Der Schweizerische Gewerbeverband (sgv) wird im Herbst in Ausserrhoden aktiv die Werbetrommel für Nationalrat David Zuberbühler (SVP) rühren. Der kantonale Gewerbeverband lässt seine Unterstützung noch offen. Das könnte zu einer absurden Situation führen.
Die Gewerbekammer ist sozusagen das Parlament des Schweizerischen Gewerbeverbandes (sgv). Der Ausserrhoder Nationalrat David Zuberbühler (SVP) ist Mitglied dieser Kammer. Gleichzeitig ist er Vizepräsident des Fachverbands «schuhschweiz» und Mitinhaber eines Familienbetriebs mit über 60 Angestellten.
Alles in allem eine Art Idealprofil eines Gewerbevertreters in der Politik. Zumal Zuberbühler auch bei den Abstimmungen ausnahmslos im Sinn des Gewerbeverbands handelt.
Entsprechend wird Zuberbühler bei den Nationalratswahlen vom 20. Oktober vom Schweizerischen Gewerbeverband unterstützt - wie alle weiteren Mitglieder der Gewerbekammer, wenn sie das wünschen. Und zwar nicht nur ideell, sondern auch materiell: Mit einer Plakatkampagne in den jeweiligen Kantonen.
In Ausserrhoden wird der sgv also in den Wochen vor dem Wahltermin präsent sein mit Zuberbühlers Antlitz. Doch das Besondere an der Situation: Es ist alles andere als gesagt, dass der Gewerbeverband Ausserrhoden das auch tun wird.
Denn dort hat man an der letzten Mitgliederversammlung festgehalten, man werde im Fall von Kampfwahlen «die Personen anhören und danach eine Abstimmungsempfehlung festlegen.» Das ist alles andere als ein klares Bekenntnis zum bisherigen Nationalrat Zuberbühler. Explizit wird gesagt, dass es nicht sicher ist, dass der Amtsinhaber bei der Wiederwahl unterstützt wird.
Bisher ist noch unklar, ob es mehrere Kandidaten für den Nationalrat gibt. Am ehesten in Frage kommt die FDP, die versucht sein dürfte, den verlorenen Sitz zurückzuholen. Und die FDP ist es auch, die den Ausserrhoder Gewerbeverband stark prägt. Immerhin waren die Freisinnigen einst die fast im Alleingang bestimmende Macht im Kanton, und im Gewerbe hat sich diese Position noch gehalten. Gut möglich, dass sich der kantonale Verband deshalb heute noch so zurückhaltend gibt.
Die Unschlüssigkeit mutet aus einem weiteren Grund seltsam an. Die Wahlen sind bereits in fünf Monaten,und viele Verbände in anderen Kantonen haben bereits ihre Unterstützung ausgesprochen. Der St.Galler Gewerbeverband beispielsweise hat seine Liste mit den zwölf Kandidaten, die getragen werden, schon Mitte April veröffentlicht.
Die Marschroute von Gewerbe AR kann eigentlich nur bedeuten: Kommt ein gewerbenaher Kandidat mit FDP-Hintergrund ins Rennen, ist man dem Gedanken zugetan, diesen zu unterstützen. Dies, obwohl der amtierende Kandidat so gewerbenah wie nur möglich ist.
Zuberbühler selbst kommentiert die kryptische Bemerkung aus dem Ausserrhoder Gewerbe nicht. Das kann er auch schlecht, weil noch kein Entscheid gefallen ist. Er verweist nur allgemein auf die Plakatkampagne des Schweizerischen Gewerbeverbandes und auf seine gewerbefreundliche Politik.
Käme es zum Äussersten, wäre Ausserrhoden ein ganz besonderer Kanton vor dem Wahltermin: Dann würde der Schweizerische Gewerbeverband mit Plakaten für Zuberbühler werben - und der kantonale Gewerbeverband für einen anderen Kandidaten. Die jeweiligen Anstrengungen würden sich gegenseitig aufheben.
Angesichts der föderalen Struktur des Verbands könnte der Dachverband offiziell wenig dazu sagen, die Kantonalverbände handeln autonom. Hinter den Kulissen dürfte es anders klingen. Es ist kaum denkbar, dass der Schweizerische Gewerbeverband und der kantonale sich bekriegen.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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