Faul und egozentrisch: Vorurteile gegenüber der «Generation Z» gibt es zuhauf. Doch sind die Jugendlichen wirklich so, wie sie in der Öffentlichkeit oftmals dargestellt werden? Auf Spurensuche mit der St.Gallerin Anastasia Lorena Kurer.
Ein Interviewtermin mit Anastasia Lorena Kurer zu finden, ist nicht ganz einfach. Denn: Das Vorstandsmitglied des Jugendparlaments arbeitet. Diese Tatsache ist nun vielleicht nicht ganz so aussergewöhnlich – doch genau hier liegt der Hund begraben. Denn: Anastasia Lorena Kurer ist 2006 geboren und gehört damit der Generation Z an. Sie soll also arbeitsscheu, faul und wenig engagiert sein – zumindest, wenn man den gängigen Vorurteilen Glauben schenken möchte. «Ich denke, es ist nichts Neues, dass Jugendliche von der älteren Generation kritisiert werden», sagt die St.Gallerin im Gespräch. «Nur wurde das inzwischen wohl vergessen.»
Mit ihrem Lebenslauf widerlegt sie jedoch die gängigen Vorurteile. Noch während der Kantonsschule hat Anastasia Lorena Kurer als Verkaufsaushilfe bei einer Bäckerei gearbeitet und war dort verantwortlich für die Leitung des Ladens. Zuvor, mit gerade einmal zwölf Jahren, engagierte sie sich als Juniorcoach bei Open Sunday in Rorschacherberg. Kinder und Jugendliche können dort durch Spiele und Aktivitäten ihre sozialen Fähigkeiten entwickeln.
Auch die Politik liegt ihr am Herzen. Sie amtet als Vorstandsmitglied im Jugendparlament und vertritt dort die Bedürfnisse der jüngeren Menschen. Daneben ist ihr jedoch auch der Ausgleich wichtig. «Sind wir ehrlich: Jeder, der sich zwischen Arbeit und Freizeit entscheiden müsste, würde wohl die freie Zeit bevorzugen. Ausser vielleicht die Workaholics. Irgendwie ist das aber ein trauriges Bild, wenn man im Leben nur die Arbeit sieht.»
Kein Mensch ist wie der andere
Damit den Jugendlichen ein Gehör verschafft wird, ist sie am Personaltag in St.Gallen als Referentin eingeladen. «Ich möchte die Chance gern nutzen, um unsere Generation vorzustellen, wie sie wirklich ist», sagt Anastasia Kurer. «Auch wenn ich weiss, dass ich damit nicht die ganze Schweiz erreiche, und schon gar nicht alle Vorurteile abbauen kann.»
Dass die Generation Z mit so vielen Vorurteilen zu kämpfen hat, verunsichert die St.Gallerin jedoch nicht. Es sei für die meisten Menschen einfacher, Leute zu kategorisieren. «Dabei geht jedoch vergessen, dass Jugendliche unterschiedliche Bedürfnisse und Ansichten haben – so, wie auch ältere Menschen nicht alle gleich sind.» Während die einen am liebsten ständig in den Ausgang gehen würden, fühlten sich die anderen in den eigenen vier Wänden wohler. Genau so verhalte es sich auch in anderen Bereichen wie Fleiss, Ehrgeiz oder Motivation.
Erziehung oder Gene?
Laut Anastasia Kurer wäre es viel spannender, herauszufinden, weshalb ein Mensch so wird, wie er ist. Was ist der Erziehung geschuldet, was hingegen eher den Genen zuzuschreiben? «Klar ist, dass die heutige Jugend viel mehr Möglichkeiten hat, als es bei der älteren Generation der Fall war. Nehmen wir als Beispiel die Künstliche Intelligenz. Viele Prozesse, die früher bei der Arbeit nötig waren, werden heute automatisiert. Das kreative Schaffen gewichtet nun mehr.»
Die Unternehmen müssten umdenken – gab es früher auf eine freie Stelle beinahe unendlich viele Bewerbungen, ist heute häufig das Gegenteil der Fall. Bewerberinnen und Bewerber haben oftmals die Qual der Wahl, um sich auf einen Job zu melden.
Abbild der Gesellschaft
Damit sie am Personaltag die Generation Z so wiedergeben kann, wie sie wirklich ist, führt Anastasia Kurer derzeit viele Gespräche in ihrem Umfeld. Sie möchte ihre Versionen hören, weshalb sie so sind, wie sie sind, welche Ziele sie verfolgen – und wie sie das machen. «Einige möchten mehr Ferien haben. Andere wiederum bemängeln, dass ihre Sprachprüfung vom Unternehmen nicht anerkannt wurde. Und wieder andere fühlen sich von ihrem Lehrbetrieb ausgenutzt, weil sie Arbeiten übernehmen müssen, die eigentlich nicht für einen Lehrling bestimmt sind.» Wichtig sei ihr, dass sie den Zuhörerinnen und Zuhörern einen Einblick darüber geben könne, was die Jugend von heute wirklich beschäftigt. «Es ist wichtig, nicht immer nur eine Seite zu hören, um sich ein reales Bild machen zu können.»
(Bilder: Depositphotos/pd)
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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