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Rennfahrer Christian Müller

Aus dem und für das Toggenburg – aber bitte mit Vollgas

Das 2012 wiederbelebte Bergrennen Hemberg steht vor der elften Ausgabe. Seit Anfang an mit dabei ist Vereinspräsident Christian Müller: erst im OK und seit letztem Jahr als Fahrer – ein langgehegter Kindheitstraum ist für ihn endlich in Erfüllung gegangen.

Michel Bossart am 07. Juni 2024

Kurz hinter St. Peterzell an der Strasse nach Bächli liegt der (Gast-)Hof Frohwies – die älteste Pension in Hemberg – von Christian und Monika Müller. Hier wurde Chrigel, wie man ihn hier nennt, geboren, hier arbeitet der 44-jährige Biobauer und Gastwirt, hier ist er mit seiner sechsköpfigen Familie zu Hause. Und von hier engagiert er sich als Vereinspräsident für das Bergrennen Hemberg.

«Ich bin Gründungsmitglied des Vereins und war auch elf Jahre im OK tätig, das 2012 das ehemalige Berg­rennen Peterzell-Hemberg wieder ins Leben gerufen hat», beginnt er zu erzählen. Er erinnert sich noch gut, wie er als Kind begeistert von den Rennautos war, die sich rasend durch die Landschaft die kurvenreiche Strasse hoch nach Hemberg auf 935 Metern über Meer wanden. Besonders beein­druckt hat ihn Fredy Amweg, der zwischen 1971 und 1998 jedes der Schweizer Bergrennen mehrmals gewonnen hat. «Er war der Star des hiesigen Rennens», sagt Müller, der auch die Rennleistungen von Clay Regazzoni oder des Franzosen Christian Debias bewundert. Beeindruckt hat ihn auch, wie der Walliser Eric Bergue­rand sich nach seinem Unfall, bei dem er sich beide Beine und das Becken gebrochen und ein Jahr im Spital gelegen hatte, aufraffte und wieder Rennen fuhr.

Feuertaufe Hammond-Crash

2019 hat Müller seine Tätigkeit im OK des Bergrennens aufgegeben. «Ich bin der Meinung», sagt er, «dass man solche Tätigkeiten nach einer gewissen Zeit in andere Hände geben soll. Sonst fahren sich schnell die Strukturen fest und neue Ideen finden keinen Platz.» Als OK-Mitglied war er erst Streckenchef und trug ab 2017 als Rennleiter die Gesamtverantwortung. «Der Hammond-Crash war meine Feuertaufe», erinnert sich Müller. «Richard Hammond fuhr mit seinem Elektrosportwagen mit 1088 PS den Hang runter und musste mit der Rega ins Kantonsspital geflogen werden.» Das sorgte schweizweit und in der gesamten Rennszene für Schlagzeilen.

Nun selbst auf der Rennstrecke

Nach zwei Jahren coronabedingter Rennpause stand Müller 2022 wieder an der Rennstrecke, dieses Mal nicht mehr als Rennleiter, sondern erneut als Streckenchef. Doch eigentlich wollte er etwas anderes: sich einen Kindheitstraum erfüllen und selbst Rennen fahren. «Jetzt ist die Zeit reif dazu», sagte er sich. Monika, seine Frau, sei anfangs nicht gerade begeistert gewesen, dann aber mit der ganzen Familie hinter ihm gestanden.

Müller sagte dem OK, dass es 2023 nicht mit ihm rechnen könne und schaute sich nach einem passenden Auto um. Fündig wurde er bei Daniel von Grüningen von der Daltec AG. Er vermietete ihm ein gutes Einsteigerauto (Formel BMW) für den Formelsport: Müller absolvierte den zweitägigen obligatorischen Lizenzkurs auf dem Hockenheimring und fuhr zwei Slalomrennen, bevor er sich an den Berg wagte. «Ich nahm mir vor», sagt er, «in einer Bergsaison alle Rennen zu fahren.» Es sein ein Traum, der in Erfüllung gegangen sei, schwärmt er. Sein Ziel, das Auto intakt ins jeweilige Ziel zu fahren, habe er erreicht. «Von Lauf zu Lauf habe ich mich verbessert», sagt er stolz, nachdem er die Videoaufnahmen analysiert hatte: «Momol, vom ersten zum letzten Rennen, da sieht man einen gewaltigen Unterschied in meiner Fahrweise!»

Und 2024? Er holt aus und sagt: «Nach Saisonende machte ich einen Rückblick und sagte mir: Die Ausrüstung ist zwar gekauft, aber die Saison war neben Wirtschaft und Hof schon recht happig.» Als er aber erfuhr, dass er das gleiche Formelauto wieder mieten könne, war für ihn klar, dass er die Lizenz nochmals lösen würde. «Der Suchtfaktor ist halt nicht zu unterschätzen», lacht er.

Alle Bergrennen einer Saison will er aber nicht mehr fahren. Das liege zeitlich einfach nicht drin. Und das gehe schliesslich auch ans Finanzielle. «Ehrlich gerechnet, kostet so ein Rennwochenende locker 2000 Franken», sagt er. Er habe sich immer gesagt, dass das Rennenfahren ein Hob­by bleiben soll, das das Geschäft nicht beeinträchtigt. Und so will er es auch in Zukunft halten.

Ausgeglichene Rechnung

Am 8. und 9. Juni findet 2024 die elfte Ausgabe des wiederbelebten Bergrennens Hemberg statt. Der Anlass ist in der Region gut verankert und die Bevölkerung steht hinter dem Anlass, zeigt sich Müller überzeugt. «Für mich ist das Bergrennen aus dem Toggenburg nicht mehr wegzudenken», meint er. Er ist stolz darauf, dass der Verein es geschafft hat, schuldenfrei zu werden und das Rennen wirtschaftlich zu betreiben und dabei die Bevölkerung miteinzubeziehen. Das beginne bei den Kässeligoofe und Chlötzlibuebe und ende bei den Gastrobetrieben und dem Dorffest. Gerade mit Letzterem habe man es in den vergangenen Jahren geschafft, den Umsatz auf verschiedene Einnahmestandbeine zu stellen. «Das Dorffest ist unsere Schlechtwetterversicherung», sagt er. Als zum Beispiel 2016 das Wetter nicht so gut war und weniger Besucher als erwartet kamen, lief dafür das Dorffest umso besser und sorgte für eine ausgeglichene Rechnung.

«Wir kosten den Steuerzahler nichts und finanzieren uns selbst», sagt er. Und zwei Wochen nach dem Anlass sei vom Rennen, ausser ein paar Bremsspuren auf dem Asphalt, nichts mehr zu sehen.


Bergrennen Hemberg

Bereits zum 11. Mal findet das Bergrennen Hemberg, organisiert durch den gleichnamigen Verein und rund 350 Helfer aus der Region, am zweiten Juniwochenende statt. Über 200 Fahrer nehmen die rund 1‘758 m lange Rennstrecke mit 157 m Höhendifferenz am ersten offiziellen Lauf der Schweizer Bergmeisterschaft in Angriff. Insgesamt verfolgen jeweils durchschnittlich 8000 Zuschauer die Trainingsläufe am Samstag und die Zeitrennen am Sonntag. Der Motorrennsportanlass unterliegt den Reglements des Verbands ASS (Autosport Schweiz) sowie übergeordnet der FIA (Fédération Internationale de l’Automobile). Informationen und Tickets über: www.bergrennen-hemberg.ch

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Autor/in
Michel Bossart

Michel Bossart ist Redaktor bei «Die Ostschweiz». Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte hat er für diverse Medien geschrieben. Er lebt in Benken (SG).

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