Die Klimademo Mitte Februar im St.Galler Kantonsratssaal schlägt weiter Wellen. Nun steht fest, wie es überhaupt gelingen konnte, ein grosses Transparent an den Sicherheitsmitarbeitern vorbei zu schmuggeln. Im Zentrum: Der Präsident der St.Galler SP.
Wie können einige Dutzend Jugendliche ein grosses Transparent auf die Zuschauertribüne des St.Galler Kantonsrats schmuggeln, wo doch die Besucher vor dem Betreten überprüft werden? Das war stets die Frage, nachdem eine Gruppe die Sitzung des Parlaments vom 18. Februar lautstark gestört und eben auch ein Transparent entrollt hatte.
Nun ist klar: Sie hatten einen Helfer. Das «St.Galler Tagblatt» enthüllt, um wen es sich dabei handelt: Um den Kantonsrat und St.Galler S-Präsidenten Max Lemmenmeier.
Damit erhärtet sich ein Verdacht, der damals schon - wenn auch nicht gegen eine bestimmte Person - laut geworden war. Die bürgerlichen Parteien hatten in einer Interpellation gefragt, ob das Sicherheitsdispositiv versagt habe oder ob die Demonstrierenden «aus der Mitte des Rats» mit verbotenen Gegenständen bedient worden seien, nachzulesen hier.
Jetzt steht fest, dass Letzteres stimmt. SP-Parteipräsident Max Lemmenmeier hatte das bewusste Transparent für die Jugendlichen in den Saal gebracht, nachdem diese diverse andere Plakate bei der Sicherheitskontrolle abgeben mussten. Er spricht gegenüber dem «Tagblatt» von einer «spontanen Aktion». Weil die Demonstranten nicht am Sicherheitsdispositiv vorbeikamen, habe er geholfen, denn er wollte «den jugendlichen Elan nicht bremsen.»
Die Reaktion von Lemmenmeier fällt reichlich abenteuerlich aus. Dass er jugendlichen Demonstranten geholfen hat, die Regeln im Parlamentssaal zu brechen, ist aus seiner Sicht nicht das Problem, sondern viel eher, «dass in der Klimadebatte nichts passiere.» Und an die Seite der bürgerlichen Parteien, welche die Angelegenheit untersucht haben wollten, meint er, diese seien es ja, die im Rat «häufig die Debatte abklemmen.» Wie sie das genau tun, lässt er offen: Die Debatten im Parlament folgen klaren Regeln.
Innerhalb der SP sei der Vorfall diskutiert worden, heisst es in den Reihen der Partei. Das Präsidium des Kantonsrats hat es ei einer sanften Massregelung von Lemmenmeier belassen. Angetönt wird aber, dass man sich überlegen muss, in Zukunft neben den Besuchern auch die Parlamentarier einer Untersuchung zu unterziehen, sie müssten dann also auch durch die Sicherheitsschleuse in den Rat gelangen.
Die Frage, die sich wie immer in solchen Fällen stellt: Wie sähen die Reaktionen der Leute aus, die das Ganze nun locker nehmen, wenn es sich nicht um Hilfe zugunsten demonstrierender Jugendlicher zum Thema Klima gehandelt hätte, sondern um ein anderes Anliegen?
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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