Seine Kandidatur gehört derzeit zu den spannendsten in der Ostschweiz. Der frühere St.Galler Jörg Caluori will Gemeindepräsident von Niederbüren werden. Nicht alle unterstützen sein unorthodoxes Vorgehen. Aber gerade die Kritik von offizieller Stelle scheint ihm auch Sympathien einzubringen.
Zwei Kandidaten schickt eine Findungskommission ins Rennen um das Gemeindepräsidium in Niederbüren. Nach Torschluss meldete sich überraschend ein dritter Mann: Jörg Caluori, der ehemalige Geschäftsführer der St.Galler Buchhandlung Rösslitor. Er ist zusammen mit seiner Frau vor kurzem nach Niederbüren gezogen - und will nun gleich an die Spitze. Allerdings hat ihm die Findungskommission die Qualifikation für das Amt abgesprochen, ohne das detailliert zu begründen.
Im Interview sagt Caluori, wie er mit der Kritik umgeht, wie sein Wahlkampf als «wilder Kandidat» aussieht und was er im Fall einer Niederlage tut.
Vor knapp drei Wochen haben Sie Ihre Kandidat bekanntgegeben, Wie sahen die Reaktionen danach aus?
Jörg Caluori: Viele waren überrascht, es kamen jedoch auch viele positive und auch humorvolle Reaktionen. Wobei man sagen muss, dass sich die negativen Stimmen bekanntlich kaum melden.
Und in Niederbüren selbst? Werden Sie spontan auf der Strasse angesprochen?
Jörg Caluori: Ja, das werde ich, es ist toll, wenn man - sogar mit Namen - angesprochen und einem viel Glück gewünscht wird. Oder jemand anruft, nur um zu sagen: «ich habe Ihren Flyer bekommen und studiert, und meine Stimme haben Sie.»
Wie sieht es aus mit der ablehnenden Haltung der Findungskommission, wie sehen Sie das Ganze mit etwas Abstand?
Jörg Caluori: Ich hatte ein gutes Gespräch mit dem Vorsitzenden der Findungskommission, Bruno Eschmann. Ich denke jetzt, es war ein kleines Missverständnis. Ich habe einen Handwerker, der ebenfalls Mitglied der Findungskommission ist, im vergangenen Monat angesprochen und nachgefragt, was wäre, wenn ich mich aufstellen würde. Er gab mir zur Antwort: Das ist gelaufen, wir haben zwei Kandidaten ausgewählt und vorgeschlagen. Mir wurde jetzt zum Vorwurf gemacht, ich hätte mich, bevor ich meine Kandidatur gegenüber der Presse publik machte, mit ihnen in Kontakt treten sollen.
Bis zuletzt war unklar, was die Findungskommission genau bemängelt, bis auf das Alter als möglichen Grund. Haben Sie selbst Anhaltspunkte für dieses Vorgehen?
Jörg Caluori: Bei meinem Gespräch mit Eschmann konnte er mir auf dreimaliges Intervenieren meinerseits kaum einen Grund angeben, den des Alters habe ich selbst genannt mit dem Hinweis, man ist so alt wie man sich fühlt... Beim dritten Mal hat er dann gesagt, mein Vorgehen, direkt an die Presse zu gehen, sei für sie auch ein Grund gewesen.
Sie sind der einzige einheimische Kandidat, wenn auch erst seit kurzem in Niederbüren wohnhaft. Reicht die Zeit, um zum Vorteil zu werden?
Jörg Caluori: Wie immer und überall gesagt: ich muss nicht, ich darf! Ich habe noch einen Monat Zeit, mich zu positionieren, dabei habe ich die Bevölkerung und alle Gwerbler eingeladen, mich zu treffen, entweder bei ihnen oder bei mir. Dann haben alle die Möglichkeit, mich zu besuchen, ich werde abwechslungsweise in zwei Restaurants jeweils abends ab 19 Uhr für je zwei Stunden Rede und Antwort stehen. Ich lade alle ein, mit mir etwas zu trinken und mich auszufragen. Jeweils Montag und Mittwoch im Restaurant Schäfli, Dienstag und Donnerstag im Restaurant zur alten Herberge. Start 25. März bis 18. April. Also insgesamt 16 Mal.
Sie wurden in einer Zeitung auch schon als «Polteri» bezeichnet. Rächt sich allenfalls die offene Art, mit der Sie kommunizieren? Sind die Ängste begründet?
Jörg Caluori: Das «Polteri» bezieht sich vor allem auf ein Podiumsgespräch in St. Gallen, als ich mal sehr pointiert den Verantwortlichen der Stadt aufzeigte, gegen welche Windmühlen wir Gewerbetreibenden ankämpfen müssen, um uns Gehör zu verschaffen und auch, wie wir durch Beamte der Stadt behindert werden. Das war eine emotionale Rede, die aber mit einer «Standing Ovation» für mich endete. Ich fand das Wort «Polteri» im Zusammenhang, wie es die Journalistin formulierte, ein Kompliment: jemand, der seine Meinung ehrlich und offen wiedergibt. Es war ein sehr guter Artikel zu meinem Abschied aus dem Buchhandel.
Sie haben schon mehrere Unternehmen geführt. Ist die Führung einer Gemeinde damit vergleichbar aus Ihrer Sicht?
Jörg Caluori: Absolut, es geht doch auch darum, innerhalb eines abgesegneten Budgets das Optimum für die Gemeinde rauszuholen. Bei einer Firma ist man dem Verwaltungsrat Rechenschaft schuldig, in der Gemeinde den Bürgerinnen und Bürgern. Während meiner beruflichen Tätigkeit ab 1980 immer in Führungspositionen durfte ich mit tollen Teams zusammen erfolgreich Ziele der jeweiligen Unternehmung erreichen, und das kann und will ich auch in der Position des Gemeindepräsidenten.
Was geschieht, falls Sie chancenlos bleiben sollten: Fühlen Sie sich dann doch noch wohl am neuen Wohnort?
Jörg Caluori: Ja sicher! Nochmals: ich darf, ich muss nicht! Aber während dieser kurzen Zeit lerne ich doch fast alle Menschen der Gemeinde kennen, und dies kann auch ein Vorteil sein für unser künftiges Leben hier in dieser schönen Gemeinde. Als grundsätzlicher Menschenfreund mache ich meine Freundschaften nicht von der Zustimmung oder Ablehnung für meine Kandidatur abhängig.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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