Roland Rino Büchel, SVP-Nationalrat seit 1. März 2010.
Noch weiss niemand, wie die 13. AHV-Rente bezahlt werden soll. Aber die Bürger setzten ein klares Zeichen. Für den St.Galler SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel und Gabriel Macedo, Präsident der Thurgauer FDP, ist klar: Die Bürger haben genug von der aktuellen politischen Stossrichtung.
Nicht wenige haben sich am Sonntag verwundert die Augen gerieben, als klar wurde, dass sich das Schweizer Stimmvolk sehr deutlich für eine 13. AHV-Rente ausgesprochen hat. Ein Land, das bisher – zumindest vor der Corona-Zeit – immer zurückhaltend mit immensen Ausgaben war, stimmt einer Vorlage zu, die genau solche Kosten verursacht und deren Finanzierung noch in keiner Weise klar ist. Die Rechnung dafür werden die Bürgerinnen und Bürger in der einen oder anderen Form in den nächsten Jahren erhalten.
Während die linken Politikerinnen und Politiker jubelten, war bei der bürgerlichen Seite nur Erstaunen und teilweise sogar Schockstarre zu erkennen.
«Die Ostschweiz» hat beim St.Galler SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel und dem Thurgauer FDP-Präsidenten, Gabriel Macedo, die Stimmungslage abgecheckt. Und das Fazit fällt alles andere als gut aus.
Verfehlte Politik?
Erste Frage an die beiden Politiker: Die Annahme der 13. AHV-Rente kann auch als Klatsche für unsere Parlamentarier angesehen werden. Hat das Schweizer Volk genug von einer «verfehlten Politik»?
Roland Büchel räumt ein, dass er in den vergangenen Wochen sehr viel «unter den Leuten» war. Der Satz, den er da mit Abstand am meisten gehört habe, sei der folgende: «Für alle und alles gibt der Staat Geld aus, aber um uns Bürger kümmert er sich nicht.» Für Büchel steht fest: «Ja, diese Menschen sind der Ansicht, dass das Parlament in Bern eine verfehlte Politik betreibt.»
Gabriel Macedo wirft zudem ein: «Das Abstimmungsergebnis zeigt, dass heutzutage unehrliche und verantwortungsvolle Politik salonfähig und sogar mehrheitsfähig ist. Während Ängste aktiv bewirtschaftet werden, sind Lösungen unsexy geworden. Die Einführung einer 13. AHV-Rente belastet ab 2026 die bereits angeschlagenen Bundesfinanzen jährlich mit 800 Millionen zusätzlich. Die Linken stehen hier nun in der Verantwortung, Wege aufzuzeigen, wie der steigende Bundesanteil unter der Einhaltung der Schuldenbremse – ebenfalls Verfassungsauftrag – finanziert werden kann.»
Roland Rino Büchel, SVP-Nationalrat seit 1. März 2010.
Wird die Schweiz zum «Selbstbedienungsladen»?
Klare Worte. Unklare Lösungen. Aber die Schleusen wurden geöffnet. Und bereits stehen weitere Forderungen im Raum. Wird die Schweiz nun also zu einer Art «Selbstbedienungsladen»?
Büchel sieht das durchaus kommen: «Wir werden zeitnah verschiedene Volksabstimmungen haben, wo enorme Summen in purer Sozialistenmanier umverteilt werden sollen. Wir werden einige Male nein sagen müssen, wenn die Finanzen im Land künftig nicht komplett aus dem Ruder laufen sollen.»
Ähnlich sieht das auch Macedo. Während er im Gesundheitswesen eine All-Inklusiv-Mentalität feststelle, könnte man nun bei der AHV-Abstimmung tatsächlich von einer Art Selbstbedienungsmentalität sprechen: «Letztlich hat aber beides mit fehlender Eigenverantwortung zu tun. In beiden Bereichen soll die Allgemeinheit im Giesskannenprinzip Gelder verteilen. Bisherige Systeme werden unverantwortlich über Bord geworfen. Während im Gesundheitswesen nicht immer gleich wegen jeder Kleinigkeit der Hausarzt oder die Notfallstation aufgesucht werden müsste, geht die private Vorsorge bei der Altersvorsorge immer mehr vergessen. Diese egoistische Entwicklung beobachte ich mit Sorge.»
Gabriel Macedo, FDP, TG
Gehen wir in eine neue Richtung?
Keine rosigen Entwicklungen also. So zumindest die Sichtweise der beiden Ostschweizer Politiker. Verschiedene Medien sprachen von einem historischen Entscheid, von einer Trendwende. Trifft das zu?
Für Gabriel Macedo definitiv. Die Auswirkungen dieses Entscheids würden auch unsere Enkel noch tragen müssen. Er sei nicht länger bereit, laufend Steuern und Abgaben zu erhöhen, damit der AHV-Fonds nicht in die roten Zahlen rutschte. Jede Erhöhung von Steuern und Abgaben zulasten des Mittelstandes zur AHV-Finanzierung müsse abgelehnt werden, wenn parallel dazu keine strukturellen Sanierungsmassnahmen beschlossen würden. Das Parlament dürfe keine Hand bieten, um eine linke Giesskannenpolitik auf Kosten der Kaufkraft der Erwerbstätigen zu finanzieren. Der Mittelstand dürfe nicht weiter geschröpft werden.
Roland Rino Büchel nimmt hier die Linken in die Pflicht: «In den letzten Tagen haben wir dazu allerlei gehört und gelesen. Da wurde in den Kommentaren frei philosophiert. Jetzt müssen jährlich rund 5'000 Millionen Franken neu aufgebracht werden. Und was tun die linken Promotoren der Initiative? Sie zeigen keine Bereitschaft, in anderen Bereichen zu sparen, um die Bürger zu entlasten.»
Milchbuchrechnung adieu?
Wir warten nun also auf Lösungen. Man fragt sich dennoch bereits: Ist der Grundsatz, dass nur ausgegeben werden soll, was auch eingenommen wird, seit Corona Geschichte?
Macedo verweist hierbei auf das Regelwerk: «Die verfassungsmässige Schuldenbremse wird nicht beachtet und die Augen vor der Zukunft werden einfach verschlossen. Ich habe von linker Seite noch keine einzige Lösung zu den Finanzierungsproblemen der AHV gehört. Stattdessen wurden sie sogar weggeleugnet. Nicht nur die Schuldenbremse wird ignoriert, sondern die auch bisher sehr hochgehaltene Eigenverantwortung der Schweizerinnen und Schweizer.»
Roland Rino Büchel bläst ins gleiche Horn: «Jeder Franken, den der Staat ausgibt, muss zuerst von den Bürgern und den Unternehmen erarbeitet werden. Wir haben zu viele Leute im eidgenössischen Parlament, die das nicht verstehen oder nicht verstehen wollen. Corona hatte definitiv keinen guten Einfluss auf die Ausgabendisziplin.»
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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