Luxushandtaschen können eine gute Geldanlage sein. Dies macht sich beim Wiederverkauf bemerkbar. In der Ostschweiz haben sich gleich mehrere Unternehmen darauf spezialisiert. Weshalb auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die teuren Taschen gefragt sind.
Eine Hermès Evelyne für 1'690 Franken. Die Chanel Mademoiselle Classic Flap für 2'650 Franken. Oder doch lieber der Louis Vuitton Rucksack für 1'690 Franken? Dreht sich Inhaberin Patricia van Dam in ihrem Laden in Gais um die eigene Achse, hat sie gleich mehrere Handtaschen im Blick, die alleine für sich schon den Wert eines Kleinwagens ausmachen. Vielleicht einen gebrauchten, aber das sind die Handtaschen ebenfalls.
Gut gemacht
Secondhand-Markentaschen erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Vergessen sind die Zeiten, als Secondhand noch mit «ranziger, müffelnder und abgenutzter Ware» in Verbindung gebracht und darüber die Nase gerümpft wurde. Statt dessen sehen viele wie neu aus. Es sind Stücke, die bei ihren Besitzern eben nicht die grosse Liebe war, als Geschenk den Geschmack verpassten – oder einfach ihren Dienst erwiesen haben.
Die Handtaschen werden professional gereinigt, wenn nötig repariert und kontrolliert, bis sie weiterverkauft werden. Gerade letzteres ist in Anbetracht des ständig wachsenden Schwarzmarkts wichtig. «Mittlerweile sind die Fake-Waren gut gemacht», sagt van Dam. Doch ihr Team und sie hätten ein geschultes Auge, und auch die fixen Code-Kontrollen entlarven die Betrüger.
Patricia van Dam.
Fake-Handtaschen zu meiden, das vermittelt van Dam auch ihren Kundinnen und Kunden. Ihr liegt es am Herzen, dass nur echte Ware getragen wird. «Eine Marken-Tasche ist ein bewusster Entscheid. Eine Fake-Tasche hingegen lügt dich den ganzen Tag an. Die gesamte Fake-Industrie ist ein ekliges Geschäft – dafür wird unter anderem der Krieg, Kinderarbeit und Waffenhandel unterstützt.» Wer nicht so viel Geld für eine Marken-Handtasche ausgeben möchte, sollte statt dessen lieber auf eine No-Name setzen, findet sie.
Fake auf Vormarsch
Ein wachsames Auge auf Fake-Ware hat auch Christina Gaja. Sie betreibt in Wil seit über dreieinhalb Jahren einen Secondhand-Shop für Luxushandtaschen. Gerade auf Online-Auktionshäusern seien viele Betrüger unterwegs. Für einen Laien eine echte von einer gefälschten Tasche zu unterscheiden, sei mittlerweile fast unmöglich. «Wenn die Kundinnen dann ihre vermeintlich ‘echte’ Tasche an uns verkaufen wollen, und wir diese als Fake entlarven, ist der Ärger verständlicherweise gross», sagt Christina Gaja im Gespräch.
Auch bei ihr im Laden stehen Secondhand-Taschen von Fendi, Gucci oder Chanel zum Weiterverkauf. Letztere kann auch gebraucht für 4'690 Franken eine neue Besitzerin oder Besitzer finden. Wenn der Zustand gut ist. «Insofern ist eine Tasche von Hermès oder Chanel eine gute Investition», sagt sie. Zwischen 20 und 30 Prozent hätten die Hersteller die Preise in den letzten Jahren erhöht. Und der Markt zieht offenbar mit.
Ratenzahlungen erwünscht
Trotz wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind Markenhandtaschen gefragt. Nicht zuletzt auch durch die ständige Präsenz in den Sozialen Medien. Und nicht immer seien es Kunden, die besonders viel Geld hätten. Laut Gaja sind inzwischen auch Ratenzahlungen gefragt. «Viele junge Kundinnen legen Wert auf eine Markenhandtasche, finanziell ist es aber nicht immer gleich möglich.»
Viele Taschen verkauft sie im Raum Zürich und der westlichen Schweiz. Zu auffällige Taschen sind in der eher modisch zurückhaltenden Ostschweiz weniger gefragt. Beliebt sind beispielsweise Modelle von Louis Vuitton oder Gucci.
Warteliste für die Birkin Bag
Die bekannte Birkin Bag von Hermès beispielsweise wird neu ab etwa 12'000 Franken gehandelt – nach oben gibt es kein Limit. Wer jedoch denkt, man erhält diese «einfach so» in einem Geschäft, der täuscht sich. Das Unternehmen führt eine Warteliste. Interessierte müssen sich bis zu fünf Jahre gedulden, bis sie – möglicherweise – in den Genuss einer Birkin kommen. Wurde eine solche Luxushandtasche nicht oft getragen und gut zu ihr geschaut, kann der Weiterverkauf unter Umständen ein gutes Geschäft sein.
Grosse Nachfrage
Auch die Ostschweizer Unternehmen erfreuen sich guter Umsatzzahlen. Das Geschäft nahm zu Corona-Zeiten so richtig Fahrt auf, erinnert sich Patricia van Dam zurück. «Auf das Reisen oder Auswärts-Essen musste verzichtet werden, statt dessen kamen viele auf den Geschmack des Online-Shoppings», erinnert sie sich an die Zeit zurück.
Sie vermutete, dass nach der Pandemie die Nachfrage wieder abflauen würde. Doch das Gegenteil ist der Fall. Ihre Kundinnen kommen aus der ganzen Schweiz, gekauft wird zu 90 Prozent über den Online-Shop.
Liebe zu Taschen
Damals, vor 13 Jahren, als sie ihr Geschäft aufzog, hätte sie nicht daran gedacht, dass sie heute an dieser Stelle stehen würde. Luxushandtaschen bedeuteten ihr zu Beginn nicht wirklich viel. Durch ihre vier Kinder wurde Patricia van Dam in die Selbstständigkeit geleitet, weil sie eine flexible Arbeitsstelle gewünscht hat. «Durch eine Freundin wurde ich mit der Liebe zu Luxustaschen angesteckt», sagt sie und lacht.
Freundinnen waren es auch in Christina Gajas Fall. Sie hatte viele Bekannte, die ihre Markentasche unbenutzt im Schrank stehen hatten. Schliesslich folgte die Idee, daraus ein Geschäftsmodell zu machen.
Beide Geschäftsfrauen hoffen, dass die Nachfrage nach Luxustaschen weiter anhält. Und wie gross ist die tägliche Versuchung, ständig eine neue gebrauchte Handtasche zu kaufen? Inzwischen habe sie den Wert der Taschen zwar schätzen gelernt, sagt Patricia van Dam. «Aber ich freue mich auch, wenn die Tasche einen neuen Besitzer oder Besitzerin findet.»
Ähnlich pragmatisch geht auch Christina Gaja damit um. Ihre Traumtasche von Celine sei im Alltag mit drei Kindern nicht immer sinnvoll – und manchmal ist das Betrachten der Taschen im eigenen Geschäft eben auch Luxus genug.
(Bild: PD)
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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