Im Thurgau gibt es nur freiwillige Kurtaxen. Im Kanton St.Gallen definiert ein kompliziertes Regelwerk, wer wie viel von wem einkassieren darf, und wie Kurtaxen verwendet werden müssen. Beispielsweise nicht für Werbung. Ob sich alle daran halten, ist schwer zu überprüfen.
Wer schon mal gereist ist, kennt Kurtaxen. Wer diese allerdings erheben darf, wie hoch sie sein dürfen, und wozu man sie verwendet: Da wird es schnell komplexer.
Das St.Galler Tourismusgesetz regelt, wie der Staat den Tourismus im Kanton fördert. So gewährt er den Tourismusorganisationen Beiträge für «Leistungen im Tourismusmarketing», heisst es im Gesetz.
Das ist das Ziel
Das Ziel, so weit, so klar: die Förderung des Aufenthaltstourismus unter Berücksichtigung der Interessen der einheimischen Bevölkerung, der Gäste und der Umwelt.
Doch wie wird diese Tourismusförderung berappt? Mittels einer komplizierten Rechnung. Es gibt eine Beherbergungs-und eine Gastwirtschaftsabgabe (pro Bett, pro Sitzplatz).
Jede Gemeinde kann Kurtaxen erheben
Im Jahr 2023 gab es auch eine Spezialfinanzierung aus dem «besonderen Eigenkapital» in der Höhe von 2,2 Millionen Franken. Darüber hinaus kann jede politische Gemeinde zusätzliche Tourismusabgaben erheben. Und zwar nicht nur bei den Gästen, sondern auch bei den Nutzniessern des örtlichen Tourismus.
Das Beispiel Wildhaus-Alt St.Johann zeigt, was damit gemeint ist: Jeder Übernachtungsgast bezahlt eine Einzelkurtaxe pro Übernachtung von 1.80 bis 3 Franken, je nach dem, wo er absteigt (REKA-Feriendorf, Wohnwagen, Ferienheimen, Ferienwohnung oder Hotel).
Alle werden zur Kasse gebeten
Sodann erhebt die Gemeinde eine Pauschalkurtaxe bei den Liegenschaftseigentümern pro Objekt (120 Franken) plus 60 Franken pro Zimmer (maximal 360 Franken). Die Gemeinde bittet auch Hoteliers (pro Bett) und Campingplatzbesitzerinnen (pro Standplatz) und Bergbahnenbetreiber (1 Prozent der jährlichen Personenverkehrseinnahmen) zur Kasse.
Doch damit nicht genug: Auch Betriebe, die indirekt vom Tourismus profitieren, müssen je nach Abhängigkeit vom Tourismus nach einem bestimmten Schlüssel Zusatzabgaben leisten. Die Taxifahrerin genauso wie der Betreiber eines Lebensmittelgeschäfts, Architektinnen, Ingenieure, Ärztinnen, Anwälte, oder Treuhänderinnen.
Ganz schön kompliziert. Und es braucht diverse Reglemente, um das alles zu regeln. Ginge das nicht einfacher?
Entschlackte Strukturen im Thurgau
Eigentlich schon: Im Kanton Thurgau gibt es auf kantonaler Ebene keine gesetzliche Grundlage für die Erhebung von Kurtaxen.
Betriebe, die sich Thurgau Tourismus anschliessen, bezahlen einen freiwilligen Beitrag, sagt Geschäftsleiter Rolf Müller auf Anfrage. Von den 2.50 Franken, die der Gast pro Übernachtung bezahlt, landen 1.50 Franken bei Thurgau Tourismus.
Zehn Prozent des Gesamtsbudgets
«Das macht immerhin gut zehn Prozent unseres Gesamtbudgets aus», sagt Müller. Knapp 1,2 Millionen Franken überweist der Kanton im Rahmen einer Leistungsvereinbarung jährlich. Den Rest bilden Einnahmen aus Mitgliederbeiträgen und projektbezogene Beiträge.
Mit diesem Drei-Millionen-Franken-Budget beschäftigt Thurgau Tourismus 25 Mitarbeitende und betreibt neben der Geschäftsstelle im Romanshorner Hafen drei Gästeinformationen in Arbon, Kreuzlingen und Frauenfeld.
Müller findet dieses Finanzierungsmodell attraktiv: «Es zwingt uns, innovativ zu bleiben und hält uns unternehmerisch agil. Zudem ist eine grosse Abhängigkeit von der Anzahl Logiernächten nicht nur gut, wie die Corona-Zeit gezeigt hat.»
Wirklich keine Kurtaxenfranken für die Werbung?
Auch bei Toggenburg Tourismus ist man mit dem aktuellen Finanzierungsmodell «nicht unglücklich», sagt Geschäftsführer Christian Gressbach auf Anfrage. «Natürlich gibt es noch Optimierungsbedarf, zum Beispiel bei Übernachtungsgästen, die über Airbnb buchen».
Doch was passiert eigentlich mit den eigenommenen Kurtaxen? Gressbach erklärt: «Wir übernehmen das Inkasso und reichen 32 Prozent davon an die Gemeinde weiter. Diese muss das Geld zweckgebunden investieren. Zum Beispiel in Infrastrukturprojekte wie Wanderwege.»
Finanzierung der Gästekarte
Mit dem einbehaltenen Betrag finanziert Toggenburg Tourismus die Touristeninfo und andere Projekte, wie beispielsweise die Gästekarte, die Besucherinnen und Besuchern unter anderem die kostenlose Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ermöglicht.
Was verboten ist: Die eingenommenen Kurtaxen dürfen nicht für Werbe- und Marketingkampagnen ausgegeben werden.
Allerdings scheint diese Vorschrift etwas zahnlos. Denn die Tourismusabgaben, die die Gemeinde einzieht, dürfen für die Werbung ausgegeben werden und fliessen vollumfänglich an Toggenburg Tourismus. Auf der Gemeindewebseite ist zu lesen: «Die zweckgebundene Steuer dient ausschliesslich der Werbung und Attraktivitätssteigerung für unsere Besucher.» Also doch Werbung, denn die Trennung von Kurtaxen- und anderen Abgabegeldern dürfte schwierig sein.
Lesen Sie hier unseren Kommentar zum Thema: «Kurtaxenwirrwarr im Kanton St.Gallen»
(Bildmontage: Die Ostschweiz)
Michel Bossart ist Redaktor bei «Die Ostschweiz». Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte hat er für diverse Medien geschrieben. Er lebt in Benken (SG).
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