Höhen und Tiefen durchlebte Dominik Tarolli mit seinem Start-up so einige. Heute lebt der St.Galler in Kalifornien und rückt mit seiner Technologie weltbekannte Filme wie «Incredibles 2» oder «Blade Runner 2049» ins rechte Licht. Im Interview erklärt er, wie er es nach ganz oben geschafft hat.
Mit seinem ETH-Spin-off Procedural gelang es Dominik Tarolli 2011 das kalifornische Unternehmen Esri von seiner Software für die 3D-Animation von Gebäuden und Städten zu überzeugen. Es ist, so könnte man es formulieren, der Ursprung einer Bilderbuchkarriere in Hollywood. Doch längst nicht nur Filmemacher setzen auf seine Technologie. Über seine Karriere spricht Dominik Tarolli im Interview sowie am nächsten Networking-Tag in St.Gallen.
Dominik Tarolli, ihr Werdegang liest sich selber wie eine Hollywood-Geschichte. Sie haben Ihr Start-up zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt gegründet – konnten das Blatt jedoch wenden und starteten durch. Wie haben Sie diesen Spagat geschafft?
Ja, schlechteres Timing geht wohl kaum. Wir haben unser Start-up zeitgleich mit der Finanzkrise gegründet. Trotzdem waren wir innerhalb von drei Jahren profitabel und hatten Kunden wie Pixar oder Dreamworks. Der Spagat scheint auch möglich zu sein in einer Taucherausrüstung mit Wanderschuhen. Aber das erfordert mehr Aufwand, Willen und ein eingeschworenes Team – wir hatten das Motto «Failure Is Not An Option».
Manchmal genügt aber der Wille allein nicht, um erfolgreich zu werden.
Der Wille versetzt halt schon Berge. Wir haben uns nie gross darauf konzentriert, was die Konkurrenz so macht. Hingegen haben wir die gesamte Energie und den Fokus in das Produkt und den Verkauf gesteckt. Zum Beispiel haben wir schon 2008 auf die digitalen Kanäle / Social Medias für die Vermarktung und den Vertrieb gesetzt. Das ermöglichte uns, direkt mit unseren Kunden zu kommunizieren. So waren wir der Konkurrenz immer eine Nasenlaenge voraus.
Mit Ihrer Technologie sind Sie bei Architekten und Regisseuren auf grosses Wohlwollen gestossen, haben ganz neue Möglichkeiten geschaffen. Hätten Sie zu Beginn gedacht, einmal an dieser Stelle zu stehen?
Geträumt schon, aber es war unrealistisch, das zu erwarten. Wir haben uns immer gesagt «Shoot To The Moon, Even if You Miss It, You Will Land Among The Stars» und machten das zu einer sich selbstverwirklichenden Prophezeiung. Aber unsere Software bei Pixar’s «Cars 2» zum ersten Mal auf der grossen Kinoleinwand zu sehen, gab uns definitiv nochmals einen grossen Motivationsschub.
Was geht Ihnen da durch den Kopf?
Manchmal kommt es mir schon wie ein Traum vor, wenn ich die CityEngine in Filmen wie Blade Runner 2049, Zootopia, Incredibles 2, Madagascar 2, Cars 2, Independence Day: Resurgence, Big Hero 6, Guardians of the Galaxy 2 etc. sehe. Erstaunlicherweise ist aber, dass «Hollywood» eine wirkliche «kleine und feine Community» ist, wo man mit guter Arbeit und viel Vertrauen sehr schnell sehr weit kommen kann.
War es also schon immer ein Traum von Ihnen, in Amerika zu leben und eine Firma zu gründen?
Ich war schon immer ein «Macher» und sehr «freiheitsliebend». Beides verträgt sich sehr gut mit Unternehmertum und Amerika. Als mir dann mein Job in Amerika offeriert wurde, war es eine relative einfache Entscheidung, 150 Regentage in St. Gallen mit 15 Regentagen in Südkalifornien zu tauschen. Aber ich liebe die Schweiz, St. Gallen und den FCSG 1879 sehr. Auch die Leute, Kultur sowie eine gute St. Galler Bratwurst fehlen mir extrem. Das machen auch 300+ Sonnentage nicht wett.
Welche Unterschiede gibt es noch zwischen der Schweiz und Amerika?
Im Kern sind sich die Schweiz und USA sehr ähnlich, aber natürlich gibt es auch Unterschiede. Spezifisch in Kalifornien (wo ich lebe) zu St. Gallen (wo ich lebte) sind das Wetter (150 vs 15 Regentage), Arbeitsferien (4 Wochen vs. 2 Wochen), Fussball (St. Galler Enthusiasmus findet man hier für den Fussball leider nicht), Naturgefahren (Erdbeben, Klapperschlangen, Sturzfluten, Waldbrände etc.) uvm.
Und im geschäftlichen Bereich? Hätten Sie hier in der Schweiz genauso durchstarten können, wie es in Amerika der Fall ist?
Nein, definitiv nicht gleich. Esri ist eine der grössten privaten Software-Firmen der Welt, die seit 50 Jahren mit Geoinformationssystemen/Karten einen wichtigen Beitrag leistet bei der Lösung von lokalen und globalen Problemen, wie beispielsweise neulich bei der Bekämpfung des ZIKA-Virus. Persönlich habe ich das Privileg, an den subjektiv-spannendsten Projekten der Welt involviert zu sein, wie zum Beispiel Hollywood-Filme (Zootopia, Superman - Man of Steel, Transformers etc.), Games (Forza 5, Infinite Jets etc.), Archäologie-Projekten (Rome Reborn, Pompei etc.) oder auch grossen Stadtplanung-Projekten (Dubai, Singapur, Boston etc.). Das ist dann für mich halt schon fast wie Weihnachten, Ostern und Geburtstag zusammen.
Sie haben einmal in einem Interview gesagt, dass Sie zu Beginn Ihrer Karriere viele Fehler gemacht haben.
Wir haben wahrscheinlich jeden Fehler gemacht, den es gibt – aber dafür nur einmal. Es war für uns wichtig, aus den Fehlern schnell zu lernen und den Fokus nicht zu verlieren. Ich habe mir im Verlaufe meiner Karriere sieben Prinzipen erarbeitet, nach denen ich mich richte:
1: If You Don’t Execute, Nothing Will Happen. [LEADERSHIP]
2: Tell Me How You Start, And I Will Tell You How It Will End. [FOCUS]
3: If Your Company Doesn’t Solve A Problem, You Have One. [STRATEGY]
4: If Your Business Model Isn’t Scalable, Your Sales Will Neither. [BUSINESS MODEL]
5: If The Best Players Are Not In Your Team, They Will Be Somewhere Else. [PEOPLE]
6: Be Interested, Not Interesting. [CUSTOMERS]
7: Your Business Will Grow At The Speed Of Trust. [SALES]
Gibt es dennoch Punkte, welche Sie aus heutiger Sicht anders machen würden?
Klar. Wenn ich die Uhr zurückdrehen könnte, dann würde ich nie mehr ein exaktes Datum für den ersten Software-Release der CityEngine versprechen – da kann man sich ganz schnell alle Finger verbrennen und sich selber einem unglaublichen Druck aussetzen. Zudem würde ich mich auf wenige Kundensegmente fokussieren, anstatt die «eierlegende Wollmilchsau» produzieren zu wollen. Aber im Nachhinein ist es einfach, ein «Besserwisser» zu sein. Darum halte ich es wie der Deutsche Rapper Fler: «Es wäre heute alles nichts so wie es ist, wäre es damals nicht so gewesen, wie es war.».
Ihre Vergangenheit ist also sehr erfolgreich – wie geht es weiter?
Sehr, sehr spannend und dynamisch! Ich wurde gerade neulich zum globalen Direktor für «Smart Cities» bei Esri befördert und wir lancieren zwei neue Produkte dieses Jahr: «ArcGIS Indoors» und «ArcGIS Urban».
Um was geht es dabei?
Wir verbringen 80 Prozent unserer Zeit innerhalb von Gebäuden. ArcGIS Indoors hilft bei der «Indoor Navigation». Das heisst: Welches ist der schnellste Weg zu meinem Gate am Flughafen oder wo befindet sich das Büro von meiner Kundin in diesem zehnstöckigen Hochhaus? ArcGIS Indoors ermöglicht, neben der «Indoor Navigation», auch die digitale und effiziente Verwaltung von Gebäuden, bei der Kosteneinsparung von bis zu 20 Prozent möglich sind – so wird dann ein ganz normales Gebäude zu einem «Smart Building».
Wir alle träumen von «Smart Cities», aber die Realität zeigt leider ein anderes Bild. Mit ArcGIS Urban bieten wir allen Städten der Welt eine dreidimensionale Plattform an, die die Städte sowie Stadtplanung revolutioniert.
Wir sehen schon heute bei unseren «Early Adopter», also Städte wie Singapur, Honolulu, Melbourne, Boston, Zürich, Genf, Dubai etc., welchen grossen Einfluss ArcGIS Urban auf die positive Entwicklung hat. ArcGIS Urban ist ein richtiger «GameChanger»! Und als St. Galler hoffe ich natürlich sehr, dass die Stadt St. Gallen schon bald von dieser «Smart City» Plattform profitieren wird.
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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