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Kunstturnzentrum in Not

Kurz vor Weihnachten flatterte die Kündigung aus Mogelsberg ins Haus: Kunstturnerinnen suchen händeringend nach neuer Halle

Immense Heizkosten und eine alte, fossile Heizung – diese teure Kombination wird für die Kunstturnerinnen des Trainingszentrums Fürstenland Frauen zum Verhängnis. Nun steht Giulias Steingrubers Verein ab dem Sommer ohne Halle da.

Manuela Bruhin am 11. Januar 2024

• Seit sieben Jahren trainieren die Kunstturnerinnen der Fürstenland Frauen in Mogelsberg, nachdem die Zusammenarbeit mit dem Regionalen Leistungszentrum Ostschweizer (RLZO) in Wil aufgegeben worden war.

• Die dortige Heizung ist alt. Der Eigentümer muss hohe Kosten investieren, um das gesamte Gebäude beheizen zu können.

• Nach verschiedenen Abklärungen wurde keine sinnvolle Lösung gefunden. Die Turnerinnen suchen nun eine neue Halle. Das Budget ist knapp, die Zeit ebenso.

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Rückschläge gehören zum Sport. Die Erfahrung macht derzeit auch das Trainingszentrum Fürstenland Frauen (TZFF). Nach sieben erfolgreichen Jahren im «Gym Resort Mogelsberg» kommt nun ein herbes Ende. Ungewollt.

Was ist passiert? Die dortige Ölheizung ist in die Jahre gekommen. Die Turnhalle war ursprünglich Teil eines ganzen Hotelresorts gewesen, das schon lange stillgelegt ist.

Seit dem Einzug hat sich die vom TZFF fürs Kunstturnen perfekt eingerichtete und für rund 300'000 Franken umgebaute Halle zu einem erfolgreichen Kompetenzzentrum Kunstturnen Frauen entwickelt. 30 Turnerinnen aus der Region St.Gallen und Mogelsberg finden hier seit über sieben Jahren professionelle Trainingsmöglichkeiten.

Gesundheit und Sicherheit

Um auf Topniveau zu trainieren, ohne Verletzungen zu riskieren, brauchen die Sportlerinnen für ihr Training eine Temperatur von 21 Grad. «Wir können nicht bei einer üblichen Turnhallentemperatur trainieren», sagt TZFF-Präsidentin Deborah Koster im Gespräch mit «Die Ostschweiz».

Einerseits gehe es dabei um die Gesundheit der Turnerinnen. Sie verbringen zwar drei bis vier Stunden in der Halle, aber die Übungseinheiten an den Geräten und am Boden sind immer wieder von Pausen unterbrochen. Auch in dieser bewegungsfreien Zeit müssen die Muskeln warm bleiben.

Andererseits geht es um Schutzmassnahmen, die eine etwas höhere Temperatur voraussetzt. «Wenn die Umgebungstemperatur zu kalt ist, ist die Griffigkeit am Barren nicht mehr gewährleistet. Dann wird es rutschig und somit gefährlich für die Turnerinnen», sagt Koster weiter.

Hohe Kosten

Die Ölheizung in Mogelsberg wurde so ausgelegt, dass der ganze Gebäudekomplex beheizt wird. Es ist nicht möglich, nur Teilbereiche zu erwärmen. Weil die anderen Räume jedoch derzeit nicht benutzt werden, stellt die Wärmeleistung für den Vermieter einen grossen Kostenpunkt dar.

In den vergangenen Monaten wurden deshalb verschiedene Szenarien geprüft. Denkbar waren beispielsweise Heizstrahler an der Decke oder Server im angrenzenden Ressort-Hotel, welche die Wärme an die Turnhalle ableiten sollten. «Aus verschiedensten Gründen würden die Ideen jedoch nicht den gewünschten Erfolg bringen», fasst es Koster zusammen. Die Konsequenz: Wenige Tage vor Weihnachten ist die Kündigung ins Haus geflattert.

Eine turbulente Zeit

Ein herber Rückschlag für den Verein. In Mogelsberg fand laut den Verantwortlichen eine riesige Entwicklung statt, das technische Niveau aller Altersklassen sei mittlerweile um ein Vielfaches höher als noch vor einigen Jahren. Nach einer turbulenten Zeit kamen die Mitglieder in Mogelsberg zur Ruhe.

Bis im Sommer 2017 konnte sich das TZFF im Regionalen Leistungszentrum Ostschweiz (RLZO) in Wil einmieten. Aufgrund von Kapazitätsengpässen wurde der Mietvertrag auf Ende 2017 gekündigt. Die Halle in Mogelsberg war für das TZFF ein «Glücksfall». Zuvor war man vor der grössten Herausforderung der 30-jährigen Vereinsgeschichte gestanden, weil man eine neue Trainingshalle finden musste, das Budget aber knapp war.

Rückkehr nach Wil?

Nun, nachdem es personelle Rochaden in Wil gegeben hat – wäre eine Rückkehr ins Regionale Leistungszentrum Ostschweiz für den Verein denkbar? «Unser Wunschziel ist es ganz klar, eine eigene Halle betreiben zu können», sagt Koster. «Wir wollen unsere Arbeit in gewohnter Qualität weiterführen – und nicht zuletzt für unsere Visionen ist die Eigenständigkeit erwünscht.»

Zudem sei es ein Ziel, die Halle in der trainingsfreien Zeit weiterhin auch der Öffentlichkeit und anderen Vereinen zugänglich zu machen. Dies ist einerseits ein wichtiger Pfeiler der gesunden Vereinsfinanzen und soll andererseits Mädchen in der Umgebung den Kunstturnsport näherbringen.

Grosse Herausforderung

Die Zeit in Mogelsberg war eine wichtige Zeit, um sich von den ganzen Strapazen der Vergangenheit erholen zu können, um wieder «durchzuatmen», wie es Koster nennt. Dies nicht nur mental, sondern auch finanziell.

Zwar stehe man unterdessen im Austausch mit den Verantwortlichen in Wil. Doch in den letzten sieben Jahren habe man wertvolle Erfahrungen gesammelt und eine entsprechende Entwicklung durchlaufen. «Wir wollen unser Angebot so betreiben, wie wir es für richtig halten. Deshalb brauchen wir eine eigene Halle.»

Man sei sich bewusst, dass die Herausforderung riesig sei. Die Kündigung sei auf den 30. Juni fällig, allenfalls wäre sie auf Ende September verlängerbar. «Einen weiteren Winter wird es in Mogelsberg aber definitiv nicht mehr geben», sagt Koster.

Kunstturnen

Marianne Steinemann, Cheftrainerin; Christian Casutt, Sekretariat und Projektleiter für die Suche nach der neuen Halle; Deborah Koster, Präsidentin; Helen Landolt, Marketing; Fernando Vieitez, Finanzen; Yvonne Böhi, Freud und Leid (von links). (Bild: PD)

Über die Festtage hat sich der Vorstand ausgetauscht und ein Projektteam gegründet. Vor wenigen Tagen wurde intern und extern kommuniziert und die Hallensuche auf der Webseite publik gemacht. Und die Rückmeldungen seien immens, sagt Koster.

«Die Unterstützung ist riesig, was uns natürlich sehr freut.» Die Zeit ist knapp, das Budget ebenso – die Anforderungen an die neue Halle sind deshalb aber nicht kleiner. Die Lösung müsse deshalb langfristig sein. Noch ein Umzug, der unweigerlich Kosten mit sich zieht, könnte die gesunden Finanzen des Vereins gehörig ins Wanken bringen.

Und was, wenn innerhalb der Frist keine Halle gefunden wird? Dann müssen die Verantwortlichen einen Plan B in der Tasche haben. «Ja, es wird sehr schwierig. Aber wir nehmen die Gegebenheiten so an, wie sie sind. Wir haben es schon einmal geschafft – weshalb also nicht auch ein zweites Mal?»

Der Verein Trainingszentrum Fürstenland Frauen (TZFF)

Das Trainingszentrum Fürstenland Frauen (TZFF) ist ein Sportverein, der sich dem Kunstturnen für Mädchen widmet. Er wurde im Jahr 2003 gegründet und verfügt über ein Kompetenzzentrum für Kunstturnen in Mogelsberg. Das TZFF bietet professionelle Trainingsbedingungen, eine qualifizierte Trainercrew und eine individuelle Förderung für turnbegeisterte Mädchen. Das TZ Fürstenland Frauen ist ein anerkanntes Kantonales Trainingszentrum und Mitglied des Schweizerischen Turnverband (STV), des St.Galler Turnverbands (SGTV) und des Kreisturnverband Toggenburg (KTVT). Ausserdem ist das TZ Fürstenland Frauen aktives Mitglied bei IG Sport Region Gossau und pflegt den freundschaftlichen Kontakt zu den Stammvereinen der Turnerinnen. Der TV Gossau und der STV Oberbüren gehören zu den wichtigsten Stammvereinen. Das TZ Fürstenland Frauen arbeitet mit ausgewählten, talentierten Mädchen, die aus der der gesamten Region Ostschweiz kommen. (oh)

Hier gibt es weitere Informationen zur Hallensuche des TZ Fürstenland Frauen.

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Autor/in
Manuela Bruhin

Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».

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