«Tote Ärsche (wein)en nicht – ohne sich dabei aufzufr(essen)» nennt der Rheintaler Künstler Kuspi 023 seine neue Ausstellung. In dieser stecken viel Aufwand, Gesellschaftskritik und skurriler Humor.
Der Rundgang durch die Ausstellung kommt schliesslich beim «Arschgesicht» an. «Das ‹Arschgesicht› hat zwei Gesichter», sagt Kurt Spirig, besser bekannt als Kuspi, und macht einen Schritt um die massive Bronzebüste herum. «Von dieser Seite sieht es ganz anders aus.» Es geht weiter, vorbei am «Chor der toten Ärsche», den «Arschlöchern» eins, zwei und drei oder dem «Überwachungsarsch». Bei Letzterem handelt es sich um den Deckel einer Spraydose, die so auf einer Fläche platziert wurde, dass man sie für eine Überwachungskamera halten könnte.
«Tote Ärsche (wein)en nicht – ohne sich dabei aufzufr(essen)» ist voller Doppelbödigkeiten und Gesellschaftskritik – ein typisches Merkmal von Kuspis Kunst. Am Freitag eröffnet seine neue Ausstellung in der Werkstatt für Restaurierung und Design von Othmar Spirig in Rheineck.
Verarscht der Widnauer sein Publikum? «Nein, ich will die Besucherinnen und Besucher zum Denken anregen. Heute, da alles Krieg führt», sagt er. Mit dem Begriff «Arsch» provoziere er bewusst. «Damit die Leute ein bisschen ins Studieren kommen.»
«Tote Ärsche sind gefährlich»
Kuspi findet, dass es immer mehr Ärsche in der Welt gibt. Er schätzt, dass die Weltbevölkerung wohl zu 80 Prozent aus Ärschen und zu 20 Prozent aus Menschen besteht. «Vor allem in den höheren Kreisen, in denen es um Macht und Geld geht», sagt er. Mit seiner Kunst kritisiert er aber nicht nur die lebenden, sondern auch die toten Ärsche.
«Tote Ärsche sind gefährlich, weil sie Ideologien entwickelt haben, die die heutigen Ärsche in noch extremerer Form zurückbringen.» Der Arsch sei ein guter Begriff, um die Menschen generell zu kritisieren. «Ein Arsch ist weder männlich noch weiblich», sagt Kuspi.
Trotz Kuspis pessimistischem, wenn nicht fatalistischem Blick auf die Welt ist seiner Ausstellung der Humor nicht abhandengekommen. Wenngleich dieser auf einige Besucherinnen und Besucher wohl etwas eigen und obskur wirken könnte. «Eigentlich bin ich Volloptimist, sonst wäre ich nicht Künstler geworden», sagt Kuspi.
Keinen Aufwand gescheut
Die Ausstellung setzt sich sowohl aus neuen Werken von Kuspi als auch aus bestehender Kunst aus seinem Repertoire zusammen, die er aber in neuen Installationen präsentiert. Zwei Monate lang hat er die Ausstellung kuratiert. Bei der Gestaltung seiner Werke verwendete er unterschiedliche Materialien und scheute keinen Aufwand.
Er goss Bronze, klebte und kochte sogar während drei Tagen Knochen aus den Überresten eines Pferds. «Ich muss selber erfahren wie das geht», sagte er zum Rossmetzger, als ihm dieser anbot, die Arbeit abzunehmen.
Wer nun die Ärsche dieser Welt sein sollen, lässt Kuspi offen. Dazu passt die Geschichte, die er am Ende des Rundgangs vor einer Skulptur seiner Ur-Urgrossmutter erzählt. Die geht so: Im Jahr 1860 sassen die Frauen und Männer in der Kirche getrennt voneinander. Seine Ur-Urgrossmutter, eine stämmige Frau, habe sich aber immer zu den Männern gesellt. Dem Pfarrer missfiel das natürlich. Irgendwann wies er die Frau zurecht, was diese mit einer Ohrfeige quittierte. In der Folge musste der Bischof kommen – um die Kirche neu zu weihen. Wer ist nun der Arsch in der Geschichte?
Hinweis: Die Vernissage für «Tote Ärsche (wein)en nicht – ohne sich dabei aufzufr(essen)» findet am kommenden Freitag, ab 19 Uhr, an der Hauptstrasse 16 in Rheineck statt.
Dieser Text ist zuerst auf Rheintaler.ch erschienen.
(Bilder: Yann Lengacher)
Yann Lengacher ist Redaktor bei der Zeitung «Der Rheintaler»
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.