Eigentlich war der Fan-Sektor vergangenen Montag im Spiel des FCSG gegen Luzern gesperrt – wohl oder übel wurde dieser jedoch für rund 800 Gäste geöffnet. Ist man zu schnell eingeknickt? Präsident Matthias Hüppi musste sich den Fragen stellen.
Dass der FCSG eine Medienkonferenz vor einem Spiel abhält, ist nichts Aussergewöhnliches. Dass diese auf solch grosses Medieninteresse stösst, hingegen schon. Die vergangenen Tage hatten es jedoch in sich, und die Verantwortlichen des FCSG mussten sich einigen unangenehmen Fragen stellen.
Die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und Polizeidirektoren, KKJPD, beschloss nach den Randalen im Frühjahr 2023, dass der Gästesektor beim Spiel des FC St.Gallen gegen Luzern gesperrt bleibt. Auch eine geschlossene Anreise von mehr als zehn Personen war demnach verboten.
Dennoch reisten etwa 800 Luzern-Fans nach St.Gallen, und in Rücksprache mit der Stadtpolizei wurde der Fan-Sektor kurz vor dem Anpfiff schliesslich doch geöffnet.
Modell gescheitert?
Dieses Vorgehen löste eine Welle der Empörung aus. Wurde zu schnell nachgegeben? Müssen sich die Verantwortlichen nicht an die Gesetzgebung halten? Und, die wohl drängendste Frage: Ist das Kaskadenmodell kurz vor der eigentlichen Einführung bereits gescheitert? Das Modell sieht einen vierstufigen Massnahmenplan vor. Je nach Eskalationsstufe werden verschiedene Reaktionen ausgelöst.
Doch das St.Galler Beispiel zeigt, wie schwierig die Umsetzung ist. Nicht umsonst ist das Modell in allen möglichen Kreisen umstritten. «Die einzige Frage, die uns am Sonntag getrieben hat, war, wie wir das grösste möglichste Mass an Sicherheit gewährleisten können», erklärte Präsident Matthias Hüppi am Mittwochnachmittag an der Medienkonferenz. «Sollten wir die Auflage durchziehen, mit der Gefahr hin, dass es ausartet? Oder den Fan-Sektor öffnen, damit es keine Durchmischung gibt?»
Die Verantwortung für insgesamt rund 18'000 Menschen zu übernehmen, sei eine unglaubliche Verantwortung – und nicht zuletzt unmöglich.
Nicht verschiebbar
Denn man wisse schlicht nicht, was gewisse Menschen vorhätten. Die Pyrotechnik der Luzerner Fans, die sie kurz nach Spielanpfiff gezündet haben, seien wohl nicht nach St.Gallen getragen worden, «um sie nicht zu zünden», so Hüppi. Dies wäre wohl auch in einem anderen Sektor passiert.
Der FC St.Gallen sei in der privilegierten Lage, fast immer vor vollen Rängen spielen zu dürfen. Dies ziehe aber die Konsequenz mit sich, den gesamten Fan-Sektor nicht einfach verschieben zu können. Hüppi ist sich sicher: Hätte man die Massnahmen durchgezogen, hätte die Veranstaltung extrem unangenehm ausgehen können.
Dann wären die Luzerner Fans in anderen Sektoren untergebracht – gleich neben vielen Familien und sonstigen Fans. Auch die Zwischentöne auf dem Spielfeld hätten zu einer hitzigen Stimmung beigetragen. Und könne schliesslich auf die Zuschauer überschwappen.
Schwierige Kollektivstrafen
Auf die Frage, ob man sich nun Gedanken über das Ticketing machen müsse, antwortet Hüppi, dass die Entscheidung, Tickets zu verkaufen und den Zutritt nicht einfach nur für Saisonkarteninhaber zu öffnen, nicht vom Geld getrieben sei. «Kollektivstrafen sind ein grosses Problem, weil Leute bestraft werden, die nichts dafür können.» Das Kaskadenmodell sieht er auch nach dem Ostermontag nicht als gescheitert an. Gewisse Massnahmen, wie die intensiven Gespräche, würden durchaus Sinn machen. Und nicht zuletzt dürfe nicht vergessen werden, dass die am Montag getroffenen Massnahmen im Endeffekt zu einem sicheren Spiel geführt hätten – für alle Beteiligten.
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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