logo

Ein Rückblick

Nach dem «finalen Todesstoss» der Cilander AG: Das Ende einer Ära wird nach 210 Jahren Textilindustrie eingeläutet

Zwei Herisauer Kaufleute legten im Jahre 1814 mit der Gründung der Firma Appretur Meyer & Mittelholzer am Glattbach den Grundstein für das älteste Appenzeller Textilunternehmen im Kanton. Die Umbenennung in Aktiengesellschaft Cilander erfolgte 14 Jahre später.

Die Ostschweiz am 26. Februar 2024

Seit der Gründung im Jahre 1814 treibt die Passion für textile Lösungen Investitionen und Innovation. So wird 1871 eine neu erstellte Bleicherei mit Sengerei im Werk Eisenhammer in Flawil in Betrieb genommen. 1886 folgt die Einrichtung einer Färberei in Herisau.

Die Erfindung des Transparentverfahrens 1912 zur Herstellung von Schweizer Baumwoll-Organdy erlangt weltweite Berühmtheit. Organdy ist eine leichtere und knitterärmere Alternative zu Batist und wird häufig für Festkleidung eingesetzt. Erste bedruckte Textilien werden 1920 gefertigt.

Viele Entwicklungen

1936 werden basierend auf eigenen Patenten Kunstharzausrüstungen eingeführt, welche Bügelfrei- und Knitterarmausrüstungen ermöglichen. Ab 1983 wird das Unternehmen vom reinen Baumwollveredler zum «Problemlöser» für sämtliche Textilfasern umstrukturiert und es werden Kompetenzen und Kooperationen im Bereich Technische Textilen aufgebaut. So wird 2004 in das Geschäft mit Schleifmittelunterlagen eingestiegen. Auch wird im Zuge dieser Entwicklung 2007 die Firma Geissbühler & Co AG aus Lützelflüh/BE übernommen.

Der Betrieb in Lützelflüh prägt seit fast 350 Jahren die schweizerische Textilindustrie und ist einer der ältesten Industriebetriebe im Kanton Bern. Der Färbermeister Hans-Georg Kästli aus Herisau/AR, dem Hauptstandort der AG Cilander, zog vor vielen Jahren in die Ferne und erhielt in Lützelflüh 1677 von der Obrigkeit die Konzession zur Einrichtung einer Bleicherei und Färberei. Nach der Integration in die AG Cilander wurde 2009 ein neues Beschichtungszentrum eröffnet, welches europaweit einzigartige wasser- wie auch lösungsmittelbasierte Beschichtungen ermöglicht.

Erster Textilveredler

Auch mit Themen der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit setzt sich die Firma früh auseinander. So wird 1920 eine Pensionskasse für die Cilander-Mitarbeitenden eingerichtet. Im Werk Herisau wird 1965 eine eigene Abwasserreinigungsanlage erstellt. 1993 erfolgt die Zertifizierung Oeko Tex 100 als erster Textilveredler weltweit, gefolgt von Oeko Tex 1000 im Jahr 1997.

Im Jahr 2000 erfolgt die erste Zertifizierung Oeko Tex 100 plus weltweit. Im gleichen Jahr wird das Unternehmen nach ISO 14001 zertifiziert. Die ISO 9001-Zerfikation erfolgte schon 1996. 2017/18 werden erste formaldehyd-freie Bügelfrei-Ausrüstungen entwickelt. Auch wird 2018 eine neue Kläranlage erbaut. Ende 2022 wird eine Photovoltaik-Anlage auf dem Gebäude der Hauptwerkstätte errichtet, welche den Betrieb mit Sonnenenergie versorgt.

Massschneiderungen

So sind Produkte der AG Cilander weltweit bekannt für höchste Qualität und Nachhaltigkeit. Die Produkte werden in über 80 Länder exportiert. Jährlich wurden in den letzten Jahren über 16 Mio. Laufmeter hochwertig ausgerüstete Textilerzeugnisse gefertigt.

So ist die Marke ALUMO ein Paradebeispiel von Schweizer Qualität und Nachhaltigkeit. ALUMO steht für Hemdenstoffe in unübertroffener Qualität. Die erlesenen ALUMO-Stoffe werden für die besten Massschneidereien und Kleiderhersteller der Welt gefertigt. Seit 2021 ist die ALUMO AG eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von Cilander. Die Partnerschaft besteht jedoch schon seit den 1990er Jahren: Es gab eine Zusammenarbeit zwischen ALUMO (Marke/Vertrieb), der Weberei Appenzell (Textilhersteller) und Cilander (Textilveredlung).

Name geändert

Der Grundstein für die Firma wurde durch Carl Albrecht in Grünigen 1918 durch den Betrieb einer eigenen Weberei gelegt. 1941 stösst Robert Morgen zu Albrecht. Zusammen kreieren sie «Albrecht & Morgen», woraus ALUMO abgeleitet wird. In den 1950ern findet eine Konzentration auf Hemdenstoff feinster Qualität statt und der weltweite Vertrieb mit dem Slogan «ALUMO, the fine Swiss fabric» wird forciert. 1986 wird «Albrecht & Morgen» durch die Walser Gruppe aus Herisau erworben und der Firmenname wird auf ALUMO geändert. Im Jahr der Integration in die AG Cilander wird auch mit dem Weben in der Partnerweberei in Ägypten begonnen.

Die Entwicklung der schweizerischen Textilindustrie geht Hand in Hand mit dem Untergang von Cilander. Mehr als ein Jahrhundert lang haben Hunderte von Schweizer Webereien - viele davon im Appenzellerland in der Region um St. Gallen - langfaserige ägyptische Baumwolle zu Stoffen verwebt. Weitere Schritte wie Färben, Behandeln, Bedrucken und Veredeln der luxuriösen Stoffe mit chemischen Verfahren wurden auch in Betrieben in der Region vorgenommen, und zwar unter Einhaltung der Schweizer Umwelt- und Arbeitsstandards, welche zu den strengsten Anforderungen der Welt gehören. So wurde sauberes Wasser und saubere Luft sowie ein relativ hoher Lebensstandard für die Mitarbeiter ermöglich.

Letzte Woche nun wurde der finale Entscheid der Schliessung endgültig gefällt.

(Bild: PD)

Einige Highlights

Uzwilerin mit begrenzter Lebenserwartung

Das Schicksal von Beatrice Weiss: «Ohne Selbstschutz kann die Menschheit richtig grässlich sein»

am 11. Mär 2024
Im Gespräch mit Martina Hingis

«…und das als Frau. Und man verdient auch noch Geld damit»

am 19. Jun 2022
Das grosse Gespräch

Bauernpräsident Ritter: «Es gibt sicher auch schöne Journalisten»

am 15. Jun 2024
Eine Analyse zur aktuellen Lage

Die Schweiz am Abgrund? Wie steigende Fixkosten das Haushaltbudget durcheinanderwirbeln

am 04. Apr 2024
DG: DG: Politik

«Die» Wirtschaft gibt es nicht

am 03. Sep 2024
Gastkommentar

Kein Asyl- und Bleiberecht für Kriminelle: Null-Toleranz-Strategie zur Sicherheit der Schweiz

am 18. Jul 2024
Gastkommentar

Falsche Berechnungen zu den AHV-Finanzen: Soll die Abstimmung zum Frauenrentenalter wiederholt werden?

am 15. Aug 2024
Gastkommentar

Grenze schützen – illegale Migration verhindern

am 17. Jul 2024
Sensibilisierung ja, aber…

Nach Entführungsversuchen in der Ostschweiz: Wie Facebook und Eltern die Polizeiarbeit erschweren können

am 05. Jul 2024
Pitbull vs. Malteser

Nach dem tödlichen Übergriff auf einen Pitbull in St.Gallen: Welche Folgen hat die Selbstjustiz?

am 26. Jun 2024
Politik mit Tarnkappe

Sie wollen die angebliche Unterwanderung der Gesellschaft in der Ostschweiz verhindern

am 24. Jun 2024
Paralympische Spiele in Paris Ende August

Para-Rollstuhlfahrerin Catherine Debrunner sagt: «Für ein reiches Land hinkt die Schweiz in vielen Bereichen noch weit hinterher»

am 24. Jun 2024
Politik extrem

Paradox: Mit Gewaltrhetorik für eine humanere Gesellschaft

am 10. Jun 2024
Das grosse Bundesratsinterview zur Schuldenbremse

«Rechtswidrig und teuer»: Bundesrätin Karin Keller-Sutter warnt Parlament vor Verfassungsbruch

am 27. Mai 2024
Eindrucksvolle Ausbildung

Der Gossauer Nicola Damann würde als Gardist für den Papst sein Leben riskieren: «Unser Heiliger Vater schätzt unsere Arbeit sehr»

am 24. Mai 2024
Zahlen am Beispiel Thurgau

Asylchaos im Durchschnittskanton

am 29. Apr 2024
Interview mit dem St.Galler SP-Regierungsrat

Fredy Fässler: «Ja, ich trage einige Geheimnisse mit mir herum»

am 01. Mai 2024
Nach frühem Rücktritt: Wird man zur «lame duck»?

Exklusivinterview mit Regierungsrat Kölliker: «Der Krebs hat mir aufgezeigt, dass die Situation nicht gesund ist»

am 29. Feb 2024
Die Säntis-Vermarktung

Jakob Gülünay: Weshalb die Ostschweiz mehr zusammenarbeiten sollte und ob dereinst Massen von Chinesen auf dem Säntis sind

am 20. Apr 2024
Neues Buch «Nichts gegen eine Million»

Die Ostschweizerin ist einem perfiden Online-Betrug zum Opfer gefallen – und verlor dabei fast eine Million Franken

am 08. Apr 2024
Gastkommentar

Weltweite Zunahme der Christenverfolgung

am 29. Mär 2024
Aktionswoche bis 17. März

Michel Sutter war abhängig und kriminell: «Ich wollte ein netter Einbrecher sein und klaute nie aus Privathäusern»

am 12. Mär 2024
Teuerung und Armut

Familienvater in Geldnot: «Wir können einige Tage fasten, doch die Angst vor offenen Rechnungen ist am schlimmsten»

am 24. Feb 2024
Naomi Eigenmann

Sexueller Missbrauch: Wie diese Rheintalerin ihr Erlebtes verarbeitet und anderen Opfern helfen will

am 02. Dez 2023
Best of 2023 | Meine Person des Jahres

Die heilige Franziska?

am 26. Dez 2023
Treffen mit Publizist Konrad Hummler

«Das Verschwinden des ‘Nebelspalters’ wäre für einige Journalisten das Schönste, was passieren könnte»

am 14. Sep 2023
Neurofeedback-Therapeutin Anja Hussong

«Eine Hirnhälfte in den Händen zu halten, ist ein sehr besonderes Gefühl»

am 03. Nov 2023
Die 20-jährige Alina Granwehr

Die Spitze im Visier - Wird diese Tennisspielerin dereinst so erfolgreich wie Martina Hingis?

am 05. Okt 2023
Podcast mit Stephanie Stadelmann

«Es ging lange, bis ich das Lachen wieder gefunden habe»

am 22. Dez 2022
Playboy-Model Salomé Lüthy

«Mein Freund steht zu 100% hinter mir»

am 09. Nov 2022
Neue Formen des Zusammenlebens

Architektin Regula Geisser: «Der Mensch wäre eigentlich für Mehrfamilienhäuser geschaffen»

am 01. Jan 2024
Podcast mit Marco Schwinger

Der Kampf zurück ins Leben

am 14. Nov 2022
Hanspeter Krüsi im Podcast

«In meinem Beruf gibt es leider nicht viele freudige Ereignisse»

am 12. Okt 2022
Stölzle /  Brányik
Autor/in
Die Ostschweiz

«Die Ostschweiz» ist die grösste unabhängige Meinungsplattform der Kantone SG, TG, AR und AI mit monatlich rund 300'000 Leserinnen und Lesern. Die Publikation ging im April 2018 online und ist im Besitz der Ostschweizer Medien AG, ein Tochterunternehmen der Galledia Regionalmedien.

Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.