Andi Enzler, Head of Lighting, Konzert und Theater St.Gallen. (Bild: PD)
Gut fünf Jahre sind seit der Abstimmung vergangen, gut drei seit Beginn der Bauarbeiten: Am Wochenende wird das renovierte und erweiterte Theater St.Gallen offiziell eröffnet. Wir verraten, was neu ist - und was bleibt wie früher.
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Andi Enzler, Head of Lighting am Theater St.Gallen, kennt die Gänge, Treppen und Hinterräume des sechseckigen Theaterbaus von Architekt Claude Paillard wie kaum ein anderer. Seit 25 Jahren arbeitet er hier. An diesem Herbsttag führt er durch das frisch renovierte Theater. Mehr als drei Jahre haben die Bauarbeiten gedauert. Nun laufen die Vorbereitungen auf die neue Saison im grossen Haus auf Hochtouren. Überall wird gehämmert, genäht, geknüpft, gestrichen und neu eingerichtet.
Andi Enzler, Head of Lighting, Konzert und Theater St.Gallen. (Bild: PD)
Der Kanton St.Gallen hat das baufällige Gebäude aus den späten 1960er-Jahren mit dem Segen der Stimmbevölkerung für gut 50 Millionen Franken renovieren und um 1000 Quadratmeter erweitern lassen. Das Theater St.Gallen unter dem mittlerweile pensionierten Direktor Werner Signer hatte zuvor jahrelang für bauliche Verbesserungen gekämpft. Am 4. März 2018 hatte die St.Galler Bevölkerung der Sanierung mit 62,47 Prozent Ja-Stimmen zugestimmt.
Am Wochenende feiern Kanton und Theater mit einem Festakt, einem Tag der offenen Tür und einer Opernpremiere die Wiedereröffnung. Dabei kann sich die Bevölkerung selbst davon überzeugen, was aus ihrem Geld geworden ist.
Im alten Stil erneuert
Die Schale des Sichtbetonbaus am Stadtpark wurde sorgfältig und exakt wie früher erneuert und um einen Anbau ergänzt. Dieser fügt sich so nahtlos in die Fassade, sodass auch Insider sich kaum erinnern, wie es zuvor aussah.
Aussen sind ein neuer Brunnen sowie ein Lift zu finden, der es Gehbehinderten erleichtert, von der Tiefgarage ins Theater zu finden. Das Foyer, ebenso denkmalgeschützt wie die Fassade, wurde sanft erneuert und in den Ursprungszustand zurückversetzt.
Das legendäre und einst hochumstrittene Kunstwerk von Antoni Tapiès wurde in Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum restauriert und anschliessend jede Stoffbahn – die nach der Installation im Jahr 1970 auch als «Lumpen» bekannt wurden – wieder exakt gleich aufgehängt. Regelmässige Theatergängerinnen und -gänger wird überdies freuen, dass an der Bar weiterhin die beliebten Knacker mit Senf serviert werden, wie «Die Ostschweiz» in Erfahrung bringen konnte.
Eine erweiterte «Lästerhalle»
Während im sichtbaren Bereich für das Publikum vieles bleibt, wie es war, hat sich hinter den Kulissen und in der technischen Infrastruktur umso mehr verändert. Die «Lästerhalle», auch bekannt als Bühneneingang, ist erweitert und die Kantine neu mit einer Küche ausgestattet, die allen Akteurinnen und Akteuren des Dreispartenhauses ausreichend Kalorien und Erfrischung anbieten kann.
Statt einer Ölheizung wird das Theater neu mit Fernwärme geheizt, und die Bühnenbeleuchtung wurde zu 100 Prozent auf LED-Beleuchtung umgestellt, um auch ökologischen Anforderungen Rechnung zu tragen. Die Stromreduktion soll rund 60 Prozent betragen, so Andi Enzler. Die Lüftung wurde ebenso modernisiert wie Ton- und Videoanlagen und die Raumakustik.
Schlosserei, Malsaal, Schreinerei, Maske und Kostümabteilungen befinden sich in den neuen Hinterräumen in modernisierten und erweiterten Werkstätten. Die Künstlergarderoben, vor der Renovation intern von vielen als Peinlichkeit beschrieben, wirken einladend und funktional, der Tanzprobensaal erinnert sogleich an etliche dekorative Tanzfilme.
Tonregie auf Kosten von 25 Plätzen
Hinten im Zuschauerraum ist neu ein zeitgemässes Tonregiepult eingerichtet. «Unabdingbar fürs Musical», erklärt Andi Enzler. Damit sind zwar 25 Sitzplätze verloren gegangen, doch die Zukunft des St.Galler Musicaltheaters ist damit gesichert. Alle Stuhlpolster sind frisch bezogen, aber selbstverständlich noch immer violett.
Konzert und Theater St.Gallen
Konzert und Theater St.Gallen, so der offizielle Name des einstigen Stadttheaters, ist als Genossenschaft organisiert und beschäftigt etwa 270 Festangestellte in Verwaltung, Sinfonieorchester, technischen Abteilungen, Schauspielensemble, Tanzkompanie, Musiktheater sowie Theaterchor. Dazu kommen rund 300 Teilzeitverpflichtete und Gastengagements.
In der Spielzeit 2023/24 präsentiert das Theater St.Gallen 23 Neuinszenierungen und 18 Sinfoniekonzerte. Der Paillard-Bau wird am kommenden Sonntag, 22. Oktober mit der Premiere der Oper «Lili Elbe» eingeweiht. Tagsüber von 10 bis 15 Uhr sind alle eingeladen, Renovation und Erweiterung am Tag der offenen Tür von Konzert und Theater St.Gallen zu entdecken. Am Samstagabend, 21.10. findet für geladene Gäste ein Festakt zur symbolischen Übergabe des Baus vom Kanton an das Theater statt.
(Bilder: Bodo Rüedi)
Odilia Hiller aus St.Gallen war von August 2023 bis Juli 2024 Co-Chefredaktorin von «Die Ostschweiz». Frühere berufliche Stationen: St.Galler Tagblatt, NZZ, Universität St.Gallen.
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