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Kommentar - Falsche Prioritäten

Die SVP sollte die eigene Jungpartei zurückpfeifen – Woke-Kultur ist nicht das dringendste Problem unserer Zeit

Die Junge SVP Schweiz hat sich dem «Kampf dem Woke-Wahn» verschrieben. Man kann von dem Thema halten, was man will: aktuell gehört es wohl kaum zu den dringendsten Geschäften, die unsere Politikerinnen und Politiker angehen müssen. Es gibt dringendere Probleme.

Marcel Baumgartner am 07. September 2023

Bürgerinnen und Bürger. Oder doch Bürger:innen. Oder irgendwann einmal Bürger*sowieso.

Ja, wir werden tagtäglich mit unschönen Formulierungen konfrontiert. Diese sind gerade in den Medien so unterschiedlich, wie die Meinungen in der Bevölkerung über Sinn und Unsinn dieser Massnahmen.

Je nach dem, wen man befragt, erhält man eine andere Antwort, wie wichtig es ist, in unserer Sprache alle einzuschliessen. Werden mit der «übergeordneten» maskulinen Form alle und alles umfasst? Oder braucht es doch Formulierungen, die absolut niemanden ausschliessen? Hier gehen die Meinungen auseinander. Und wir werden uns wohl auch nicht so schnell einigen.

Die Junge SVP Schweiz hat hierbei ein Thema erkannt, mit dem sie offensichtlich Emotionen zu wecken glaubt. Die Jungpartei versammelte sich kürzlich im Kanton Graubünden und verabschiedete ihr Parteiprogramm. Die wichtigste Neuerung betrifft laut Angaben der Partei den «Kampf dem Woke-Wahn».

Sie schreibt dazu: «Damit formalisiert die Junge SVP ihre Bemühungen, den linksideologischen Angriff auf unsere freiheitliche gesellschaftliche Ordnung abzuwehren. Um dem Gender-Unsinn entgegenzuwirken, und um nicht in das Sprach-Diktat der Linken einzustimmen, beschlossen die Delegierten zudem, dass im gesamten Parteiprogramm ausschliesslich das generischen Maskulin zu verwenden sei.»

Das kann und darf man machen. Wir leben in einem freien Land.

Um ihr Anliegen noch zu unterstreichen, erwähnen die Jungen der SVP zudem, dass die Parteileitung ab sofort keine Mails und Briefe mehr beantwortet, in denen der Genderstern oder andere «sprachlichen Verhunzungen» vorkommen. Man ist aber doch noch so nett und ermöglicht dem Absender, die Nachricht nochmals zu verfassen – in der für die Jung-SVP befundenen korrekten Form natürlich.

Mitteilungen wie etwas «Sehr geehrte Jungpolitiker*innen, ich würde euch sehr gerne eine Spende für den Wahlkampf zukommen lassen. Bitte teilt mir eure Kontoangaben mit», werden künftig also nicht mehr beantwortet.

Um es klarzustellen: Ich selbst befürworte die neuen Formulierungsmöglichkeiten nicht. Sie sind mir zu wirr. Ich bin wohl dafür, dass man – so wie man es früher in der Journalistenschule gelernt hat –, beide Geschlechter anspricht, möchte das aber nicht zum Exzess führen. Es kann nicht sein, dass letztlich ein Text unleserlich wird, weil man die Zielgruppe* sowie mögliche Kritikerinnen und Kritiker und andere Empfänger:innen gemäss der reinen Sprachregelung berücksichtigen muss.

Absolut verständlich, dass sich ein Teil der Bevölkerung - insbesondere der schreibende und lesende Teil - darüber aufregt, dass hier nach neuen Ansätzen gesucht wird. Das kann und soll man diskutierten.

Aber bitte, liebe Jung-SVP, sucht euch ein Thema, das effektiv zur Verbesserung unserer Lebenssituation beiträgt. Es gibt einige davon, Ihr habt die Qual der Wahl.

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Autor/in
Marcel Baumgartner

Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».

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