Volk und Stände lehnten am Sonntag, 9. Juni die beiden Gesundheitsinitiativen ab. Das bedeutet weitere Jahre des Stillstandes ohne Lösungen und grundlegende Reformen zur Eindämpfung der Gesundheitskosten, steigende Prämien für alle Menschen und gewinnorientierte Unternehmensstrategien der Spitäler.
Die jüngsten Entwicklungen im KSSG sind besorgniserregend. Mit der Kündigung der Pflegechefin treten nach den finanziellen Schwierigkeiten des Spitals und den daraus resultierenden Sparmassnahmen neue deutliche Signale zutage. Die Sparmassnahmen haben zu einem Stellenabbau und einer massiven Fluktuation geführt, welche den Personalmangel verschärfen und die Arbeitsbedingungen der verbleibenden Pflegekräfte belastet. Die derzeitige Ausrichtung, bei der Wettbewerbsdruck, falsche Anreize durch die Fallpauschalen und der Ausbau lukrativer Geschäftsfelder im Vordergrund stehen, scheint den Faktor Mensch und die Grundversorgung zu vernachlässigen und ist nicht nachhaltig aufgestellt.
Die zukünftigen Herausforderungen werden durch den bestehenden Fachkräftemangel, einer halbherzig umgesetzten Pflegeinitiative, die Verselbständigung der Spitäler zu gewinnorientierten Unternehmen, Investitions- und Unterhaltsstaus der baulichen und betrieblichen Infrastruktur und anhaltenden Diskussionen um gewinnbringende Leistungsaufträge (Stichwort Herzzentrum) nicht weniger.
Dies alles steht im Kontext mit dem Handlungsspielraum und der finanziellen Situation von Bund und Kanton. Das „heisse Eisen“ Gesundheitssystem wird weiterhin herumgereicht und die Kosten steigen, ohne dass sich alle Akteure in der Verantwortung sehen. Es ist nun an der Politik, Lösungen für die Krise zu finden und ein starkes, solidarisches Gesundheitssystem zu unterstützen.
Die Öffentlichkeit muss mehr Verantwortung übernehmen. Bund, Kantone und Gemeinden müssen sich zuständig fühlen. Das System darf nicht dem Wettbewerb überlassen werden. Kurzfristige Massnahmen wie die nationale Spitalplanung, die konsequente Umsetzung der Pflegeinitiative, die Vermeidung von Doppelspurigkeit in der Behandlung oder die Anpassung der Tarifstruktur sollen langfristige, strukturelle Reformen in Gang setzen. Dazu gehören die Förderung der integrierten Versorgungssysteme, die Reform der Vergütungssysteme, die Stärkung der Primärversorgung, die vollständige Digitalisierung im Gesundheitswesen und die bessere Einbindung des Patienten in die Entscheidung durch mehr Kosten und Qualitätstransparenz.
Ich rufe alle politischen Entscheidungsträger dazu auf, die dringliche Situation im Gesundheitssystem zu erkennen und entschlossen zu handeln. Unser Gesundheitssystem darf nicht weiter unter finanziellen Zwängen leiden, die letztlich auf Kosten der Patienten und des Pflegepersonals gehen. Es bedarf eines klaren politischen Willens und gemeinsamer Anstrengungen, um diese Krise zu bewältigen und nachhaltige Lösungen zu finden – Stillstand ist keine Option!
Adrian Scheibler, Kandidat Stadtparlament – Die Mitte Stadt St.Gallen
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