland, wo eine betroffene Person keine öffentliche Einrichtung besuchen darf, gibt es in der Schweiz keine Meldepflicht. Das Bundesamt für Gesundheit BAG beschreibe eine grosse Anzahl meldepflichtiger Krankheiten, die jedoch allesamt viraler oder bakterieller Natur seien und Infektionen verursachen würden. «Krätze ist ein Parasit, der selber sehr lästig, aber nicht tödlich ist, weshalb es bei uns auch keine Meldepflicht gilt.» Von ihrer Einfachen Anfrage erhofft sie sich deshalb, dass der Stadtrat die Zahl der Betroffenen in öffentlichen Einrichtungen bekanntgibt, damit die Bevölkerung gewarnt wird.
(Bild: Depositphotos/PD)
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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