Kerstin Bronner ist seit 2015 zusammen mit ihrem Partner Magdi Harbawy als kulturelle Brückenbauerin in der Oase Bahariya sowie in der Weissen Wüste in Ägypten unterwegs. Die Professorin der Fachhochschule Ost berichtet für «Die Ostschweiz» regelmässig von ihren Erlebnissen in der Ferne.
Ein Wüstenguide und eine Professorin – ein tief in den ländlichen Traditionen des ländlichen Ägyptens verankerter Mann und eine promovierte, feministische Frau - da scheinen uns auf den ersten Blick ja etliche trennende Dimensionen das Leben und die Liebe schwer zu machen … denkt womöglich so manche:r Leser:in . Und so dachte auch ich hin und wieder zu Beginn unserer Partnerschaft. Doch was steckt hinter solchen Annahmen? Wie kommen wir zu solchen Einschätzungen? Hier kann wiederum die Brücke zwischen Theorie und Praxis weiterhelfen: „Eurozentrismus“ ist der Fachbegriff für die Mechanismen, mit denen wir im globalen Norden oftmals Kulturen und Menschen des globalen Südens abwerten resp. unsere Lebensweise und unsere Werte für „besser“ halten. Natürlich bin auch ich immer wieder in dieses Muster verfallen (und tue es bisweilen noch heute). Mein theoretisches Wissen hilft mir, dies zu erkennen und zu fragen, warum und wann ich dies tue. Aus welcher Motivation heraus? Und mit welchen Folgen? So werde ich nicht zuletzt auch in den Lehrveranstaltungen mit meinen Studierenden authentischer. Es wird klar, dass ich trotz all des theoretischen Wissens zu Interkulturalität und Antidiskriminierung keine „Heilige“ bin. Dass ich hier im Westen sozialisiert bin und nach all den Jahren noch immer hin und wieder mit unserer „Brille“ auf Menschen und Situationen blicke. Ebenso kann ich aber die kulturelle Brücke mit offenem Herzen beschreiten und meinen „Bewertungsrucksack“ überdenken resp. „umpacken“. Was heisst zum Beispiel „gebildet“: ist mein Doktortitel mehr Bildung als die Fähigkeit von Magdi und den Männern unseres Wüstenteams, ohne GPS die Wege in die und aus der Wüste heraus zu finden? Ist meine Schulbildung höher einzustufen als Magdis verlässliches Gespür für aufkommende Wüstenstürme oder seine feine Wahrnehmung dessen, was jede:r einzelne unserer Gäste braucht, um sich zu erholen? Solche Erfahrungen machen mich nun schon seit 10 Jahren immer wieder nachdenklich und zuweilen auch demütig. Und es macht uns beide, Magdi und mich, sehr dankbar, dass wir dies durch unsere Reiseangebote mit anderen Menschen teilen können.
Mehr Infos zu unseren Reiseangeboten und den nächsten Terminen: www.wuesten-erlebnis.com
Kerstin Bronner ist seit 2015 zusammen mit ihrem Partner, Magdi Harbawy, als kulturelle Brückenbauerin in der Oase Bahariya sowie in der Weissen Wüste in Ägypten tätig. An der OST Ostschweizer Fachhochschule St. Gallen lehrt und forscht sie am Departement Soziale Arbeit als Professorin zu den Themen Interkulturalität, diversitätssensible Soziale Arbeit, Antirassismus, Integrität.
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