Gastautor Hermann Lei erklärt, was der Unterschied zwischen Strom und Heu ist. Und weshalb der Mantelerlass zum Wintermantel führt.
Alle 1.5 km2 ein Windrad
Der jährliche Energiebedarf der Schweiz beträgt 220'000 GWh. Davon stammen aus den AKWs 20'000 GWh und aus den fossilen Brennstoffen (Benzin, Diesel, Öl und Gas) 131'000 GWh. Das «Energiekonzept 2050» verlangt somit, dass 151'000 GWh durch die Wind- und Sonnenenergie ersetzt werden. Um dies mit Wind zu erreichen, wären etwa 19'000 Windräder erforderlich. Da nur ein beschränkter Teil der Landesfläche dafür geeignet ist, käme vom Genfer- bis zum Bodensee alle 1.5 km2 ein Windrad zu stehen! Das macht deutlich, wie ungeeignet die Schweiz für Windräder ist. Die Auslastung der bestehenden 60 Windräder der Schweiz beträgt zudem lediglich 17%. Die Auslastung an der Deutschlands Nordseeküste beträgt das Doppelte.
6'560 Gondosolar-Anlagen
Deshalb stehen 90 Prozent der deutschen Windräder nördlich von Berlin und mahlten früher die Holländer ihr Getreide mit Wind- und wir mit Wasserrädern. Richtig gerechnet, vermag, trotz anders lautenden Behauptungen, bei einer Jahresproduktion eines Windrades von 8 GWh ein Windrad nur den Bedarf von 400 Personen abzudecken. Die geplante Solargrossanlage Gondosolar (VS) wiederum beansprucht eine Fläche von 100'000 m2 und produziert gemäss der Bauherrin Alpiq im Jahr 23 GWh. Um die 151'000 GWh zu ersetzen, wären 6'560 solcher Anlagen nötig, verteilt auf 2'100 Gemeinden. Diese Fläche entspricht 2/3 der Fläche des Kantons Thurgau. Auch das ist ein unmöglicher Gedanke. Und ein Mix aus Windrädern und Solaranlagen ändert am enormen Platzbedarf nichts.
Die Sache mit dem Heu
Wind- und Sonnenenergie sind nicht planbar. Der sogenannte Volllaststundenfaktor beträgt für Windräder weniger als 20 Prozent, jener von Solaranlagen etwa 12Prozent. Grösser als die täglichen Schwankungen sind die saisonalen Schwankungen. Sie betragen bei Solaranlagen 1:5. Das bedeutet, dass Energie in grossen Mengen gespeichert werden muss. Die Landwirte machen es vor. Sie produzieren im Sommer Heu, das sie dann im Winter verfüttern können. Beim Strom geht das nicht. Für grosse Mengen kommen aktuell nur Pumpspeicherbecken oder der Umweg über den Wasserstoff in Frage. So oder so, die Verluste sind gigantisch. Bei Pumpspeicherbecken beträgt der Verlust über 50 Prozent und bei der Produktion und Anwendung von Wasserstoff über 70 Prozent.
Deutschlands Desaster
Das Auf-den-Kopf-stellen der bewährten Energieversorgung ist ein Mammutprojekt, für das jegliche Erfahrung fehlt. Es ist angesichts der enormen Kosten unverantwortlich, auf gut Glück Windräder in die Landschaften zu setzen. Deutschland hat es ausprobiert, es endete im Desaster: Die erstellten 30'000 Windräder und 600 km2 Solaranlagen vermögen gerade einmal knapp 10 Prozent des gesamten Energiebedarfes abzudecken. Der Bau der Windräder ist ins Stocken geraten. Die Stromengpässe versucht man, mit teurem Flüssiggas und dem Wiederhochfahren von alten Kohlemailern zu lindern. Das ist das stille Eingeständnis, dass die Energiewende mittels Wind und Sonne gescheitert ist.
Mantelerlass und Wintermantel
Und die Schweiz? Der vom Bund geplante «Mantelerlass» soll angeblich die Versorgungssicherheit erhöhen. In Tat und Wahrheit werden damit nur die Grundrechte eingeschränkt. Und ohne genügend Energie werden wir bald in unseren Wohnungen den Wintermantel anziehen müssen. Wir haben die Wahl, es anders – besser – als Deutschland zu machen.
Hermann Lei (*1972) ist Anwalt und Thurgauer SVP-Kantonsrat.
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