Will sie Bundesrätin werden, oder will sie es nicht? Lange blieb sie eine Antwort schuldig. Nun ist klar: Esther Friedli will nicht. Zumindest nicht jetzt. Allerdings steigt die Toggenburgerin für die St.Galler SVP ins Rennen um den Ständeratssitz von Paul Rechsteiner.
Lange hielt sie sich zurück, heute Freitag hat sie ihre Entscheidung an einer Medienkonferenz erläutert. Esther Friedlis Name fiel unmittelbar nach der Rücktrittsankündigung von Bundesrat Maurer, als es um potenzielle Nachfolgerinnen und Nachfolger ging. Und dies, obwohl die Lebenspartnerin von Ex-Nationalrat Toni Brunner erst seit kurzer Zeit für die SVP im Nationalrat politisiert – obwohl sie überhaupt erst seit kurzer Zeit für die besagte Partei politisiert.
Aber Friedli hat sich rasch sehr gut positioniert. Heute wird die Politikerin eigentlich mit praktisch allen Ämtern in Verbindung gebracht, die es zu besetzen gilt.
Nationalrat? Friedli. Regierungsrat? Friedli. Ständerat? Friedli. Bundesrat? Friedli.
Es dürfte für sie durchaus verlockend gewesen sein, nun ins Rennen für den Sitz von Ueli Maurer zu steigen. Toni Brunner hat das mit der Forderung, nun endlich eine SVP-Bundesrätin zu wählen, noch untermauert.
Dass sich nun aber gleichzeitig die Chance für die SVP St.Gallen eröffnet, endlich den Ständeratssitz in Beschlag zu nehmen, dürfte Friedlis Entscheidungsprozess erheblich komplizierter gemacht haben.
Aus Sicht der Partei – zumindest aus jener der Schweizerischen SVP – ist die Rechnung aber eine einfache: Den Bundesratssitz holt man sich sowieso – wenn, dann halt mit Rösti. Aber für den Ständeratssitz braucht es dann schon eine Kandidatin – und ja, aktuell dürfte es effektiv eine Frauenwahl werden –, die in der öffentlichen Meinung über ein Bundesratsformat verfügt. Also Friedli.
Entsprechend ist der heute kommunizierte Entscheid von ihr keine Überraschung. Im Gegenteil. Alles andere wäre eine Überraschung gewesen – zumindest mit Blick auf die aktuelle Situation.
Mit Friedlis Ankündigung, für den Ständeratssitz zu kandidieren, beginnen bei der SVP die Träumereien. Es dürfte aber kein leichtes Unterfangen werden, die Wahl zu gewinnen.
Mit SP-Nationalrätin Barbara Gysi hat bereits ein erstes Schwergewicht Anspruch angemeldet.
Und wenn nicht alle Stricke reissen, wird es ihr in den nächsten Tagen auch FDP-Nationalrätin Susanne Vincenz gleichtun.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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