Der Abtwiler Arzt Patrik Noack wurde kürzlich mit dem St.Galler Ehren-Sport-Oscar ausgezeichnet. Ein Gespräch über sein Engagement für die Sportmedizin und seine 18-jährige Tätigkeit bei Swiss Olympic.
Patrik Noack, Sie haben vor kurzem den St.Galler Ehrensportpreis gewonnen. Was bedeutet die Auszeichnung für Sie?
Die erhaltene Auszeichnung des St. Galler Ehrensportpreises bedeutet mir sehr viel, denn es ist immer schön, wenn das Engagement in der Region, wo man tätig und geboren ist, eine Wertschätzung erhält.
Wie sind Sie ursprünglich zur Sportmedizin gekommen? Was war Ihre Motivation?
Ich habe früher Leichtathletik beim LC Brühl St. Gallen gemacht, und Sport war immer meine Passion. Während der Schulzeit an der Kantonsschule am Burggraben hat mich die Medizin als Berufsbild am meisten fasziniert. Nach einer Assistenzarztstelle in Magglingen wusste ich, dass ich mit der Sportmedizin Hobby und Beruf kombinieren kann und möchte. Da ich meine aktive Karriere durch eine Verletzung beenden musste, war es meine Motivation, Sportlern zu helfen, möglichst schnell von Verletzungen wegzukommen beziehungsweise durch präventive Massnahmen überhaupt keine zu erleiden.
Sie sind seit 18 Jahren Medical Officer von Swiss Olympic. Wie kommt man als Sportmediziner aus St.Gallen zu diesem vermutlich begehrten Amt? Welche Voraussetzungen waren dafür nötig?
Um eine Tätigkeit als Verbandsarzt ausüben zu können, sollte man sich an der «Front» engagieren und zuerst mit lokalen Engagements bei Fussballvereinen, Unihockeyclubs, Eishockeyclubs oder Handballclubs Erfahrung sammeln. Durch meine Tätigkeit in Magglingen, zuerst als Assistenzarzt und später auch als Leitender Arzt, bin ich im Zentrum des Schweizer Sports zu vielen Kontakten gekommen, was für meine Karriere sicherlich wegweisend war. Ich empfinde es als grosses Privileg, an den Olympischen Spielen 2008 bis 2022, sozusagen von Peking zu Peking, dabei gewesen zu sein. Von Pyeongchang 2018 bis Peking 2022 war ich Chief Medical Officer des Swiss Olympic Teams. Seit letztem Jahr habe ich das Amt als Health Performance Officer von Swiss Olympic erhalten, wo ich die Taskforce von Swiss Olympic leite und in diversen Arbeitsgruppen des Schweizer Olympiapark-Projekts bin. Entsprechend hoffe ich, dass wir auch hier in der Ostschweiz im Gründenmoos dereinst ein kleineres Schweizer Olympiazentrum haben werden.
Wie gross ist Ihr Team bei Swiss Olympic?
An den Olympischen Sommerspielen sind wir jeweils vier Ärzte und circa 15 Physiotherapeuten sowie ein Osteopath. An den Winterspielen sind es acht Ärzte, 26 Physiotherapeuten und ein bis zwei Osteopathen.
Wie gehen Sie vor Ort mit komplizierten Verletzungen um?
Bereits im Vorfeld während der Rekognoszierung werden Zielspitäler für komplexe Verletzungen angeschaut und evaluiert. Ausserdem sind wir in gutem Austausch mit der Rega, sodass komplizierte Verletzungen schnell für weitere Eingriffe und Abklärungen in die Schweiz repatriiert werden können.
Wie oft waren Sie bereits bei olympischen Spielen im Einsatz?
Ich war bei acht Olympischen Spielen im Einsatz, von Peking 2008 bis Peking 2022, an Sommer- und Winterspielen. Von Peking zu Peking hat sich für mich der Kreis geschlossen.
Welches war dabei Ihr prägendstes Erlebnis?
Die zwei prägendsten Erlebnisse waren der Gewinn der Olympia-Goldmedaille der Triathletin Nicola Spirig in London 2012 sowie der Gewinn seiner ersten Goldmedaille von Dario Cologna an den Olmypischen Winterspielen in Vancouver 2010 im Langlauf. Diese beiden Olympischen Spiele waren für mich die schönsten Spiele, da sie in Ländern stattfanden, wo der Sport eine grosse Bedeutung hat, und der Anlass für alle ein Volksfest war.
Gibt es noch weitere Turniere, die Sie medizinisch begleiten?
Aktuell bin ich noch Chief Medical Officer von Swiss Cycling und Swiss Athletics. Dementsprechend bin ich hier jeweils an Europameisterschaften oder Weltmeisterschaften mit dabei, war gerade im August an der Mountainbike-Weltmeisterschaft in Glasgow und der Leichtathletik-Meisterschaft in Budapest. Diese zwei Verbandsmandate werde ich weiterführen.
Werden Sie auch bei der Olympiade 2024 in Paris wieder mit dabei sein?
An den Olympischen Sommerspielen in Paris werde ich nicht mehr dabei sein. Aus meiner Sicht ist es sinnvoll, nach drei Olympiaden als Chief Medical Officer das Mandat weiterzugeben, da die zeitliche Belastung nebst der normalen Praxisaktivität doch sehr hoch ist.
Die Praxis in Abtwil, in der Sie tätig sind, führt den Zusatztitel «Swiss Olympic Medical Center». Was bedeutet dies genau?
Ich bin Standortleiter des «Medbase Sport Medical Center» Abtwil, das eine Akkreditierung als «Swiss Olympic Medical Center» hat. Für diese Akkreditierung muss man gewisse Anforderungen erfüllen wie den Nachweis einer bestimmten sportmedizinischen Infrastruktur, die Beschäftigung von Sportmedizinern und Sportphysiotherapeuten, die aktiv in Verbänden olympischer Sportarten oder Nationalliga-A- und -B-Vereinen tätig sind sowie auch eine Leistungsdiagnostik anbieten können.
Wie lässt sich Ihr grosses Engagement für die Sportmedizin mit Ihrem Alltag als Arzt und mit der Familie vereinbaren?
Es ist ein grosses Engagement, dies mit der Tätigkeit als Hausarzt und Sportmediziner sowie mit der Familie zu vereinbaren. Die Teilnahme an den letzten acht olympischen Spielen habe ich vor allem meiner Frau Andrea zu verdanken. Zudem braucht es in der Praxis ein gutes Team, das während meiner Abwesenheiten die (sport-)medizinische Versorgung weiter gewährleistet. Die letzten zwei Olympischen Spiele in Tokio 2021 und Peking 2022 während der Coronapandemie haben viel (Energie gekostet, auch administrative. Deshalb bin ich froh, das Mandat nun an meinen Kollegen Hanspeter Betschart, ebenfalls ein Ostschweizer, weitergeben zu können.
(Bild: PD)
Astrid Nakhostin (1959), freischaffende Journalistin, hat Betriebswirtschaftslehre studiert und war 26 Jahre lang als Marketingleiterin bei St.Gallen-Bodensee Tourismus tätig. Die letzten fünf Jahre gehörte sie dem Redaktionsteam des Swissregio Media Verlags an, zuletzt als Redaktionsleiterin der Bodensee Nachrichten.
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