Von den Tessinerpalmen bis hin zum Kirschlorbeer: Der Bundesrat verbietet ab September die Haltung insgesamt 30 verschiedener Pflanzenarten. Die Ostschweizer Gärtnereien kritisieren das Verbot – aus einem ganz bestimmten Grund.
Sie verleihen der oftmals kalten und grauen Ostschweiz einen Hauch Feriengefühl: Wenn die Gärtnereien und Grossverteiler ihre Tessinerpalmen hervorholen, weiss man: Der Sommer ist nicht mehr weit. Damit ist nun bald Schluss. Die Ostschweiz – und auch die restliche Schweiz – soll laut neustem Gesetz des Bundesrats künftig ohne Tessinerpalmen auskommen.
Zusammen mit 29 anderen Pflanzenarten gehören sie zu den sogenannten invasiven Neophyten. Das sind Pflanzen, die nicht heimisch sind, sich stark ausbreiten und andere Arten verdrängen. Darunter fallen beispielsweise die Tessinerpalme oder der Kirschlorbeer.
Wenig Verständnis
Nur: Gerade die Tessinerpalme erfreut sich inzwischen grosser Beliebtheit. Sie kann sogar ziemlich gut in der Ostschweiz überwintert werden. Eingepflanzte Palmen können eingepackt, solche in Töpfen in der Garage oder einer Gärtnerei überwintert werden. Wie ein Augenschein zeigt, setzen inzwischen viele Restaurants oder Cafés auf die Palmen, um ihre Aussenbereiche zu verschönern. Gerade in Seenähe bilden sie einen hübschen Kontrast.
Das Verbot gilt ab dem 1. September. Solche Pflanzen, die bereits im heimischen Garten eingepflanzt sind, dürfen bleiben. Neue können jedoch nicht mehr gekauft werden. Darüber kann Engelbert Artho, Geschäftsführer der Bernhard Baumschulen AG im Kanton Thurgau, nur den Kopf schütteln. Zwar hat sein Betrieb bereits vor einigen Jahren damit aufgehört, Palmen von seinen Kunden über den Winter einzulagern – der Markt sei in der Ostschweiz nicht gross genug. Doch im Tessin sehe das anders aus. «Es ist ein Verbot, das schlussendlich niemandem etwas nützt. Wir können das ‘Palmenproblem’ im Tessin nicht auf der Alpennordseite lösen.»
Für ihn ist klar: Ein Verbot bringe nur unnötige Bürokratie mit sich. Inzwischen gäbe es mehr als genug Regeln. «Es bringt nichts, diese Pflanzen zu verbieten. Der Klimawandel ist da, und die Natur muss sich verändern können und dürfen – ob wir das wollen oder nicht.» Wir würden keine neuen Verbote brauchen, sondern Regeln finden und durchsetzen, damit wir in Zukunft nicht die gleichen Fehler mit anderen Pflanzen machen würden, kritisiert Artho. Dies betreffe auch die Auslegung der Gartenabfälle in Waldesnähe. Dies sei zwar verboten, werde aber oftmals nicht beachtet. Dadurch wiederum würden einheimische Pflanzen verdrängt werden.
Steigende Nachfrage
Die Tessinerpalmen sind bei den Landi-Filialen ein beliebtes Produkt. Bis zum 1. September sind sie noch erhältlich, dann ist Schluss. Somit decken sich die Kunden noch mit den Palmen ein. Im Vergleich zum Vorjahr stelle man eine leicht steigende Nachfrage nach Tessinerpalmen fest, wie die Medienstelle auf Anfrage bekannt gibt.
Mögliches Konfliktpotenzial
Dass die Tessinerpalmen künftig nicht mehr verkauft werden dürfen, sieht Marianne Meier-Rutishauser, Geschäftsführerin der Rutishauser AG in Wil, eher gelassen entgegen. Die Palme sei bei ihnen nicht unter den Hauptartikeln zu finden, sagt sie im Gespräch. «Wir haben den Einkauf der Palmen bereits in den vergangenen Monaten reduziert.» Ob künftig auch die Überwinterung von Palmen der Kunden noch möglich sei, müsse erst abgeklärt werden.
Dass auch andere Pflanzen vom baldigen Verbot betroffen sind, könnte die Gärtnerei allerdings härter treffen. Verschiedene Staudenarten seien bei der Kundschaft in Wil sehr beliebt, so Meier-Rutishauser. «Da wird es wohl mehr Konfliktpotenzial geben – beispielsweise dann, wenn die Kunden merken, dass ihr Nachbar noch solche Pflanzen im Garten hat, er oder sie diese allerdings nicht mehr erhält.»
(Fotos: Depositphotos/pd)
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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